Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

5. Komplex Bidjum und Bidja mit den gleich- 
namigen Oberhäuptlingen; Unterhäuptlinge 
Aka und Lemwon (in Mintum). 
Als Anstifter des Aufstandes wurden allerseits 
mit Bestimmtheit bezeichnet die Häuptlinge Bidium 
und Bldja. Diese speziell haben die Ermordung 
des Kaufmanns Monier in hinterlistigster Weise 
bewerkstelligt, indem sie ihn mit Führern von 
Bidijum nach Lomte in Marsch setzten und ihn dann 
unterwegs in der Nähe dieses Dorfes überfallen 
ließen. 
Bidjum galt bisher als großer Freund der 
Regierung, während Bidia sich siets widerspenstig 
gezeigt haben soll. Bidjum wurde gelegentlich der 
Anwesenheit des stellvertretenden Chefs der Ver- 
waltung im August v. Is. von diesem ausdräücklich 
als Oberhäuptling eingesetzt. 
Die innere Ursache des Aufstandes scheint 
in der Abneigung der Rdsimus zu liegen, welche 
diese seit längerer Zeit über das Vordringen der 
Weißen der Ssanga-Ngoko-Seite her empfinden. 
Die Rdsimus, ein kriegerlscher Bantustamm, am 
Zusammenflusse des Ssanga= und Ngoko-Stromes, be- 
finden sich in einer Art Völkerwanderung. Teile 
des Stammes sind Dscha-aufwärts gezogen, um in 
dlesen nur von Bagiölis bewohnten, wildreichen 
Urwaldgebieten neue Wohnsitze zu suchen. Hier sind 
sie auf die Ost-Bulus gestoßen, haben sich mit diesen 
teilweise vermischt und so einen neuen Stamm ge- 
bildet, der Niem genannt wird. Die Ndsimus 
sprechen noch ihre alte, eigene Sprache, während sich 
in der Mischsprache der Njems viel Anklänge an 
Bultu finden. Dafür, daß die Rdsimus sich in einer 
permanenten Bewegung befinden, zeugen zahlreiche, 
verlassene Farmen, welche man zwischen Kul und 
Bidjum trifft. 
Diesem an Gummi und Elfenbein reichen, erst 
seit kurzem bekannten Gebiete zwischen dem oberen 
und mittleren Dscha hat der Kaufmann naturgemäß 
seine Aufmerksamkelt zugewandt, und zwar zunächst 
die Gesellschaft, Süd-Kamerun", zu deren Konzessions- 
gebiet das Land gehört, sodann neuerdings die 
Küstenfirmen. 
Die große Entfernung der Reglerungsstation 
Molundu (20 Tagemärsche von Bidjum) mit ihrer 
schwachen Besatzung und Mangel an welßem Per- 
sonal entzog dieses Handelsgebiet fast gänzlich der 
Kontrolle. Als nun Arbeitsleistungen von den ar- 
beitsscheuen Eingeborenen verlangt wurden, stießen 
diese Forderungen auf Widerspruch. Wohl gelang es 
dem Direktor der Gesellschaft, 400 Eingeborene als 
Träger nach Molundu zum Transport von Pro- 
dukten anzuwerben. Als dieselben indes mit Waren 
beladen zurückkehrten, beschlossen die Ndsimus, diese 
günstige Gelegenheit zu benutzen, sich der unbequemen 
Weißen zu entledigen, die Waren zu rauben und 
weiter nach Westen zu ziehen, um ihre Produkte 
dort prelswerter und bequemer absetzen zu können. 
Bidjum scheint diese Absicht schon lange gehegt 
766 
  
zu haben; denn er hat bereits vor dreiviertel Jahren 
neue Farmen und Dörfer einen Tagemarsch nord- 
westlich von hier, am oberen Dscha, angelegt, während 
er vor zwei Jahren noch elnen halben Tagemarsch 
süd östlich dieses Platzes saß. 
Ich habe zunächst versucht, den Aufstand auf 
seinen Herd zu beschränken und zu verhüten, daß 
Kul, Tinidi, Lom#e und Assobam in denselben hinein- 
gezogen wurden. 
Ferner traf ich die nötigen Maßnahmen 
zum persönlichen Schutze der im Aufstandsgebiete 
weilenden weißen und farbigen Angestellten der 
Gesellschaft „Süd-Kamerun“, zur Bergung der zahl- 
reichen Waren und Produkte derselben und zur 
Sicherung der rückwärtigen Verbindungen und der 
Handelswege. Zu diesem Zwecke wurden die Faktoreien 
Kul, Besam, Tsilegan und Ngato militärisch besetzt; 
letztere zur Sicherung des Hauptweges nach der 
Regierungsstation Molundu. An Ngato (Kunabembe- 
Leute) war ebenfalls Aufforderung ergangen, sich am 
Aufstande zu betelligen. 
An Bidjum hatte ich bereits von Elemwoo ein 
Schreiben gesandt, in dem ich ihn aufforderte, zur 
Friedensverhandlung nach Kul zu kommen. Dieses 
Schreiben, welches Bidjum tatsächlich überbracht 
wurde, erhielt ich mit der Mitteilung zurück, daß 
er nicht kommen wolle, sondern den Krieg wünsche. 
In Tsilegan erschienen außer Tinidi und seinen 
Unterhäuptlingen auch die Häuptlinge des Assobam- 
Komplexes, Ajebama, Alaman und Alam, mit einem 
Gefolge von 400 Gewehrträgern. Dies sollte augen- 
scheinlich eine Demonstratlon ihrer Macht mir gegen- 
über sein. Ihr Benehmen war ein ziemlich freches. 
Der Disziplin der Truppe ist es zu danken, daß 
diese Versammlung friedlich endete. 
Tinidi und Ajebama versprachen, Ruhe zu halten 
und die Befehle der Regierung zu befolgen. Dieses 
Versprechen erfolgte wohl mehr aus Furcht vor der 
plötzlich erschienenen Truppe als aus Uberzeugung. 
Besonders bei Ajebama setze ich starken Zweifel in 
die Aufrichtigkeit seiner Gesinnung. 
Eine starke Besetzung des Aufstandsgebietes bis 
zur Einkehr geordneter Verhältnisse, Erziehung der 
Eingeborenen zum Gehorsam und zur Arbeit in 
erster Linie durch Anlage eines gesicherten Handels- 
weges erscheint mir unbedingt erforderlich. Dieser 
würde wohl am besten von Molundu über Ngato, 
Besam, Lomte nach Bidjum und dann welter nach 
Akone-Linga führen zwecks Anschluß an den Niong, 
der von hier bis zu den Tappenbeck-Schnellen schiff- 
bar ist. Gleichzeitig würde dadurch einem Bedürfnis 
des Handels der Küstenfi tgegengek den, 
welche neuerdings von Jaunde und Lebandum aus 
in diese Gebiete vordringen. Durch die Unterwerfung 
Mbidemunkes von Jengone scheint mir die Ver- 
bindung mit Jaunde gesichert. 
Hierbel sei es mir gestattet, auf den Ausbau 
des anderen Handelsweges von der Kamerunküste 
nach dem Ssanga-Ngoko-Gebiet hinzuwelsen. Dieser
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.