Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

Der Tänzer wird dabei von einer Schar seines- 
gleichen in die Mitte genommen. Sie erweisen ihm 
Ehrendienste. Die einen schleppen Masken herein, 
die er hoch aufgerichtet tragen soll. Sie stoßen von 
Zeit zu Zeit Rufe aus, um die Aufmerksamkeit zu 
erwecken. Die anderen unterstützen den Tänzer beim 
Gehen. Der arme Tropf! Er verdient wohl, daß 
man sich seiner erbarme. Fünf Tage und Nächte 
hat er nicht bei Wasser und Brot, sondern bei 
Wasser und Betel gefastet. Das hat seine Kräfte 
geschwächt. Jetzt greift man ihm mitleldsvoll unter 
die Arme. Dadurch wird vor aller Welt sein Fasten 
dokumentiert und proklamiert, daß er ihm ohne Fehl 
und Makel nachgekommen ist. In diesem Sinne wirkt 
auch das ganze Auftreten des Tänzers. Die ganze 
Figur ist glänzend schwarz bemalt. Der Glanz rührt 
von dem ölhaltigen Safte der Kokosnuß her, der 
dem schwarzen Farbstoffe beigemischt worden ist. 
Dieser selbst ist wieder von dem Safte elner Frucht 
gewonnen. Um den Knöchel jedes Fußes ist eine 
Klapper aus Mandelschalen gebunden, die an einer 
Schnur aufgereiht sind. Bei jedem Schritte ver- 
ursachen sie Geräusch. Die Lenden umgibt ein Gurt 
aus Baststoff. Vorne trägt er eine Scheide, die den 
Schaft einer schön mit Federn verzierten Lanze auf- 
zunehmen bestimmt ist. Die Lanze wird nach hinten 
zu mittels eines Bandes festgehalten, das am Ende 
des Rückgrates durch die Haut gezogen ist. Dieser 
Federstab, der offenbar einen Schwanz vorstellen soll, 
erschwert das Gehen ungemein. Um es zu erleichtern, 
hilft gewöhnlich ein Kanache nach, indem er ihn 
hinten in die Höhe hält. 
Ist nun der Tänzer in der Mitte des Tanz- 
platzes angelangt, so wird ihm die Maske aumfgesetzt. 
Fremdartigeres kann man sich kaum denken als diese 
Masken. Wenn wir von der Bemalung derselben 
absehen, so ist nicht eben viel Kunst nötig, um sie 
herzustellen. Es wird ein Gerippe aus Bambus- 
spänen verfertigt, das die verschiedensten Formen an- 
nimmt, je nachdem, was es bedeuten soll, und mit 
Blättern ausgepolstert. Darüber wird als Bekleidung 
ein bemalter Uberzug aus Baststoff genäht. Bald 
ist das Gerippe vertlkal auf eine Bambusstange auf- 
gesteckt, die unten in einen Tanzhut ausläuft. Deeser 
Kopfaufsatz bildet eln Stück für sich, in das die 
Bambusstange mündet. Er ist mit Baststoff über- 
äogen und unten hutförmig erweitert. Von dieser 
Offnung hängt ein Bastlappen herunter. Beim Auf- 
setzen der Maske kann damit, wie mit einem Visier, 
das Gesicht bedeckt werden. Bald fällt die Bambus- 
stange überhaupt weg, und ist das Gerippe nur ein 
längliches, horlzontales Gebilde, an dessen Schwer- 
punkt ein Loch angebracht ist. Dahinein wird der 
Tanzhut gesteckt. Bei einer dritten Gruppe von 
Masken fällt außer der Bambusstange auch noch der 
Tanzhut weg. Es sind an ihnen bloß Henkel be- 
festigt. An einer zählte ich deren sechs. Sie werden 
von mehreren so vor dem Kopfe getragen, daß sie 
gleichfalls das ganze Gesicht bedecken. 
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Die Tanzmasken stellen die wunderlichsten Dinge 
vor: Fledermäuse und fliegende Hunde mit aus- 
gebreiteten Flügeln, die durch eine Scheibe an der 
Maske gekennzeichnet sind, wirkliche Hunde, auch 
Geister und Menschen. Die Masken haben immer 
eine schwanzartige Verlängerung, oft selbst deren 
zwel. Diese sind mit Federn reich geschmückt, welche 
Kasuare, Kakadus, Paopageien und andere VBögel 
liefern. Es gibt auch Masken, die Augenbrauen, 
Augen, Ohren, Mund, Zunge, Hände und Füße haben. 
Andere Masken bedeuten überhaupt nichts. 
ch habe schon angeführt, daß die Masken auch 
bemalt werden. Die Bemalung beschränkt sich, wenn 
sie nicht aus einfachen Mustern besteht, auf das 
Gesicht. Auf weißem Grunde werden schwarze, rote 
und gelbe Farben ausgetragen. Um sich die Maske 
aufsetzen zu lassen, falls sie dazu eingerichtet ist, 
tritt der Tänzer unter dieselbe. Andere halten sie 
zu seinen Häupten in die Höhe, sei es mittels 
Stangen, die in Osen an der Figur eingesteckt sind, 
oder mittels eines Stockes von hinten her, der in 
einer Offnung der Bambusstange sitzt, oder einfach 
mit den Händen; ein ddritter setzt dem Tänzer die 
Maske auf. Die leichteste Maske, ein brettförmiges 
Gebilde, handhabt ein Mann allein. Von ihrem 
Kopfteil laufen zwei lange Bänder herunter. Diese 
Schleifen halten zwei andere Männer in den Händen. 
Vorher hat der Maskenträger seine beiden Lanzen 
abgegeben. Dafür reicht man ihm zwei Kräuter- 
büschel hin. Ruht ihm die Maske auf dem Kopfe, 
so geht er stampfend damit einige Schritte vorwärts, 
bis daß die Maske auf den Boden fällt, was oft 
schnell geschieht. Ja, es kommt sogar vor, daß die 
ganze Zeremonie mißglückt und das Gebilde zer- 
brochen auf der Erde liegt, bevor es der Tänzer 
auf dem Kopfe gehabt hat. Das verschlägt aber 
gleichwohl nichts und ist keine Unehre für den Be- 
treffenden. Die Träger von Henkelmasken stürmen 
einfach auf den Tanzplatz herein, wenn möglich durch 
die Reihen der Zuschauer hindurch und werfen nach 
einem Augenblicke ihre Masken ab. 
Alle Tänzer schließen sich, nachdem sie die 
Masken abgeworfen haben und ihnen der schwanz- 
förmige Federstab abgenommen worden ist, dem 
Reigen der Frauen an. Man reicht ihnen wieder 
ihre Lanzen oder auch vorher leere, mit Luft gefüllte 
Schweinsblasen mit einem Beile hin, um dieselben 
auf dessen glatter Seite unter Krachen aufzuschlagen. 
Die Frau des Tänzers steckt ihrem Manne Arm- 
ringe aus Muscheln an oder hängt ihm eine Perlen- 
keite um oder reicht ihm ein farbiges Lendentuch 
hin, das der Held sich um den Kopf wickelt. Das 
Geräusch, welches die Fußklappern der Tänzer ver- 
ursachen, vereinigt sich mit dem Schalle des Orchesters 
zu einer nicht gerade harmonischen Musik.
	        
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