45 km von Grootfontein, beobachtet. Sie war aber
auch hier nicht größer, als daß sie durch geelgnete
Maßnahmen im Laufe eines Tages hätte unschädlich
gemacht werden können. Auch sonstige Schädlinge
der Kultur sind — abgesehen vom Aufstande — in
diesem Jahre nicht in erheblichem Maße aufgetreten,
so daß der Bezirk ohne die Hereroerhebung diesmal
einen großen Schritt vorwärls gemacht hätte.
Auf jeden Fall kann nach den Ergebnissen dieses
Jahres im Zusammenhang mit der Reihe der Regen-
ziffern seit 1900 und den Angaben der längere Zeit
im Distrikt ansässigen Bewohner die Ackerbaufrage
für das Grootfonteiner Gebiet als im Prinzip
positiv entschleden betrachtet werden: zum mindesten
für Mais, Kartoffeln und die wichtigsten Gemüse-
arten. Dieses Ergebnis ist von großer Wichtigkeit
für die gesamte Kolonie. Wenngleich die für Land-
bebauung verwendbaren Flächen im Norden keines-
wegs „unbegrenzt“ sind, so lassen sie doch eine Aus-
dehnung des Anbaus zu, der für jede irgend abseh-
bare Zeit den eignen Bedürfnissen der Kolonie
reichlich genügen wird, auch wenn die Bevölkerung
sich vervielfachen sollte. Was das bloße verfügbare
Areal betrifft, so könnte sogar ohne Frage Mais
auch für den Export gebaut werden. Sobald daher
durch die Otavibahn die Verbindung des Nordens
mit den zentralen Landesteilen hergestellt isi, kann
man unbedenklich deren Verpflegung mit Mois, auf
den die Eingeborenenkost dann vorzugsweise zu
basieren wäre (gleich dem britischen Südafrika), der
Produktlon des Grootfonteiner Distrikts anvertrauen
und dieser dadurch einen Anstoß zum entsprechenden
Ausschwung über den lokalen und den Minenbedarf
hinaus geben. Insofern trägt der Norden auch un-
abhängig von den jetzigen Kriegsschäden die Be-
dingungen wirtschaftlichen Gedeihens in sich selbst.
Auch mit Kartoffeln wird er den größten Teil der
Kolonie versorgen können und mit frischem Gemüse
mindestens Swakopmund und die dortselbst an-
legenden Schiffe. Die Otavibahn gedenkt die Strecke
von Swakopmund bis Tsumeb in 24 bis 30 Stunden
zu fahren. Das genügt, um bei geeigneter Ver-
packung alle weniger empfindlichen Gemüsearten in
hinreichend frischem Zustande hinunterzubringen, selbst
wenn noch ein Transport per Ochsenkarre von
1 bis 2 Tagen bis nach Tsumeb oder einer anderen
nördlichen Bahnstation hinzutritt.
Nätürlich wäre es falsch, auch für den begünstigten
Norden nicht mit zeitweiligen Rückschlägen und Miß-
lahren zu rechnen. Die Dürre= und Heuschrecken-
gefahr bleiben immer bestehen, und es ist wohl
enkbar und wahrscheinlich, daß ein und das andere
wal auf ein gutes Jahr, wie dieses es geworden
2 re, ein ganzer oder teilwelser Mißwachs folgt.
abor ist aber kaum irgend ein Produktionsgebiet
der Welt gesichert.
Nicht verschwiegen darf endlich auch werden, daß
nach einer Reihe verhöltnismäßig fieberarmer Jahre
leses wiederum eine starke Steigerung der Malaria
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mit sich gebracht hat. Viel trug allerdings dazu
bei, daß die gesamte weiße Bevölkerung des Distrikts
— gegen 300 Köpfe — auf der Station Groot-
fontein unter sanitär zum Teil unbefriedigenden
(wenn auch kaum vermeidlichen) Umständen konzen-
triert war. Es gab zeltweilig an 60 Malariakranke
gleichzeitig, und bei dem Fehlen eines Arztes, das
auch sonst zu großen Unzuträglichkeiten führte, war
es nur dem durchgängig milden Charakter des
Fiebers und der allmählich wachsenden Vertrautheit
der Weißen mit der rationellen Behandlung der
Krankheit zu danken, wenn kein einziger Todesfall
und keine schwerere Komplikation eintrat.
3. Die Verluste der Ansiedler durch den Herero-
aufstand und die Entschädigungsfrage.
Es unterliegt nicht dem geringsten Zweifel, daß
die Ablehnung bezw. Beschränkung der Entschädigung
für die Verluste durch den Hereroaufstand eine
schwerere ökonomische Krisis über das Schutzgebiet
heraufbeschwören würde, als durch die unmittelbaren
Folgen des Aufstandes selbst berelts geschehen ist.
Ebenso würden die großen Aufwendungen für die
militärische Bewältigung des Feindes alsdann nicht
den gehörigen Nuheffekt für die wirtschaftliche
Wiederaufrichtung des Landes haben. Zwei Haupt-
faktoren verschiedener Art kommen hierbei in Be-
tracht: ein moralischer und ein materieller.
Soweit sich bie Sache von hier aus nach den
eingetroffenen Zeitungs= und sonstigen Nachrichten
verfolgen läßt, schienen anfangs, vor Ostern, die
öffentliche Meinung und der Reichstag, in Anlehnung
an die kundgegebene Überzeugung des Herrn Kolonial-
direktors, der billigen und ausreichenden Ent-
schädigung der durch den Aufstand Betroffenen
günstig zu sein. Hierin muß wohl in der Zwischen-
zeit ein Umschwung eingetreten sein, und, soviel von
hier aus geurteilt werden kann, scheint derselbe auf
die verschiedenen nach Hause gelangten Berichte
zurückzugehen, wonach die Händler im Hererolande,
und im weiteren Sinne die ganze weiße Bevölkerung
selbst, an dem Vorgefallenen die alleinige Schuld
trügen. Eine solche Auffassung war vielleicht im
ersten Augenblick unter dem unmittelbaren Druck der
Ereignisse möglich; bei näherer Erwägung und
Kenntnis der Verhältnisse ist sie aber in keiner
Weise haltbar.
Der Hereroausstand wäre nach Lage der Dinge
auch ausgebrochen, wenn es nie einen weißen Händler
im Hererolande gegeben hätte. Das Händlertum
mit seinen Übergriffen hat zwar sicher zur Er-
bitterung der Hereros beigetragen, auch hat es den
Häuptlingen und großen Geschlechtern, auf die der
Aufstand zurückgeht, das Vorhaben erleichtert, die
Massen und die Zahl der weniger Begüterten mit
sich fortzureißen, aber eine andere als diese die
Situatton zwar verschärfende, ihrem Wesen nach
indes akzidentielle Rolle hat es nicht gespielt. Die
Grundursache des Aufstandes liegt in der doppelten
Tatsache enthalten, daß die Hereros als ein von