Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

sie seien von Bidja und Bidjum zum Kriege ge- 
zwungen worden. Denselben wurde nach Entrichtung 
einer Strafzahlung von Elfenbein gestattet, in ihre 
alten Dörfer zurlickzukehren. 
Die in Lomie noch vorhandenen Produkte (570 kg 
Gummi und 80 kg Elfenbein) konnten durch das 
Eingrelfen der Expedition sämtlich gerettet werden. 
Dieselben wurden durch Träger der Expedition unter 
militärischer Bedeckung nach Besam geschafft. An 
Waren fehlten etwa 1000 Mk., die teils von Ein- 
geborenen gestohlen, tells durch die Unzuverlässigkeit 
des farbigen Personals der Gesellschaft abhanden 
gekommen waren. 
Inzwischen stellte ich Soldaten und die Ex- 
peditionsträger der Gesellschaft zum Transport von 
Produkten nach dem Sammelplatz in Ngato zur 
Verfügung und unterstützte dieselbe nach jeder Rich- 
tung hin auf das kräftigste. So ist es gelungen, 
den tatsächlichen Verlust an Waren und Produkten 
auf rund 10 000 Mk. zu beschränken, wovon etwa 
1000 Mk. auf Lomie und 9000 Mk. auf Bidium— 
Bldja entfallen. Am 1. Februar 1904 stand noch 
der Verlust eines Kapitals von 100 000 Mk. auf 
dem Spiele. Eine Entschädigung der Gesellschaft 
aus dem Aufstandsgebiete durch Stellung von Straf- 
arbeitern und Lieferung von Produkten seitens der 
beteiligten Eingeborenen wird sich ermöglichen lossen. 
Häuptling Lomie sprach die Bitte aus, die 
Faktorei bei seinem Dorfe wieder mit einem Welßen 
zu besetzen. Ich schrieb daher in diesem Sinne an 
den Direktor der Gesellschaft, Grafen von Schlippen- 
bach, welcher mittlerweile mit dem stellvertretenden 
Chef der Verwaltung, Preuß, in Besam eingetroffen 
war. Am 7. März trafen beide Herren in Lomie 
ein, außerdem der Hauptagent Schulze, welcher die 
Faktorei übernahm. 
Unter tunlichster Berücksichtigung der Wünsche 
der Gesellschaft „Süd-Kamerun" und im Ein- 
verständnis mit dem stellvertretenden Chef der Ver- 
waltung beschloß ich, über Bldjum bis an den oberen 
Dscha vorzugehen, wohin sich der Häuptling mit 
den Aufständischen zurückgezogen hat. 
Nach Niederwerfung des Wlderstandes hier 
beabsichtige ich zur dauernden Sicherung der Region 
einen provisorischen Posten anzulegen und von diesem 
aus die Ablösung der Besatzung des Ssanga—Ngoko= 
Gebietes zu regeln. Durch die Anlage dieses Postens 
würde es der Gesellschaft nicht nur möglich sein, 
ihre Handelsniederlassungen wieder zu eröffnen, 
sondern auch die Besetzung des zwischen Njong und 
Bertua einerseits und dem oberen Dscha ander- 
seits gelegenen, ziemlich unerforschten Njemlandes 
vorzubereilen und auszuführen. 
Eine weitere Aufgabe dieses Postens wäre die 
Eröffnung eines Weges nach Akone-Linga am 
schiffbaren Njong, Erkundung des oberen Dscha 
bis Balekumu, der hier größtenteils schiffbar sein soll, 
Sicherung der Handelsstraßen nach Bertua, nach 
Jukaduma und nach Kul—Molundu oder Matull. 
768 
  
Ich beabsichtige, persönlich bis zum Eintreffen 
von Ersatz in dem neu zu ercichtenden Militärposten 
zu blelben und dann mit den abgelösten Mannschaften 
über Akone-Linga oder den oberen Dscha abwärts 
zur Küste zu marschieren, gleichzeitig eine Erkundung 
dieser Wasserstraße sowohl als des Njong vornehmend. 
Auf diesem Wege würde ich auch das in Molundu 
lagernde und inzwischen durch die Expeditionsträger 
hierher zu schaffende Elfenbeln zur Küste bringen, 
wodurch ganz erhebliche Ersparnisse an Transport- 
kosten eintreten. Die Fracht usw. von Molundu bls 
Matadi beträgt rund 4000 Mk.; die Trägerkosten 
auf dem Landwege dagegen werden sich nicht höher 
als 1000 Ml. stellen. 
Am 10. März 1904 brach ich mit Herrn Preuß 
nach Bidjum auf, das ich am folgenden Tage er- 
reichte. Die Faktoreigebäude, ebenso Dorf Bidium 
waren von den Ausständischen niedergebrannt, die 
Gegend verlassen. Dasselbe Bild der Zerstörung 
bietet die Gegend von Bidja. Faktoreianlagen und 
Dörfer sind von den Eingeborenen selbst nieder- 
gebrannt. Ich betone ausdrücklich hierbei, daß die 
Soldaten strengen Befehl haben, kein Dorf zu zerstören. 
Zahlreiche, zur Aufklärung an den fünf Stunden 
entfernten Dscha und zur Sicherung der Wege ent- 
sandte Patrouillen hatten tellweise verlustreiche Ge- 
sechte. Eine unter dem farbigen Feldwebel Buari 
als linke Seitendeckung an den oberen Dscha ent- 
sondte Abteilung stieß auf zahlreiche Dörfer und hatte 
einen schweren Stand. 
Der Gegner hielt sich, in kleinere Abteilungen 
zersprengt, im Walde auf. Da die Mdsimus durch- 
weg ausgezeichnete Jäger sind und durch die Bagislis 
gut mit Nachrichten versehen werden, kann die Nieder- 
werfung des Aufstandes in dem äußerst schwierigen 
Gelände noch einige Zeit in Anspruch nehmen. 
Eine am 5. März 1904 von Dscha-Dorf nach 
Ebolowa mit Eilmeldung an das Kaiserliche Gou- 
  
vernement vorgetriebene Patrouille — drei Soldaten 
— ist am 20. März in Ebolowa eingetroffen und 
am 9. Mai früh wohlbehalten nach Bakinekoß (Ort 
Ngojul) zurückgekehrt. Das Verhalten derselben ver- 
dient alle Anerkennung. Auf dem Hinwege wurde 
sie zu einem zweitägigen Umwege dadurch veranlaßt, 
daß die bei Temo an der Lobo-Mündung sitzenden 
Stämme der Etjangs und Esumo mit der nach dort 
von Ebolowa vorgetriebenen Patrouille des Leutnants 
Jacob Ende März und Anfang April gefochten haben. 
Eine von mir Anfang April bis Bungoa aus- 
geführte Erkundung hat als wichtiges Resultat die 
Schiffbarkelt des oberen Dscha-Flusses von hier bis 
Bungoa (Hauptlinle Dscha) ergeben. Die Entfernung 
zu Land beträgt drei Tagemärsche. Aber auch unter- 
halb soll der Dscha-Fluß noch etwa drei Tage fahrbar 
sein bis zu einem Wasserfalle oberhalb der Lobo- 
Mündung. Häuptling Badom hat in meinem Auf- 
trage neun Kanus gebaut, auf welchen ich den Trans- 
port der Expedition teilweise auf dem Wasserwege zu 
bewerkstelligen gedenke.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.