Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

besten wirkenden Pfluges scheint, soweit bisher Er- 
fahrungen gemacht sind, der schwere, 8 Zoll tief 
greifende und eine aufgelockerte Erdschicht von 12 Zoll 
Mächtigkeit herstellende sogen. „Straßenpflug“, der 
auf der Station Grootfontein angewendet wird, zu sein. 
Mit einem solchen Pfluge hat der Farmer Schulz in 
Olifantfontein auf einem Maisfelde, das nach der 
Bestellung nur noch 70 mm Regen erhielt, seiner 
Angabe nach noch eine hinreichende Ernte erzielt, 
während anderwärts bei Bestellung des Ackers mit 
flacher greifenden Pflügen in analogen Fällen die 
Pflanzen vor der Reise aus Feuchtigkeitsmangel im 
Boden zugrunde gingen. Es läßt sich demnach hier 
dieselbe Beobachtung machen, wie beispielsweise in 
Anatolien und Südrußland: die tiefergrelfende Auf- 
lockerung des Ackerbodens mit zweckentsprechenden 
Pflügen schafft ein so sehr verstärktes Aufsaugungs- 
und Haltevermögen des Erdreichs gegenüber der 
atmosphärischen Feuchtigkelt, daß Gebiete, die unter 
primitiverer Bearbeitung (z. B. mit dem burischen 
Transvaalpflug) als gar nicht oder nur sehr unsicher 
bestellbar erscheinen, sich als durchaus produktions- 
fähig erweisen. Daß auch mit leichterem Ackergerät 
durch mehrmaliges Umpflügen ähnliche gute Resultate 
erzielt werden können, soll übrigens durch das Ge- 
sagte nicht bestritten werden, nur wird es zu einer 
solchen Bestellungsweise in der Regel durchaus des 
deutschen Bauernfleißes bedürfen. 
Steht nun auf der einen Seite durch die vor- 
stehend geschilderten Ackerbauverhältnisse der Groot- 
fonteiner Distrikt in seinen zur Zeit wichtigsten Teilen 
wirtschaftlich durchaus unter Bedingungen, die von 
den im mittleren und südlichen Teile der Kolonie 
herrschenden fundamental verschieden sind und kann 
nur die Anerkennung und praktische Berücksichtigung 
dieser Tatsache zu einer gedeihlichen Entwicklung 
dieses Landesteils führen, so gibt es auf der andern 
Seite doch Momente, die ihn wirtschaftlich auf dieselbe 
Linie mit den meisten übrigen Landesteilen stellen. 
Vor allen Dingen ist das Grootfonteiner Gebiet 
insofern mit dem größeren Teile Südwestafrikas eine 
natürliche wirtschaftliche Einheit, als es gleichfalls in 
außerordentlichem Maße die Bedingungen zu einer 
exkensiven Viehwirtschaft darbietet. Eine solche wird 
in der Regel durchaus mit dem Ackerbau, der ohne- 
hin durch die Natur fast ausschließlich in den kleine- 
ren Teil des Jahres, November bis März, verwiesen 
wird, zusammen betrieben werden müssen. Malsbau 
in solchem Maßstabe, daß der Unterhalt einer An- 
siedlerfamtlie, zumal bel wachsender Mitgliederzahl 
und einigermaßen steigenden Lebensansprüchen, allein 
auf ihn gegründet werden könnte, würde erstens 
größere Anlagekapitalien und prinzipiell andere Wirt- 
schaftsformen bedingen, als diejenigen sind, mit denen 
man zunächst bei der Besiedlung des Landes durch 
deutsche (oder burische) Auswanderer rechnen kann. 
Es würde zweitens den Ansiedler mit dem Risiko 
belasten, daß seine Farm bei Mißernten, wie solche 
durch exzeptionelle Dürre und Heuschrecken dazwischen 
  
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zweifellos zu erwarten sind, völlig ertraglos bleibt. 
Drittens aber, und das ist in jedem Falle entscheidend, 
kann eine rationelle Wirtschaft in Südafrika, wenn 
man vom reinen Gartenbau und ähnlichem absieht, 
weder unter dem Gesichtspunkte der Notwendigkeit 
zahlreichen Zugviehs, noch des erforderlichen Dunges, 
noch des starken Fleisch= und Milchbedarfs, noch der 
allgemeinen steigenden Nachfrage nach Schlachtvieh 
innerhalb und außerhalb der Grenzen des deutschen 
Gebietes ohne einen starken Bestand an Groß= und- 
nach Möglichkeit auch von Kleinvieh gedacht werden. 
Der Unterschied zwischen dem Grootfonteiner und dem 
übrigen südwestafrikanischen Gebiet besteht also darin, 
daß die wirtschaftliche Existenz des Ansiedlers hier 
lediglich auf die Vlehzucht, dort aber auf die rationelle 
Verelnigung von Vieh= und Ackerwirtschaft gegründet 
erscheint, wobei ich die Frage der sogenannten bäuer- 
lichen Kleinsiedlungen in den zentralen und südlichen 
Landschaften, als eine besondere Untersuchung er- 
fordernd, hier absichtlich bei Seite lasse; ebenso auch. 
verschiedene Möglichkeiten, die sich im Süden im 
Gefolge größerer Minenfunde etwa ergeben könnten. 
Indes die tatsächliche Entwicklung des Groot- 
sonteiner Ansiedlungsgebietes wie des gesamten 
Distrikts in der angedeuteten — man darf sagen 
hoffnungsvollen — Richtung hängt neben und über 
allem bisher Gesagten von der Erfüllung einer ab- 
soluten und fundamentalen Voraussetzung ab, ohne 
welche Erfüllung statt des Gedeihens nur eine kümmer- 
liche und sicher unbefriedigende Entwicklung in Aus- 
sicht steht. Diese Bedingung besteht in der Schaffung 
einer nicht unbedeutenden Anzahl bisher nicht vor- 
handener offener Wasserstellen im Lande bezw. in der 
zweifellosen Feststellung, daß solche Wasserstellen für 
die Gewlnnung von Trink= und Tränkwasser von 
den Farmern selbst auf den von ihnen erworbenen 
Plätzen ohne unverhältnismäßige Opfer werden auf- 
gemacht werden können. 
.Aus geologischen Gründen, deren nähere Er- 
örterung Sache fachmännischer Darstellung sein müßte, 
besteht hier die auf den ersten Blick merkwürdige 
Tatsache, daß trotz einer jährlichen Gesamtregenmenge, 
die, soweit man bisher urteilen kann, im Durchschnitt 
hinter derjenigen Mitteleuropas kaum zurücksteht, bald 
nach dem Aufhören der Regenzeit alles oberirdisch 
fließende Wasser verschwindet, teils sich verläuft, teils 
in den Boden sickert, teils verdunstet, und nur an 
wenigen Punkten, und auch an diesen nur in relativ 
dürftiger Quantität, Quellen, die dauernd fließen oder 
perennierende offene Wasserstellen vorhanden sind. 
Man darf als sicher annehmen, daß der bei weitem 
größte Teil der niedergegangenen Wassermassen un- 
mittelbar beim Regenfall oder bald danach in den 
Boden eindringt und sich dort in einer vorläufig 
noch unbekannten (wahrscheinlich sehr bedeuten- 
den) Tiefe, den beiden Hauptabdachungsrichtungen 
des Landes folgend, fortbewegt: westwärts gegen das 
Meer hin und ostwärts in die große Kalaharide- 
pression hinein, ein Tell vielleicht auch nordwärts 
 
	        
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