Am 28. November erreichte ich den auf einem
Höhenzuge gelegenen Sitz des Sultans Kiwanga am
Flusse Mpanga; die Ortschaft führt den gleichen
Namen. Auf dem Höhenzuge, etwa 50 m häöher
als die ordentlich und schön angelegte Ortschaft
Mpanga liegt das große Wohnhaus des Sutltans.
Ein Teil des Hauses ist in letzter Zeit aus selbst-
verfertigten Luftziegeln mit Türen und Fenustern
gebaut; die ganze Anlage macht einen guten und
sauberen Eindruck. Das Interesse, welches der
Sultan für Fortschritte auf allen Gebieten zeigt, kann
ich nur anerkennen und lobend hervorheben. In der
Umgegend der Ortschaft Mpanga hat er z. B. allerlei
tropische Fruchtbäume, wie Kokospalmen, Mango-
bäume, Papayen und Zitronenbäume angepflanzt,
den Samen hat er teils selbst von der Küste bezogen,
teils von der Station erhalten. Auf einem großen
Felde hat er Samen des Kautschukbaumes Manihot
glaziovi, der auf der Station gezogen wurde und
um welchen er gebeten hatte, ausgesät. Von der
Küste hat sich Kiwanga eine große Säge kommen
lassen, um damit aus gefällten Bäumen gute Bretter
und Balken herstellen zu können; er bat darum, daß
etwa fünf seiner Leute auf der Station im Bretter-
schneiden ausgebildet würden, was ich ihm auch zu-
sagte. Sehr erleichtert wird der Station der Ver-
kehr mit dem Sultan auch dadurch, daß er mehrere
seiner Kinder von einem selbst angenommenen Lehrer
im Lesen und Schrelben hat ausbilden lassen. Eins
dieser Kinder liest und schreibt in Kisuaheli mit la-
teinischen und arabischen Buchstaben geschriebene Briefe
mit vollkommener Fertigkeit, während mehrere andere
Kinder solche Briefe nur in lateinischer Schrift zu
lesen und schreiben vermögen. Schwierigkeiten be-
züglich der Verwaltung werden dem Sultan nur von
den in seinem Lande wohnhaften Wadamba gemacht
und bedarf er bei diesen Leuten, um mit seinen An-
ordnungen durchzudringen, noch öfters der Unter-
stützung der Station. Die Wadamba bilden die
eigentliche, aber überall in früheren Zeiten unter-
worfene Urbevölkerung in der Ulangaebene und
können wohl die Unterstellung unter einen Mhehe-
sultan noch nicht recht verschmerzen.
Der folgende Tag war zur Erledigung von
Schauris bestimmt, und stellten sich auf eine dies-
bezügliche Bekanntmachung hin zahlreiche Leute ein,
welche Rechtsprechung wünschten.
Am 1. Dezember hatte ich den Weitermarsch in
der Richtung auf die Ortschaft Makua, welche dicht
bei der ehemaligen Perondostation liegt, angetreten.
Im Lager brachte mir ein Bote einen Brief des
Stationschefs von Iringa, Hauptmann Nigmann,
welcher mir mitteilte, daß er am folgenden Tage
auf dem Marsche nach Iringa bei Klwanga eintreffen
würde, und mich bat, wenn angängig, ein Zusammen-
treffen mit ihm bei Kiwanga zu ermöglichen. Da
mir ein Zusammentreffen mit dem Chef des Nach-
barbezirks wichtig erschien, weil viele Schauris, die
480
an der Grenze spielen, zu erledigen waren, marschierte
ich am folgenden Tage zu Kiwanga zurück und traf
dort mit Hauptmann Nigmann zusammen. Von
Kiwanga bis Makug marschlerte ich mit Hauptmann
Nigmann zusammen, welcher dann am 6. Dezember
wieder einen anderen Weg einschlug, um nach Iringa
zurückzumarschieren.
Am 8. Dezember erreichte ich, über Undole mar-
schierend, die am linken Ufer des Kihansi gelegene
Ortschaft Sokole. Der Kihansi ist an der Uber-
gangsstelle etwa 20 m breit, führt aber zu allen
Jahreszeiten so viel Wasser, daß er bis zu seinem
Austritt aus dem Gebirge mit Booten befahren
werden kann. Den Weltermarsch setzte ich über
Muhenga, Ndemu und Mionga bis zum Ruipaflusse
sort, welchen ich am 12. Dezember erreichte. Auf
diesen Märschen waren wieder mehrere zum Ulanga-
stromsystem gehörige Flüsse zu überschreiten, von
welchen der Mgeta in der Regenzeit, der Londo und
Ruipa während des ganzen Jahres befahrbar sind.
Von Makua ab befinden sich in allen Ortschaften
kleinere selbstände Jumben; die Bevölkerung besteht
vorwiegend aus Wabunga, welche hier wieder die
Ureinwohner, die Wadamba, unterjocht haben und
die herrschende Klasse bilden. Am Ruipa befindet
sich wieder ein großer Jumbe, Schindano, dem ein
bedeutendes Stück Land untersteht. In den genannten
Gegenden ist das Land völlig flach, nur einzelne
Hügel erheben sich stellenweise aus der Ebene. Zur
Regenzeit steht fast die ganze Gegend unter Wasser,
und findet man hier deshalb auch vielfach auf Pfählen
gebaute Häuser. Der Anbau besteht in der Haupt-
sache aus Reis, daneben werden noch Mais und süße
Kartoffeln angebaut.
Die Bevölkerungsdichtigkeit ist nicht sehr groß,
und es gibt noch ausgedehnte kulturfähige Flächen,
welche unbenutzt liegen und die sich vorzüglich zum
Anbau von Reis eignen würden. Bei allen Jumben
wurden nach vorheriger Bekanntgabe Gerichtstage
abgehalten, welche eifrigen Zuspruch fanden.
Der Weitermarsch führte über Mtolehera am
Itetefluß nach Fakara, der größten Ortschaft des
ganzen Bezirkes. Das Land von Fakara bis einen
Tagemarsch vor der Station untersteht dem noch
sugendlichen Sultan Kindunda zu dessen Unter-
stützung und zur Beaufsichtigung der Fähre über den
Ulanga und der Anpflanzungen der Station in
Fakara ist ein Schausch und ein Askari dort statio-
niert. Die Einwohnerschaft des Ortes dürfte etwa
1500 Menschen betragen; sie besteht fast nur aus
Wabunga und einer großen Zahl Küstenhändler,
die sich hier niedergelassen haben.
Von Fakara marschierte ich auf der großen nach
Daressalam führenden Straße zur Station zurück,
wo ich am 18. Dezember eintraf.