Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

unter der Oberaufsicht der sachverständigen Ingenieure 
die Ausführung zu überwachen haben. Ebensowenig 
haben die Kronagenten technische Ratschläge zu er- 
teilen oder als technische Sachverständige zu sungieren; 
dies liegt lediglich den sachverständigen Ingenteuren 
ob. Indes haben die Kronagenten durch ihren lang- 
jährigen Verkehr mit vielen Kolonien einen großen 
Schatz von Erfahrungen gesammelt, der allen Kolonien 
zugute kommt und der die Kronagenten befähigt, die 
Kolonien oft mit Rat und Tat zu unterstützen, so 
daß die Erfahrungen, die eine Kolonie gemacht hat, 
auch den andern Kolonien zustatten kommt. 
6. Das zu den in dem vorhergehenden Absatz 
näher aufgeführten Anlagen erforderliche Material, 
das aus England bezogen werden soll, wird durch 
die Kronagenten beschafft. Auch der sonstige Bedarf 
der Kolontalregierungen, der nicht in der Kolonie 
selbst gedeckt werden kann, wird durch die Kron- 
agenten besorgt. Diese haben sich demnach mit der 
Beschaffung von Gegenständen der verschiedensten Art 
zu befassen. Dazu gehören Baumaterial und rollendes 
Material für Eisenbahnen, Brücken und Brückenbau- 
material, Elsenkonstruktionen für Dächer und Pfeiler, 
eiserne Röhren und anderes Wasserbaumaterial, 
Leuchtturmapparate, Zement, Holz= und Elsenhäuser 
und sonstiges Hausbaumaterial, Dampf= und Segel- 
schiffe, Boote und Schiffsbauwerkzeuge, Telegraphen= 
material aller Art, einschließlich der Kabel, alle für 
elektrische Anlagen erforderlichen Gegenstände, Labo- 
ratoriumseinrichtungen und alle sonstigen technischen 
Hilfsmittel. Weiter haben die Kronagenten die Aus- 
rüstung der Kolonlaltruppen zu besorgen, was die 
Beschaffung von Geschützen, Gewehren, Munition, 
Bekleldung, von Zelten und anderen Feldausrüstungs- 
stücken, von Geschirren, Sätteln und sonstigen Mon- 
tierungsstücken in sich schließt. Sie haben den 
Ankauf von Medikamenten und Instrumenten für 
Krankenhäuser zu vermitteln, von Kohlen und sonsti- 
gem Brennmaterlal, von Stoffen, Sprengkörpern, 
Bureaubedarf, Wohnungseinrichtungen und anderen 
Haushaltungsgegenständen, von Pferden, Rindvieh 
und anderen nötigen Tieren und von vielen sonstigen 
verschiedenartigen Bedarfsgegenständen. Den Kron- 
agenten liegt ferner dle vorläufige Erledigung aller 
das Postwesen der Kolonien in finanzleller wie 
rechtlicher Bezlehung betreffenden Fragen, die Be- 
schaffung der Briefmarken, Postkarten und Brief- 
und Zeitungshüllen, die Sorge für die Einrichtung 
der eingeschriebenen und der Geldsendungen sowie 
er Postaufträge usw. ob. 
7. Die Lieferung der vorstehend näher auf- 
geführten Gegenstände erfolgt entweder im Wege der 
usschreibung oder auf unmittelbare Bestellung hin. 
Die Ausschreibung erfolgt gewöhnlich nicht öffentlich, 
ondern es wird jede Firma, die den Kronagenten 
die erforderlichen Garantien für die ordnungsmäßige 
usführung des zu übernehmenden Auftrags zu 
bieten scheint, zur Abgabe eines Angebots aufgefordert. 
Bevor eine Lieferung zur Verladung abgenommen 
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wird, wird sie von Sachverständigen untersucht. Es 
sind daher alle Maßregeln dafür getroffen, daß nur 
gute Waren zu den angängig niedrigsten Preisen 
geliefert werden. 
8. Hierbei fungieren die Kronagenten nicht selbst 
als Sachverständige, was sich bei der großen Mannig- 
faltigkeit der in Frage kommenden Waren von selbst 
verbletet. Sie haben vielmehr einen Stab technisch 
gebildeter Beamten zur Seite, der, falls nicht aus- 
reichend sachverständig, durch Zuziehung sachverstän- 
diger Ingenleure oder anderer Fachleute ergänzt 
wird. 
9. Wenn die Kronagenten die Ausführung einer 
Anlage in die Wege leiten oder Waren ankaufen, so 
handeln sie hierbel nie éuf eigene Hand, sondern 
immer nur auf die Anweisung einer Kolonie oder 
des Kolonialamts hin und haben sich streng an die 
Ausführung nur solcher Aufträge zu halten, die die 
Genehmigung der betreffenden Kolonialregierung oder 
des Staatssekretärs erhalten haben. Ohne die Ge- 
nehmigung einer dieser Stellen können sie kein Ge- 
schäft mit für eine Kolonie verbindlicher Wirkung 
abschließen. 
10. Neben der Besorgung solcher Warenankäufe 
haben die Kronagenten die Gehälter der nach England 
beurlaubten und die Pensionen der in England 
lebenden verabschiedeten Beamten und deren Hinter- 
bliebenen auszuzahlen. Sie vermitteln die Zahlungen 
der Kolonien untereinander und zohlen an in den 
Kolonialdienst tretende oder beurlaubte Beamte Vor- 
schüsse und Ausrüstungsgelder aus. Zur Vermittlung 
von Heimatszahlungen an Angehörige können sich die 
Kolonialbeamten der Kronagenten bedienen, die auch 
die Verhandlungen über den Nachlaß verstorbener 
Kolontalbeamter zu führen und dessen Auszahlung 
an die Erben zu besorgen haben. Für die Mehrzahl 
der in den west= und ostafrikanischen Schutzgebleten 
tätigen Beamten erfolgt die Gehaltszahlung in 
England durch die Kronagenten. Die Kolonial= 
regierungen zahlen häufig mit Wechseln, die sie auf 
die Kronagenten ziehen. 
11. Die Kronagenten haben ferner für gewisse 
Kolonialbeamtenstellen, für die technische Vorkenntnisse 
erforderlich sind, dem Staatssekretär geeignete Be- 
werber vorzuschlagen, mit denen sie dann nach der 
Anweisung des Kolonialamts die Annahmebedingungen 
vereinbaren und geeignetenfalls die Anstellungsverträge 
abschließen. Sie haben für alle Beamten, denen für 
ihren Dienstantritt oder für die Rückkehr vom Urlaub 
freie Reise gewährt wird, diese nach der Anwelsung 
des Kolonialamts zu vermitteln. Ihre vielseitige 
Tätigkeit erstreckt sich auch auf die Erledigung der 
von den Kolonialbeamten ausgestellten Anweisungen 
und ähnliche Angelegenheiten. Auf Verlangen haben 
die Kronagenten für den Verkauf der Erzeugnisse 
der Kolonien oder deren Untersuchung durch Sach- 
verständige zu sorgen. Zu diesem Zweck können die 
Kolonialregierungen ihnen ihre Erzeugnisse über- 
enden.
	        
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