Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

nun fast ganz auf und macht dem Grase Platz. 
Man kann da vielerlel Grasarten unterscheiden: 
Gutes Weidegras. Pfeilgras mit bleistiftdickem 
Stengel, von welchem die Eingebornen ihre Pfeile 
versertigen, es wird bis zu 3 m hoch. Das Ele- 
phantengras, 6 bis Zm hoch, wird zum Hausbau, 
Einfriedigungen und als Brennmaterial verwendet, 
dann noch ein binsenarliges, weiches, geschmeidiges 
Gras, mit welchem die Dächer gedeckt werden. 
An Wild gibt es noch viele Büffel, Elephanten, 
Antilopen, auch Leoparden und Wildkatzen, die nächt- 
lichen Besucher der Ortschaften. In größern Flüssen 
gibt es sehr viele Flußpferde und riesige Krokodile. 
„Im Nunfluß sahen wir Flußpferde in Herden bis 
zu 40 Stück, die sich trotz unserer Nähe nicht aus 
ihrer Behaglichkelt aufscheuchen ließen.“ Ebenso 
gibt es viele Gänse und Wildenten, seltene Wasser- 
vögel aller Art, darunter der schön gefiederte 
Marabut. 
Das ganze Gelände vom Aufstieg bis Bamum 
gleicht einem durcheinander geworfenen Hügelland; 
eine Regelmäßigkeit läßt sich nicht erkennen. Kleinere 
und größere Wälder finden sich überall, jedoch meist 
sehr weit von den Städten entfernt. So muß z. B. 
das Bauholz für Balistadt drei Stunden weit her- 
geholt werden. 
Die Lage der neugegründeten Missionsstation ist 
sehr schön. Nach allen Seiten hin hat man einen 
freien Blick auf die Berge. Bei Nacht geht nicht 
selten das Thermometer auf 8° R. herunter. Jeden 
Tag von 11 Uhr an weht ein starker Wind, der 
bis 8 Uhr mittags anhält. Das Ackerland um Bali 
herum ist sehr gut und ertragfähig. Maois, Kar- 
toffeln, Erdnüsse, Durrha und Süßkartoffeln wachsen 
gut. Auch der von den Brüdern gepflanzte Weizen 
ist gut ausgefallen. — Eisen kommt in großer 
Menge vor und wird von den Eingebornen ge- 
schmolzen. Sie verfertigen sich allerlei Ackergerät- 
schaften sowie ihre Waffen daraus. Interessant ist 
ihre Schmiedekunst; sie schmieden die schönsten Speere, 
Schwerter und Dolche, ebenso Steigbügel und Ketten. 
Zum Schmelzen nehmen sie Holzkohle, die sie mit 
einem Doppelblasbalg anblasen. Amboß und Hammer 
sind aus hartem Granit. 
Der Charakter der Leute ist durchaus friedlich, 
und man wird überall freundlich ausgenommen. 
  
Aus dem Vierundsiebzigsten Jahresbericht der 
Rheinischen Missionsgesellschaft vom Johre 1903 
wird entnommen: 
Windhuk. Das wichtigste Ereignis des letzten 
Jahres ist die Vollendung und Einweihung der 
neuen, stattlichen Missionskirche, die am 10. Mai 
unter reger Beteiligung auch der weißen Gemeinde 
stattfand. Die Einweihung fand gelegentlich der 
großen Jahreskonferenz statt, so daß auch sämtliche 
Missionare des Hererolandes an der Feier teil- 
nehmen konnten. Die Gemeinde wächst bekanntlich 
418 
  
sehr schnell. Auch im letzten Jahr konnten wieder 
135 Erwachsene und 62 Kinder aus den Heiden 
getauft werden. 
Neu-Guinea. Das wichtigste und bedeutungs- 
vollste Ereignis ist die Taufe des Erstlings aus den 
Papuas, wodurch nun endlich erfüllt ist, wonach wir 
16 Jahre lang gläubig und in Geduld wartend aus- 
geschaut haben. Ob in Bälde schon andere folgen 
werden, wissen wir nicht; das Warten wird uns jetzt 
aber leichter werden; denn wir haben nun das sicht- 
bare Unterpfand, daß die Arbeit nicht vergeblich war. 
Es entsprach der Bedeutung des Tauftages, daß 
sämtliche Missionare zugegen waren, bis auf die er- 
krankten Geschwister Bergmann. Gott sei Dank ge- 
hört das Jahr 1903, das diese große Freude ge- 
bracht hat, zu den wenigen, in denen kein Todesfall 
die Reihen unserer Missionare gelichtet hat. Es 
waren freilich sehr schwere Erkrankungen im Ge- 
schwisterkreis wiederholt zu verzeichnen, aber auf 
allen vier Stationen konnte doch die Missionsarbeit 
ihren ruhigen Fortgang nehmen. Die Gottesdienste 
wurden gut besucht. Das Volk im ganzen verhält 
sich zwar noch immer reserviert dem Christentum 
gegenüber, ja im vergangenen Jahre nahm das 
Heidentum einen neuen Anlauf, indem der Geheim- 
kult, von dem es auf einigen Stationen angefangen 
hatte stille zu werden, aufs neue sich breit machte. 
Wenn der Geheimkult nicht wäre, würden längst 
viele gekommen sein; denn die „Jefus-Lehre“ haben 
die meisten gerne, wollen aber dabei die Sitte der 
Väter beibehalten. Daß die langjährige Minier- 
arbeit an dlesem Bollwerk des Heidentums noch 
nicht weiter gediehen ist, könnte wohl mutlos machen, 
wenn nicht immer wieder einzelne Erfahrungen zeigten, 
daß wir doch noch mit Gottes Hilfe zum Ziele 
kommen werden. 
Die Schulen sind auf allen Stationen in er- 
freulicher Entwicklung begriffen und vorläufig auch 
der hoffnungsreichste Teil der Arbeit. Der jetzt ge- 
taufte Erstling Gumbo hat ja auch die Schule sieben 
Jahre lang besucht. Wie ganz anders findet die 
Predigt unserer Missionare Verständnis bei den 
durch unsere Schulen gegangenen jungen Leuten, wie 
bei den Alten! Durch die Schularbeit erleidet auch 
der Geheimkult am meisten Abbruch. Die Schüler- 
zahl ist im letzten Jahr wieder gestiegen; wir zählen 
jetzt im ganzen 142 Schüler. 
Der Abschluß der Rechnung gibt an: 
Defizit zu Anfang 19008 Mk. 42 895,69 
Laufende Ausgabe in 1903. . 79226478 
Mk. 835 160,47 
Laufende Einnahme in 1908 mit 
Einschluß der Defizitgaben. 725 206,69 
Bleibt Defizit Ende 1903 Mk. 109 958,68 
 
	        
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