Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

das erstbeschriebene Verfahren mit getrennter 
Injektion von Virus und Serum eine kräftigere 
und dauerhaftere Immunität, weil bei demselben 
dem Virus eine gewisse Zeit gelassen wird, um. 
auf den Organismus seine immunisierende Kraft 
ausüben zu können. Bei der vergleichenden 
Prüfung der nach den beiden verschiedenen 
Verfahren immunisierten Pferde gegenüber der 
natürlichen Infektion wird es sich sehr bald 
herausstellen, welches von beiden Verfahren das 
für praktische Zwecke vorteilhaktere ist. 
Nachdem sich die Tatsache ergeben hatte, 
dats durch stufenweise Steigerung der mit Serum 
kombinierten Virusdosis eine Widerstandsfähig- 
keit gegen sehr hohe isolierte Virusdosen zu 
erreichen ist, lag die Frage nahe, ob es nicht 
möglich sei, auch ohne Seru'm, allein mit stei- 
genden Virusdosen, denselben Grad von Wider- 
standsfähigkeit, d. h. Immunität, zu erzielen. 
Zu Beantwortung dieser Frage konnte ich 
auch aus Mangel an Versuchstieren nur wenige 
Experimente anstellen, welche aber doch er- 
kennen lielsen, dals es in der Tat möglich ist, 
auch auf diesem Wege gegen Horse-sickness zu 
immunisieren. Ein Pferd haben wir so weit 
gebracht, dals es 0,1 cem Virus ohne Reaktion 
ertrug, Zwei andere bis 0,2 cem Virus. Aber es 
scheint so, als ob man nur sehr langsam und 
in grölseren Zeitabständen die Virusdosen er- 
höhen darf als bei den kombinierten Methoden. 
Dieses Verfahren mit Virus ohne Serum würde 
also für praktische Zwecke wohl kaum in Be- 
tracht kommen, so intsressant dasselbe auch 
in theoretischer Beziehung ist. 
Schlufsfolgerungen. 
1. Durch kombinierte Injektionen von Virus 
und Serum können Pferde auf eine ganz unge- 
fährliche Weise gegen Horse-sickness immunisiert 
werden. 
2. Das von mir gefundene Verfahren wird 
sich voraussichtlich s20 weit vereinfachen lassen, 
dals ein Pkerd in ein bis eineinhalb Monaten 
hiureichend gesalzen ist. 
3. Die Lojektionen werden zwei- bis dreimal 
mit steigenden Dosen von Virus’ wiederholt. 
4. Darauf kann man zu lojektionen von 
Virus ohne Serum übergehen. 
5. In anderthalb Monaten kann ein Pferd 
### weit gebracht werden, dals es 0,5 cem Virus 
ohne Reaktion erträgt. 
Sollte ein höherer Grad von Immunität 
erkorderlich sein, damit das Pferd absolut gegen 
die natürliche Infektion geschützt ist, daun ist 
dies in verhältnismäfsig kurzer Zeit durch Fort. 
setzung des Verfahrens zu erreichen. l 
· Es iat wahrscheinlich, dass aneh dareh 
simultano Injektionen von Virus und Serum 
  
  
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Pferde so weit immaunisiert werden können, 
dals sie das Virus allein vertragen. 
* * 
Herstellung des Virus. 
Das erforderliche Blut wird dem Tiere kurze 
Zeit vor dem Tode entnommen, wenn die Symp- 
tome der Horse-sickness, nämlich Schwellung 
über den Augen, beschleunigte und mühsame 
Respiration, einen hohen Grad erreicht haben. 
Man nimmt mit Hilfe eines Troikarts etwa 1½ 
bis 2 Liter aus der Vena jugularis und defbriniert 
es durch Schlagen mit einem Drahtbündel oder 
einem andern geeigneten Gegenstand. Das gut 
deflbrinierte Blut wird durch angeleuchtete Gaze 
flltriert. Um dasselbe zu konservieren, wird 
unter Benutzung einer von Edington angege- 
benen Formel folgende Mischung hergestellt: 
Ein Teil Phenol wird in 1000 Teilen Wasser 
gelöst, hierzu zunächst 1000 Teile Glyzerin und 
dann unter beständigem Omschütteln 1000 Teile 
delbriniertes Blut gemischt. 
Es ist selbstverständlich, dals alles, was mit 
dem Blut in Berührung kommt, Lastrumente, 
feuchte Gaze, Gefälse, vorher gat desinflziert 
sein muls. Auch das zur Mischung verwendete 
Wasser, am besten Regenwasser, muls sterili- 
siert sein. 
Die so hergestellte Blatmischung bleibt in 
einer grofsen Flasche zwei bis drei Wochen an 
einem kählen, dunklen Orte (womöglich Eis- 
schrank) stehen. Während dieser Zeit lösen 
sich die roten Blutkörperchen, aber ihre Hüllen 
und die übrigen geformten Bestandteile des 
Blutes senken sich zu Boden oder bleiben in 
Form von feinen Flocken in der Flüssigkeit 
schweben. Nach allem, was wir über das Virus 
der Horse-sickuess wissen, ist es wahrscheinlich, 
dals dasselbe an den roten Blutkörperchen haftet, 
und dals somit ein mehr oder weniger grolser 
Teil desselben an den Hällen der Blutkörperchen 
sitzen bleibt und mit diesen in die Flocken 
übergeht, welche in der Flüssigkeit suspendiert 
sind. Wenn diese Flocken, welche sich niemals 
ganz gleichmälsig in der Flüssigkeit verteilen, 
nicht entfernt werden, danun ist es unmöglich, 
das Virus genau zu dosieren, und ich glaube, 
dals einige Unregelmälsigkeiten, welche bei 
unseren aAnfänglichen Versuchen beobachtet 
warden, darauf zurückzuführen sind, dals dieser 
Umstand nicht berücksichtigt war. " 
DioPlilssigkoitmuksässwogomnsohäonx 
den geformten Blutbestandteilen hiureichend 
Zeit gelassen wurde, sich zusammenzaballen 
und die erwähnten Flocken zu bilden, also nach 
Zwei bis drei Wochen, durch angefeuchtete, ste- 
rilisierte Gaze fliltriert werden. Dieses Filtrat 
ist eine dunkelrotbraune Flüssigkeit, welche in 
dünnen Schichten und namentlich in ihren Ver-
	        
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