Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

durchaus zugetan und bisher bei jedem ihr Gebiet 
passierenden Europäer erschienen. Die natürliche 
Folge hiervon war, daß sie an Ansehen bei ihren 
Untergebenen gewonnen und sich bei der entfernten 
Lage ihrer Gebiete mehr oder minder vom Kisabo 
selbständig machen konnten. Die Klage Kisabos 
gegen diese beiden überraschte mich daher auch nicht, 
habe ich doch während der ganzen in Urundi ge- 
führten Verhandlungen den Eindruck der größten 
politischen Zerfahrenheit gewonnen, wie sie größer 
wohl noch in keinem Gebiete der Kolonie bestanden 
hat und bestehen wird. Es wird sehr schwer sein, 
hier Verhältnisse zu schaffen, wie sie für die Ent- 
wicklung dieses Landes sicherlich des reichsten und 
aussichtsvollsten Gebletes unserer Kolonie notwendig 
wären; es ist unmöglich aber, diese schon jetzt herbei- 
zuführen. Hier kann nur Zelt und Ruhe Ord- 
nung schaffen. Die Hauptbedingung, dieses erreichen 
zu können, blieb aber einzig und allein die vorherige 
Unterwerfung Kisabos. 
Während mich noch kleinere Schauris in Iki- 
ganda festhielten, erhlelt die Abteilung Bismarkburg 
den Auftrag, durch Süd-Urundi nach Muyaga zu 
marschieren, von dort den Weg nach Mugera zu 
nehmen, auf dieser Strecke nach Möglichkeit kleinere 
Schauris zu erledigen und der Bevölkerung bekannt 
zu geben, daß Kisabo als Mwezi in Urundi belassen 
sei, dessen Anordnungen sie sich nunmehr zu fügen 
hätten. Die Abteilungen Usumbura I und II wurden 
in Ikiganda zu einer Abtellung vereinigt, da durch 
Belassung der Posten in Mubekeye, Muramwya und 
Iliganda ein erheblicher Abgang von Askaris ein- 
getreten war. In Ikliganda verblieb vorläufig 
Unteroffizier Gebel mit 8 Askaris, bis der von 
Usumbura befohlene Unteroffizier Ehrhardt diesen 
Posten übernehmen würde. Dieser Posten erhielt 
den Auftrag, in der Nähe Kisabos ein provisorisches 
Standlager zu bauen, hierbel die Bevölkerung durch 
Heranzlehen zur Arbeit an Ruhe und Ordnung zu 
gewöhnen und dem Kisabo behilflich zu sein, die in 
der Umgegend von Ikiganda noch bestehenden 
Schauris auf friedlichem Wege zu erledigen. Die 
Stärke des Postens wurde auf 1 Offizier, 1 Unter- 
offizier und 20 Askaris festgesetzt, welche teils von 
der Expeditionsabtellung, kells aus Usumbura ab- 
gegeben werden sollten. 
Die Abteilung Usumbura verließ dann am 
15. Juni unter Zurücklassung des Postens in Iki- 
ganda das bisherige Standlager, um in großem 
Bogen nach Süden Mugera zu erreichen und auf 
diesem Wege durch friedliche Schauris die Be- 
völkerung zu beruhigen. Zuerst wurde der Weg 
in östlicher Richtung nach dem Kashingwerücken ge- 
nommen, wo der Superior P. Désoignies und 
P. Bonnau aus Mugera zur Abteilung stleßen, um 
sich nach Ikiganda, Muramwya und Mubekeye zu 
begeben und dort den Kisabo, Matshontsho und 
Kitinwa zu besuchen. Der Weitermarsch führte in 
südlicher Richtung auf dem 2000 bis 2300 m 
10 
  
hohen Kihinga-Plateau entlang und verlief zunächst 
in durchaus befriedigender Weise. 
Die Bevölkerung zog glelch Ameisenhaufen mit 
Verpflegung hinter der Abteilung her und verhielt 
sich ruhig und friedlich. Dieses Benehmen hielt an 
bis zum 18. Juni, wo in der Landschaft Kungara 
gelagert wurde. Hier war die Bevölkerung schon 
vorher geflohen und begegnete allen Angehörigen 
der Abteilung feindlich und agressiv. Der in der 
Nähe des Lagers auf Trappenjagd gehende Stabs- 
arzt Dr. Schörnich wurde hier am 18. Junl von 
Eingeborenen ohne jeden Grund angegriffen und 
durch einen Pfeilschuß in den linken Oberschenkel 
leicht verwundet. Da der Pfell nicht vergiftet war, 
erholte der Verwundete sich schnell, so daß er bereits 
am 24. Juni vollständig wiederhergestellt war und 
den Marsch zu Fuß mitmachen konnte. In der 
Nacht vom 18. zum 19. Juni entsandte ich dann 
eine stärkere Abteilung unter Feldwebel Münzner 
mit dem Befehle, die schuldigen Eingeborenen zu 
bestrafen. Von Kungara gelangte die Abteilung 
dann in vier Märschen nach Mugera, überschritt 
auf dem Wege dorthin den Rwaga und Mtwenzibach 
und zweimal den Luwironzafluß. Die Bevölkerung 
verhielt sich, wenn auch scheu, so doch ruhig und 
brachte in mehreren Lagern hinreichend Verpflegung. 
Die größeren Watoale erschienen zum Teil im Lager, 
um ihre alten Klagen vorzubringen und in der 
Hoffnung, elnige Rinder als Geschenk zu erhalten. Ich 
verwies sie alle nach Mugera, wo ich einen längeren 
Aufenthalt nehmen wollte. Am 22. Juni traf die 
Abteilung in Mugera ein und wurde in liebens- 
würdigster Weise von den Missionaren aufgenommen. 
Den hier in Mugera seit Monat März stationierten 
Posten konnte ich, da nunmehr jede Gefahr beseitigt 
war, einziehen. 
Die Abteilung Bismarkburg hatte am 9. Juni 
Iliganda verlassen und ihren Weg über Kitaba, 
den Uberfallsort des Kisabolagers, den Kanigafluß 
nach dem Kihingaplateau genommen. Sie ging 
dann in südöstlicher Richtung über den Miwavuli 
und Rwagabach in die Landschaft Ibutego. Am 
11. Juni gelangte die Abteilung in die Provinz 
Ubututsi, am 12. Juni wurde der Luwironzafluß 
überschritten und in der Landschaft Klkwazo, dem 
Mtoaole Mugwengezo untertan, gelogert. Mug- 
wengezo hatte die Abteilung von Ikiganda bis hier 
begleitet. Von Kilwazo wurde in nordöstlicher 
Richtung auf Muyaga marschiert und die dortige 
Missionsstation am 19. Juni erreicht. Auf dem 
ganzen Marsche von Kikwazo bis Muyaga verhielten 
sich die Eingeborenen durchaus unbefangen und 
fügten sich willig der Erledigung der von ihnen 
vorgebrachten Klagen. In Muyaga erschienen die 
Watoale und Eingeborenen aus der näheren und 
serneren Umgebung, teils zum Schauri, teils zur 
Begrüßung und um Lebensmittel zu bringen. Wenn 
nun in Uyagoma und Ukomoso schon frredlichere 
Verhältnisse bestehen wie in West-Urundi, so hat dies
	        
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