zieht. Denn dieselbe sieht sich bel solcher Lage wider
Willen gezwungen, selbst in die zu ihrem Berufe
eigentlich nicht gehörige große Spekulation einzu-
greifen, bei der ihre etwalgen Erfolge weniger von
der Arbeit, welche sie verrichtet, als vielmehr von
dem Gelingen eines Spiels abhängig werden. Wir
müssen aus allen diesen Gründen die erwähnten
Versuche, eigene Baumwollkulturen zu schaffen, mit
großem Interesse begrüßen und haben demselben
durch einen Geldbeitrag an das Kolonial-Wirtschaft-
liche Komitee für den gedachten Zweck Ausdruck
verliehen. Bei der hohen nationalwirtschaftlichen
Bedeutung dieses Gegenstandes werden zu gegebener
Zeit hoffentlich auch Bundesrat und Reichstag diesen
Bestrebungen in unsern Kolonien kräftige Unter-
stützung angedeihen lassen. Vielleicht werden letztere
sich dereinst auch dazu geeignet erweisen, uns einen
zweiten, kaum minder wichtigen Rohstoff, nämlich
Wolle, in beträchtlichem Maße zu llefern. Sind
wir auch bezüglich dieses Rohstoffs weniger abhängig
von den jetzigen Bezugsquellen, so muß doch die
Aufmerksamkeit darauf gelenkt werden, daß die
Wollproduktion der Welt schon seit einem Jahrzehnt
nicht mehr im richtigen Verhältnis zu dem stetigen
Wachstum der Bevölkerungsziffer geblieben ist und
daher dem einzelnen Verbraucher der Rohstoff von
Jahr zu Jahr knapper zur Verfügung steht.
Erzeugung und verbrauch von Baumwolle.
Der Vizepräsident der „British Cotton Growing
Association“ hat für die in Manchester abgehaltene
Versammlung der „Manchester Statistical Soclety“
einen Bericht über die Weltlage der Baumwoll=
industrie unter besonderer Berücksichtigung des Handels
und der Aussichten der Baumwollkultur in den be-
sonders beteiligten Produktionsländern erstattet. Dem
in unverkürzter Form in der „West African Mail“
wiedergegebenen Bericht sind die nachstehenden An-
gaben entnommen.
Der Jahresertrag an Rohbaumwolle auf der
ganzen Welt beträgt etwa 16 000 000 Ballen zu je
500 Pfund engl. und vertellt sich in abgerundeten
Bahlen folgendermaßen auf die Haupterzeugungs-
er:
länder
· Ballen
Vereinigte Staaten von Amerika 11 000 000
Indien ...... . 3000000
slgypten..... 1000000
llle anderen Länder 1 000 000
fall Auf die Vereinigten Staaten von Amerika ent-
es en hiernach etwa 70 pCt. der Gesamterzeugung;
8 ist deshalb erklärlich, daß der Preis auf dem
Veuimtwollmarkt der Welt im allgemeinen von den
" ereinigten Staaten festgesetzt wird. Dieser Umstand
berinträchtigt den Handel, der so, ein einziges Land
bestimmend, auf den ganzen Weltmarkt einwirkt. Auch
ein Ausgleich in der Produktion bei etwaigen
371
Mißernten durch die besseren Ernteerträge in anderen
Ländern schwer möglich, und zudem ist der Speku-
lation freiere Hand gelassen.
Zwei wichtige Tatsachen bedürfen bei einem Rück-
blick über die letzten Jahre besonderer Erwähnung.
Einmal hielt die Zunahme der indischen Produktion
nicht stand mit derjenigen anderer Länder. Während
die Gesamterzeugung Indlens im Jahre 1890
2700 000 Ballen zu 500 Pfund betrug, stieg sie
im Jahre 1908 auf 3 000 000 Ballen, d. h. in
13 Jahren ist eine Zunahme von nur 300 000 Ballen
zu verzeichnen. Die amerlkanische Mehrproduktion
belief sich dagegen in den letzten 10 Jahren auf
3 000 000 Ballen (von 8 000 000 auf 11 000 000),
während die Erzeugung Agyptens in demselben Zeit-
raum von 800 000 auf 1 000 000 und dbiejenige der
übrigen Länder zusammen von 250 000 auf 1 000 000
Ballen anwuchs. Hätte die Erzeugung Indiens mit
derjenigen anderer Länder gleichen Schritt gehalten,
so müßte sie mindestens 3 500 000 Ballen zu je
500 Pfund aufzuweisen haben.
Der zweite Faktor, der ins Gewicht fällt, ist die
mangelnde Ausdehnung, die in den letzten Jahren
in der Baumwollerzeugung der Vereinigten Staaten
von Amerika zu verzelchnen ist. Bei einem Vergleich
der Zahlen der letzten drei Jahre ergibt sich, daß
die Ernten durchschnittlich wenig mehr als 10 500 000
Ballen betragen haben, d. h. dieselbe Menge, die sich
als Durchschnitt der voraufgegangenen dreijährigen
Periode berechnet. Es folgt hieraus, daß die Welt-
produktion an Baumwolle, die im Jahre 1898 etwa
15 500 000 Bollen betrug und in den letzten fünf
Jahren auf 16 000 000 Ballen gestiegen ist, in
diesem Zeitraum jährlich durchschnittlich nur um je
100 000 Ballen gewachsen ist.
Die Zahl der Spindeln betrug, soweit mit Sicher-
heit ermittelt werden konnte, in allen Ländern der
Welt — mit Ausnahme von Japan, China, Kanada,
Mexiko und Brasilien —:
Zahl der Spindeln
» 1895 1899 1903
Grobbritannien 45 400 000 45 500 000 48 000 000
Kontinent 28200 000 32 500000 34000000
Verein. Staaten v.
merika 16 100 000 18 300 O00 22000 000
ndien. 3 800 000 4700000 5000 000
zusammen 93 500 000 101000 000 10900000000
Dazu kommt die Zahl der Spindeln im Jahre
1903 für:
Japan. 1 500 000
China 600 000
Kanada 700 000
Mexlko 500 000
Brasilien 8300 000
zusammen 89 600 000.
Für das Jahr 1908 ist die Gesamtzahl der
Spindeln auf der ganzen Welt hiernach mit
112 600 000 anzunehmen. )