Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

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nosoma vivax konnte ich dagegen bis jetzt noch 
keine Differenzier ung nach Geschlechtern im 
Tierblut feststellen. 
Es. erkrankten nun Schafe an Infektion mit den 
schlankeren Trypanosomen, nachdem sie eine Infektion 
mit den plumperen Trypanosomen bereits überstanden. 
Es ist diese Feststellung von der allergrößten 
Bedeutung. Sie bedeutet nichts anderes, als 
daß in einem Lande, in welchem zwei verschiedene 
Trypanosomen vorkommen, gegen beide immunisiert 
werden müßte, wenn praktische Resultate erzielt 
werden sollen. 
Es wurden folgende Methoden versucht, um das 
Wesentliche hervorzuheben: 
1. Impfung der gesunden Sauglämmer mit Blut 
von chronisch kranken Tieren, nachdem diese Methode 
mir bei der Tiermalaria der Rinder in Deutschland 
ausgezeichnete Resultate ergeben. Sie scheint jeden- 
falls sehr aussichtsvoll zu sein. 
2. Impfung der Tiere, nachdem sie schon eine 
natürliche Infektion überstanden, mit iufiziertem, 
tsetsehaltigem Blute, um die Resistenz der bereits 
einmal natürlich infiziert gewesenen Tiere zu stärken. 
Es zeigte sich nämlich, wie schon erwähnt, daß auch 
von der natürlichen Tsetseinfektion scheinbar ge- 
nesene Tiere noch nachträglich bei interkurrenten 
Schädlichkeiten an rezidivierender Tsetse eingehen 
können. 
8. Spätere Versuche mit Serum von Tieren, 
die die natürliche Infektion überstanden hatten, Tieren 
einzuspritzen, die 
3 natürliche Infektion hatten, 
b) künstlich infizlert wurden, 
J) die der möglichen Infektionsgefahr erst aus- 
gesetzt werden mußten. 
Dasselbe war beabsichtigt bezüglich des Serums 
von Tieren, die auf künstliche Impfung mit Tsetse- 
blut nicht reaglerten, die also wahrscheinlich bereits 
in der Jugend natürliche Tsetseinfektion erlangt und 
dadurch weitgehende Immunität. 
Die unter 3 erwähnten Versuche waren resul- 
tatlos, konnten aber nur in so ungenügender Zahl 
angestellt werden, daß ein abschließendes Urteil 
unmöglich ist. 
Im allgemeinen läßt sich sagen, daß man dem 
Problem der Immunisierung gegen Tsetsekrankheit 
den größten Dienst erweist durch strengste Kritik 
gegen die eigenen Resultate. Von der geistvollen 
von Koch angegebenen Methode Dr. Schillings, mit 
durch Passagen durch den Körper von anderen 
Tieren, Gänsen usw. abgeschwächten Tsetseparasiten 
eine schwache, künstliche Infektion zu erzielen, mit 
folgender Immunisierung gegen eine natürliche In- 
fektion sah ich ab, um keine Zersplitterung der Arbeit 
herbeizuführen, und da ja diese Methode von Herrn 
Schilling selber weiter verfolgt wurde. « 
C. Weitere praktische Resultate aus dem 
Vorstehenden, welche ergeben, daß das 
Problem der Viehversorgung in Kamerum 
durchaus zu lösen ist. 
1. An Schafen, Ziegen, Schweinen und Hühnern 
könnte jeder Ort trotz Tierkrankheiten genügend für 
den lokalen Bedarf produzieren bei Beseitigung der 
Mißstände. cfr. unter B. 1 bis 5. 
Es kann daher meine Forderung, daß jeder 
weiße Angestellte bei den Firmen mindestens sieben- 
mal wöchentlich frisches Fleisch (und Gemüse) statt 
Präserven erhält, durchaus durchgeführt werden. 
efr. den bezüglichen Antrag. 
2. Das von mir besuchte Gebirgsland von Ba- 
kossi, Ninong, Elong und mit Sicherheit auch wohl 
das weitere Hinterland bis Fontem und weiter im 
Inneren ist allein imstande, bei Beseitigung der 
Mißstände, cfr. B. 3 bis 5, mindestens das Zwanzig- 
fache der bisherigen Produktion an Vieh, besonders 
an Rindern, zu erzeugen. 
Es kann nicht nur der Bedarf ganz Kameruns 
gedeckt werden, sondern auch eine Ausfuhr nach 
anderen Teilen der Küste erfolgen. Strebsamen, 
intelligenten deutschen Landwirten dürfte sich hier 
später ein besonderer Erwerb eröffnen. Bedingung 
ist vorherige, wenn irgend möglich friedliche Pazi- 
fizierung des Landes, soweit es noch unbekannt ist, 
und Errichtung einer Station in Ninong mit Stütz- 
punkt in Nyanza. 
3. Die Erbauung einer Bahn bis ins Gras- 
land und weiter macht eine Immunisierung des aus 
dem Innern kommenden Vilehes gegen Tsetse nicht 
mehr absolut nötig, da das Vieh wie in Lagos in 
kurzem von dem Produktionsgebtet in das Kon- 
sumtionsgebiet gelangt. Außerst wünschenswert bleibt 
natürlich eine wirksame künstliche Immmunisierung. 
4. Bei Fehlen der Bahn ist das Vieh aus dem 
Hinterlande längs der Gebirge von Adamaua direkt 
bis in die Nähe von Mbule oder Ngab in Bakossi 
zu treiben, dort einige Tage in tsetsefreier Gegend 
zur Erholung zu lassen und dann in zwel Tagen 
via Lum und NRNfun, wo Weideplätze und Unter- 
stände zu errichten sind, nach Nyanga zu treiben. 
Von dort per Boot nach Duala in 1 bis 
1½ Tagen zu schaffen. Der Weg von Bakossi nach 
Nyanga ist durch die Eingeborenen umgehend zu 
relnigen. Der Dibombefluß von Nyanga bis Wuri 
ebenfalls, wenn möglich, noch in dieser Trockenzeit. 
Während der Flußfahrt Schutz der Rinder gegen 
Stechfliegen durch Bestreichen mit Pfeffermünzöl 
eventl. auch mit leinenen anknöpfbaren Zeugbezügen. 
5. In Duala ist eine Schlachtstelle auf Pfählen 
im Wurt zu errichten, desgleichen ein Unterstands- 
raum für angetriebenes Vieh, dem mindestens ein 
Ruhetag vor dem Schlachten zu gewähren ist. 
6. Von Duala aus kann das angetriebene Vieh 
bei passendem Dampferanschluß nach allen Küsten- 
plätzen verladen werden. 
 
	        
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