Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

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Frühmorgens zogen unsere Neophyten los, die 
Wälder durchstöbernd, auf der Suche nach Bäumen, 
deren Stamm dick und lang genug wäre, um die 
großen Ballen herauszuschlagen. War ein solcher 
Riese entdeckt, so regten sich alle Hände. Vier 
kräftige Männer versetzen dem Riesen mächtige Axt- 
hiebe. Andere räumen den Platz ab, wo der Baum 
hinfallen soll. Auch das ist eine schwere Arbeit: 
alle Bäume sind miteinander verbunden durch end- 
lose Schlingpflanzen. Ist auch der Baum abgehauen, 
er bleibt doch stehen; tausend Arme, die ihm seine 
Nachbarn entgegenstrecken, halten ihn aufrecht. Doch 
sieh, ein gewaltiges Krachen erschüttert den Wald, 
der Riese fällt und zertrümmert alles, was in selnem 
Schatten wuchs. Aber welch bittere Enttäuschung 
oftmals: der so mühsam gefällte Baum ist im Inneren 
hohl und morsch, all die Arbeit war umsonst. 
Der Riese ist gefallen, 30 oder 40 Axte grelfen 
ihn an und befreien den Stamm von seinen Asten 
und seiner Borke, während die überzähligen Hände 
einen Weg durch Gesträuch und hohen Wald bahnen. 
Der riesige Baumstamm wird auf einen mächtigen 
Holzklotz gelegt, dieser Klotz dient als Schlitten, 
starke Schlingpflanzen werden um den Stamm ge- 
wunden und nun beginnt eine eigenartige Fahrt. 
Kräftige Hände ergreifen die Schlingpflanzenbündel, 
auf jeder Seite gehen zwel Männer mit starken 
Hebeln, überwachen die Unebenheiten des Geländes 
und entfernen Hindernisse. Der Sänger des Landes 
marschiert voraus und stimmt ein Lied an, dessen 
langsamer, taktmäßiger Gang zu einer solchen Arbeit 
sehr gut paßt. Es bedarf oftmals zwei bis drei Tage 
angestrengter Arbelt, um einen einzigen Baumstamm 
ins Dorf zu bringen. Und das ist nicht alles. Wie 
solche Ungeheuer auf das Gerüst bringen, wo sie 
gesägt werden? Unsere Eingeborenen haben weder 
Maschinen noch Hebewinden, sie bedienen sich ihrer 
Arme und heben den Stamm, mit der Gefahr, unter 
seiner Wucht erdrückt zu werden. 
  
Aus fremden Kolonien und 
Produhktionsgebieken. 
Eingeb 1 uission für den 
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B 
Rongostaat. 
In Nummer 7 des „Bulletin officiel de l'Etat 
Indépendant du Congo“ wird der amtliche Wort- 
laut des am 23. Juli d. Is. vom König-Souverän 
gezeichneten Dekrets, betreffend die Einsetzung einer 
Eingeb Untersuchungskommission, veröffentlicht. 
Zu Mitglledern der letzteren sind danach ernannt: 
der Generalanwalt an dem Brüsseler Kassationshof 
E. Janssens, der interimistische Präsident des Appell- 
gerichts in Boma, Baron Nisco, und der Kantonal- 
Luzerner Staatsrat und Justizdepartementschef 
Dr. E. v. Schumacher. 
  
Derschiedene Mitteilungen. 
Die Zaumwolleinfuhr nach dem europäischen Rußland. 
In den fünf Jahren 1898 bis 1902 wurden 
folgende Mengen Baumwolle nach dem europäischen 
Rußland eingeführt: 
1898 1899 1900 1901 1902 
  
Bezugequellen Menge in Millionen Pud 
Ausland 12,1 10,2 10,8 10,4 10.9 
Zentralasien. 5,2 3,6 5.2 6,7 5,9 
Transkaukasien 0.7 0.6 1.2 3,9 3,9 
Zusammen 18,0 14,4 16,7 21,0 20,7 
Der Rückgang der Einfuhr aus Zentralasien im 
Jahre 1902 steht im Zusammenhange mit der Ab- 
nahme der dortigen Baumwollkultur. Die Baum- 
wollproduzenten hatten dort nämlich vom Besäen 
eines Teils der Felder Abstand genommen, da im 
Herbst 1901 die Heuschrecken in großer Anzahl Eier 
gelegt hatten und daher eine große Heuschreckenplage 
zu befürchten war. (St. Petersburger Zeilung.) 
  
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Titeratur. 
Das Seminar für orientalische Sprachen in 
Berlin begann im vorigen Jahre eine neue Publi- 
kation, betitelt: Archiv für das Studium deut- 
scher Kolonlalsprachen, herausgegeben von Prof. 
Dr. Ed. Sachau, Direktor des Seminars. Der 
erste Band enthlelt Lehrbuch der hausanischen Sprache 
(Hausasprache) von A. Mischlich, Kaiserlichem Bezirks- 
leiter in Togo, der eben erschienene zweite Band 
bringt ein Chamorro-Wörterbuch von Georg Fritz, 
Kaiserlichem Bezirksamtmann auf Seipan. Der Ver- 
fasser hat sein Material über diese in Deutschland 
bisher gänzlich unbekannte Sprache der Marianen 
auf der Insel Seipan gesammelt. Dies Wörterbuch, 
deutsch-chamorro und chamorro-deutsch, schließt sich 
an die im vorigen Jahre in den Mitteilungen des 
Seminars, unter den Ostasiatlschen Studien, ver- 
öffentlichte Chamorro-Grammatik an. Der Preis 
des ersten Bandes (Hausa) ist Mk. 4,—, der des 
zweiten Bandes (Chamorro) Mk. 3,—; verlegt ist 
das Archiv bei Georg Reimer in Berlin. 
  
A. Seidel: Die Duala-Sprache in Kamerun. 
Systematisches Wörterverzeichnis und Einführung 
in die Grammatik. Methode Gaspey-Otto-Sauer. 
Julius Groos' Verlag, Heidelberg, Paris, London, 
Rom, Petersburg. 1904. 
Das vorliegende Buch soll dem Zweck dienen, 
sich schnell das Nötigste der Dualasprache anzueignen; 
es ist eine verbesserte und vermehrte Auflage des 
1892 erschienenen „Leitfaden zur Erlernung der 
Duala-Sprache“ desselben Verfassers; eine ausführ- 
liche, mehr wissenschaftlich gehaltene Arbeit über den 
gleichen Gegenstand soll in Kürze folgen.
	        
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