Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

— 630 
schmackooll geordneten Gruppen zusammengestellt. 
Große Schlingpflanzen zogen sich von Baum zu 
Baum, oft eine undurchdringliche grüne Laubmasse 
bildend. Stattliche Exemplare von Hundsaffen be- 
lebten das Bild und flüchteten mit Gebell, sobald 
die Karawane in die Nähe kam. Etwa zwei Stunden 
lang folgten wir nun im allgemeinen dem Laufe des 
Bololet aufwärts, bis wir die von den Wanderobbo 
Marti genannte Wasserstelle erreichten. Gewaltige 
Granitwände faßten große Teile des tlefeingeschnittenen 
Flußbettes ein, große Granitblöcke bedeckten die Sohle, 
zwischen und auf ihnen stand in großen Mengen 
schönes und spiegelklares Wasser. Daß auch diese 
Wasserstelle beständig von Tieren aller Art aufgesucht 
wird, bewiesen die vielen frischen Fährten in dem 
Flußsande. Auch fanden wir im Flußbett die Überreste 
eines vielleicht zwei Tage vorher von einem Löwen 
geschlagenen Wasserbockes. Da der Löwe zu der von 
ihm geschlagenen Beute zurückzukehren pflegt, so stellte 
ich abends meine Löwenfalle auf. Bei einer etwa 
zwei Stunden dauernden Streife um das Lager in 
den Nachmittagsstunden sah ich verhältnismäßig wenig 
Wild. Dieses zieht für den Aufenthalt bei Tage 
die freie und offene Steppe vor, well es in ihr nicht 
so leicht vom Jäger wie vom Raubwild überrascht 
werden kann. 
Die Nacht war kühl und verlief ohne Störung. 
Nur die Lagerwache behauptete, im Schein des Feuers 
zwel das Lager umschleichende Leoparden gesehen zu 
haben. Um 5 Uhr am nächsten Morgen marschierte 
die Karawane welter. Ich selbst blieb noch mit 
elnigen Leuten zurück, da die abends zuvor aufge- 
stellte Löwenfalle am frühen Morgen verschleppt war, 
und ein Nachsuchen in der Dunkelheit doch zu keinem 
Resultat geführt hätte. Beim Tagesgrauen folgten 
wir dann den im Flußbett deutlich sichtbaren Ein- 
schnitten, welche die Falle durch das Fortschleppen 
hinterlassen hatte. Nach etwa 50 Schritten sahen 
wir in der Falle eine auffallend gelb gefärbte Hyäne, 
die wir im ersten Augenblick als Löwin ansprachen. 
Sie hatte sich vergebens bemüht, mit der etwa 80 kg 
schweren Falle am linken Vorderlauf den steilen 
Rand des Flußbettes zu erklettern. Ein Fangschuß 
streckte sie zu Boden, die Falle wurde wieder ver- 
schnürt, und wenige Minuten später folgten wir etwa 
um 6 Uhr der voraufmarschierten Karawane. Länger 
als drei Stunden marschierten wir in annähernd 
nördlicher Richtung, dem Laufe des Bololet auf 
dessen rechtem Ufer folgend. Etwa um 9 Uhr hatten 
wir die Karawane wieder eingeholt. Während der 
ganzen Zeit hatten wir in dem Bololet kein Wasser 
gesehen und da wir auch keine Aussicht hatten, bei 
dem Weitermarsch am Fluß entlang Wasser zu finden, 
überschritten wir das sandige und mit kleinem Stein- 
geröll bedeckte Flußbett und setzten den Marsch in 
erwa südöstlicher Richtung fort. Nach etwa 2⅛= 
stündigem Marsch hatten wir den Bololet, der einen 
großen Bogen nach Norden und Osten beschrieben 
hatte, wieder erreicht. Hier hatte der Fluß wieder 
  
Wasser. Da inzwischen die Mittagsstunde heran- 
gekommen war, lagerten wir, jetzt auf dem linken 
Flußufer. Die Wanderobbo nannten den Lagerplatz 
Hiriro, die Wasserstelle selbst Langadalotoro. Wie 
am Tage zuvor war auch hier sehr reichliches und 
gutes Wasser. Das wellige Gelände zeigte im all- 
gemeinen den Charakter der Parklandschaft. Ver- 
einzelte kleine Strecken waren mit kleinem Steingeröll 
und niedrigen Dornbäumen bedeckt. Auch heute 
wieder war nicht so vicl Wild zu sehen wie in der 
freien Steppe. Auf Anraten unserer Führer wurde 
unmittelbar nach dem Eintreffen auf dem Lagerplatz 
eine Dornboma zum Schutz gegen einen etwaigen 
Überfall umherstreifender Massaihorden gebaut. Große 
und starke, mit fingerlangen Dornen dicht gespickte 
Aste und armstarke junge Bäume wurden mit Ast- 
werk nach außen so fest und dicht aufeinander ge- 
schichtet, daß der so entstehende Verhau etwa 1½ 
bis 2 m hoch und 3 bis 4 m breit war. Ein schnelles 
Auseinanderzerren dieses Verhaues von außen ist 
unmöglich, ebenso ein Uberklettern und Uberspringen. 
so daß man in solcher Boma vor jedem Uberfall 
absolut sicher ist. Diese Boma wurde kreisrund 
angelegt mit einem Durchmesser von 50 Schritten. 
An der Innenseite des Kreises standen in gleichen 
Zwischenräumen die vier Europäerzelte und zwischen 
diesen die Zelte der Askaris, so daß für den Fall 
eines nächtlichen Angriffs jeder sofort auf seinem 
Platze war. Lag auch eine direkte Veranlassung zu 
einer Gefahr nicht vor, so war Vorsicht doch immer- 
hin geboten, und dies umsomehr, als die Anregung 
zum Bau der Boma von unseren Führern selbft 
ausgegangen war. Auch an den nächsten Tagen 
wurde das gleiche Verfahren beobachtet. Da alle 
Hände elfrig zugriffen, alle Axte, Sägen und Seiten- 
gewehre in Tätigkeit traten, Dornbusch überreichlich 
vorhanden war, so dauerte die Arbelt nur etwas. 
über eine Stunde. Dafür konnten wir uns dann 
während der Nachtstunden, in denen außerdem noch 
Posten durch das Lager patroulllierten, unbedingter 
Ruhe hingeben. In den Nachmittagsstunden wurde 
der übliche bewaffnete Spaziergang um das Lager 
gemacht, während dessen jeder von uns noch einige 
Antilopen erlegte. Oberleutnant Wendland hatte noch 
ein Rencontre mit einem starken Rudel wilder Hunde. 
Leider gelang es ihm nicht, einen von diesen schlimm- 
sten Räubern der Steppe zu erlegen. In starken 
Rudeln jagen sie gemeinsam, ihre Opfer einkreisend. 
Auch der Löwe vermeidet es, mit ihnen in allzunahe 
Berührung zu kommen. Mil Eintritt der Dunkelheit 
wurde der einzige Ausgang des Lagers geschlossen, 
und auf dem engen Raum entwickelte sich ein reges 
Leben, wie in einem Ameisenhaufen, bis diesem durch 
das Hornsignal Ruhe geboten wurde. Ohne Störung 
verlief die Nacht, die Temperatur war kühl und 
erfrischend und ebensowenig wie an den vorher- 
hgehenden und den nachfolgenden Tagen wurde man 
von Moskitos belästigt. Um 5 Uhr 35 Min. ging 
es am nächsten Morgen wieder in Richtung ON.6
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.