Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

Die Versorgung der rufsischen Baumwollindustrie mit 
Baumwolle. 
Im „Wjeflnik finansow"“ findet sich eine Abhand- 
lung „Die Baumwollnot und die Maßnahmen zur 
Versorgung der russischen Baumwollindustrie mit 
Rohmaterial eigener Produktion“. Dieser Abhand- 
lung werden über die Bedeutung und das Wachstum 
der Baumwollindustrie Rußlands nachstehende Daten 
entnommen: 
Die Zahl der Fabriken zur Bearbeitung der 
Baumwolle betrug in Rußland im Jahre 1900 
730 und die Zahl der Pferdekräfte der Maschinen 
279 590; an Arbeitern belderlei Geschlechts wurden 
in diesem Industriezweig 1900 beschäftigt 399 903 
und an Arbeitslohn gezahlt 65 829 300 Rubel. Die 
Kosten der Einrichtung der Fabriken bezifferten sich 
auf 246 804 300 Rubel, und der Wert der Pro- 
duktion stellte sich auf 520 518 100 Rubel. 
Der Wert der in Rußland im Jahre 1900 be- 
arbeiteten Baumwolle betrug: amerikanische Baum- 
wolle 79 752 300 Rubel, ägyptische 20 798 700 
Rubel, ostindische 1 976 600 Rubel, persische 
5522 300 Rubel, mittelasiatische 54 107 100 Rubel, 
kaukasische 3 928 600 Rubel und verschiedene Abfälle 
4868 600 Rubel, insgesamt rund 171 1/ Millionen 
Rubel. Daten über die nachfolgenden Jahre fehlen; 
wenn man jedoch die jährliche Zunahme im Konsum 
in Betracht zieht, so kann man mit Sicherheit an- 
nehmen, daß im Jahre 1908 die russischen Baum- 
wollfabriken gegen 18 Millionen Pud Baumwolle 
verbraucht haben und darunter etwa 11 Millionen 
Pud ausländischer und 7 Millionen Pud russischer, 
im Gesamtwerte von etwa 190 Millionen Rubel. 
Der Verbrauch von Baumwolle hat in Rußland 
ganz bedeutend zugenommen; in dem Jahrzehnt 1890 
bis 1900 ist die Menge der in russischen Fabriken 
verarbeiteten Baumwolle von 8 327 786 Pud bis 
auf 16 279 600 Pud, d. h. fast um das Doppelte, 
gestlegen. Elne solche Steigerung kann nicht einmal 
Amerika aufweisen; der dortige Verbrauch an Baum- 
wolle hat sich von 2 367 000 Ballen im Jahre 1890 
auf 3727 000 Ballen im Jahre 1900 gehoben. 
Rußland muß daher wie auch andere europäische 
Länder stets einer Baumwollnot gewärtig sein. Es 
muß infolgedessen das eifrige Bestreben Rußlands 
seln, sich in der Versorgung mit Baumwolle von 
Amerika unabhängig zu machen und den Verbrauch 
einheimischer Wolle möglichst zu erweitern. 
Zu diesem Zwecke sollten die russischen Fabri- 
kanten, wie es in der eingangs bezelchneten Abhand- 
lung heißt, danach trachten, die mittelasiatische Baum- 
wollzucht möglichst zu heben, und selbst vor Opfern 
nicht zurückschrecken. (Torg. Prom. Gaz.) 
  
420 —. 
Derschiedene Wikteilungen. 
Untersuchungen über Schutzimpfung gegen 
Horse-Sickness (Pferdesterbe). 
Von KR. Koch. 
Bulnwayo, den 7. Februar 1904. 
Ee ist eine in Südafrika allgemein bekannte 
Tatsache, dals Pferde, welche die Horse-sickness. 
überstanden haben, von der Krankheit nicht 
wieder oder Dnur in einer sehr milden Form 
befallen werden. Solche Tiere werden als „ge- 
salzen“ bezeichnet, d. h. sie haben auf natür- 
lichem Wege eine mehr oder weniger starke 
Immaunität erlangt. Es lag natürlich nahe, zu 
versuchen, den Pferden auch auf künstliche 
Weise diese Immunität zu verschaffen und da- 
mit die ungeheuren Verluste, welche die Horse- 
sickness in Südafrika verursacht, zu verringern 
oder womöglich ganz zu beseitigen. Zu diesem 
Zwecke sind seit einer Reihe von Jahren von 
hied Experi tat zahlreiche Unter- 
suchungen gemacht. Es ist auch gelungen, hier 
und da einige Pferde zu immunisieren. Aber 
leider konnte bisher kein Verfahren gefunden 
werden, welches geeignet gewesen wäre, künst- 
lich die Immunität ohne zu grofse Verluste 
zu erreichen. 
Seitdem es gelungen ist, die Rinderpest mit 
Hilfe von Serum erfolgreich zu bekämpfen, hat 
man sich namentlich dieser Richtung zugewandt, 
und man hat auch insofern Erfolge gehabt, als 
es gelang, ein Serum zu erhalten, welches deut- 
liche Schutzwirkung besals. Aber dieses Serum 
hatte zugleich die höchst unangenehme Eigen- 
schaft, dals es bei den TLieren, welchen es 
eingespritzt wird, eine Hämoglobinurie erzeugt, 
woran dieselben meistens zugrunde gehen. Alle 
Bestrebungen zur Auffindung eines guten Schutz- 
verfahrens sind also bisher sehr unbefriedigend 
geblieben. Deswegen braucht man aber doch 
die Hoffnung auf einen schliefslichen Erfolg 
nicht aufzugeben. Die Wissenschaft schreitet 
beständig fort; es werden immer neue Methoden 
der künstlichen Immunisierung gefunden und 
die alten verbessert. Man muls deswegen 
immer wieder von neuem diese wichtige Auf- 
gabe in Angriff nehmen und versuchen, die- 
— 
Ich habe es nun unternommen, das Serum- 
verfahren, welches nach Lage der Dinge die 
meiste Aussicht auf Erfolg bietet, auf Grund 
der neuesten Erfahrungen zu verbessern. 
Zu diesem Zwecke wurden einige Pferde, 
von welchen man annehmen konnte, dals sie 
gesalzen waren, höher immunisiert. Für das 
Ausgangsmaterial zu diesen Versuchen babe 
ich Herrn Colonel Bodle meinen Dank abzu- 
statten, welcher mir ein an Horse-sickness er- 
 
	        
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