Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

und der gewonnene Saft mit großen Mengen Sand 
gemischt. 
Ich habe jede Gelegenheit wahrgenommen, die 
Eingeborenen eingehend zu belehren und durch prak- 
tische Vorführung zu unterweisen. Aufgefallen ist 
mir, daß ich sogar bei Angestellten der handel- 
treibenden Küstenfirmen völlige Unkenntnis über die 
rationelle Gummigewinnung gefunden habe. 
Am 10. April erreichte die Expedition Bijeme, 
mit dem Chef gleichen Namens, einem Oberhäuptling 
der Maka. In feierlichem Aufzuge holte dieser mich 
ein und sorgte für Lebensmittel. Er versprach, 
seinen Unterhäuptlingen die Wünsche und Befehle 
der Regierung zu übermitteln und für Durchführung 
und Beachtung zu sorgen. Sein Auftreten machte 
gegenüber den Maka-Chefs, die ich bisher kennen ge- 
lernt hatte, einen vorteilhafteren Eindruck, wenn ich 
auch an seiner Macht Zweifel hege. Wie überall, 
so ist auch hier zu bedauern, daß den verständigen 
und loyalen großen Chefs fast jeder Einfluß auf 
die Unterhäuptlinge und die nötige Autorität ihren 
Leuten gegenüber fehlt. Bei der grenzenlosen Ver- 
logenhelt dieser Menschenfresser konnte ich über den 
Weg, den die Expedition des Hauptmanns Engelhardt 
Anfang 1903 genommen hatte, nichts erfahren, ob- 
wohl diese in unmittelbarster Nähe hier sich aufge- 
halten haben muß. 
Meinen Plan, den Niong zu erreichen und den 
Weg bis Akone-Linga zu Wasser zurückzulegen, 
mußte ich, so nahe am Ziele, leider aufgeben. 
In Bijeme empfing ich die Nachricht, daß etwa 
drei Tage südlich ein Weißer von den Eingeborenen 
hart bedrängt würde, man hätte bereits fünf seiner 
Leute ermordet und beabsichtige, die Faktorel aus- 
zuplündern. In drei Tagen erreichte ich den An- 
gestellten der Firma Woermann & Co., Freiherrn 
v. Cloedt; dieser ersuchte um Unterstützung. 
In dem Babism-Dorfe Wolo, woselbst sich eine 
größere Faktorel befindet, wurde zunächst festgestellt, 
daß der Faktorelarbelter Elé in einem Ausbau 
dieses Dorfes bei einem Streite von dem Ein- 
geborenen Sakussi erschossen worden ist. Der Chef 
Wolo lleferte den Mörder aus, nachdem er zuvor 
einen Sklaven als solchen bezeichnet hatte, und ver- 
sicherte, keinerlei räuberische Absichten oder Feind- 
seligkeiten gegen die Handeltreibenden vorgehabt zu 
haben, er bat, aus dem Geschehnis nicht Schlüsse 
auf die Gesinnung seiner gesamten Leute zu ziehen, 
und verpflichtete sich zur Zahlung eines Elfenbein- 
zahnes. Wenn ich auch in die Ehrlichkeit dieses 
Mannes, der keinen sehr Vertrauen erweckenden 
Eindruck macht, einigen Zweifel hege, so konnte ich 
mit der Bestrafung des Mörders die Angelegenheit 
hier als erledigt ansehen. Nach erfolgter ernstlicher 
Vermahnung der Eingeborenen marschierte ich am 
anderen Tage nach Geleba, wohin ich die Bamwele- 
Häuptlinge zur Erledigung der Diebstahlsaffäre ge- 
laden hatte. 
Zu der Versammlung waren sämtliche Chefs 
774 
mit etwa 500 Mann erschienen. Nachdem ihnen 
der Willen der Regierung zu erkennen gegeben und 
die dem Neger etwas unklaren Begriffe über Mein 
und Dein auseinandergesetzt, versprach der Häuptling 
Mba, in dessen Dorf der Diebstahl vorgekommen, 
die Waren und Produkte zu vollem Werte zu er- 
statten. Von einer etwa beabsichtigten röuberischen 
Unternehmung gegen die Faltorei konnte ich nichts 
feststellen. Als Beweis ihrer dauernden Freundschaft 
brachten die Chefs einzelne Leute zu Arbeits= und 
Trägerzwecken. 
Am 17. marschierte die Expeditlon durch die 
dicht bevölkerten Dörfer der Bamwele, überall mit 
reichlichen Geschenken usw. bedacht. Der etwa sechs 
Stunden weite Weg war fast durchweg gut ge- 
reinigt, die Gewässer überbrückt. In dem Grenz- 
dorfe Lobulo-Bamwele trat ich mit dem Basiemsa- 
Stamm in Verbindung, bei denen ein anderer 
Arbeiter der Faktorei Woermonn & Co. ermordet 
worden war. Der recht vernünftige Bamwele-Chef 
Njolo übernahm es, die Dorfältesten der angrenzenden 
Stämme der Basiêmsa, Bamejuo und Basiöb zur 
Verhandlung zu bringen. Während die Basiêmsa- 
Chefs, die schon vorher freiwillig einen Teil der ge- 
raubten Waren abgeliefert hatten, erschienen, wurde 
die diesseitige Aufforderung von den übrigen 
Stämmen verhöhnt. Die Basiömsa sowohl wie die 
Bamwele erklärten, daß die Ermordung wohl in 
der Nähe des Basiömsa-Dorfes Ekomu passierr 
wäre, indessen wären Leute dieses Stammes nicht 
daran beteiligt gewesen, vielmehr hätten dlie be- 
nachbarten Basisb und Bamejuo, die schon früher 
drel Träger der Karawane der Firma Randad & 
Stein (Herr Dunkhorst) ermordet und beraubt 
haben sollen, den Leuten des Freiherrn v. Cloedt 
im Busch aufgelauert, einen Mann erschossen und 
sämtliche Waren und Produkte der entlaufenen 
übrigen Träger geraubt und vertellt. Sie liefern 
einen Elfenbeinzahn und ein Weib, das ich bei der 
Glaubwürdigkeit der Leute wieder zurückgab. Es 
wird ihnen die Reinigung des Weges bis an ihre 
Grenzen aufgegeben, von deren tadelloser Aus- 
führung ich mich überzeugen konnte. Als die wirk- 
lich anerkennenswerten Bemühungen des Chefs 
Niolo, die Basisb und Bamejuo zur Vernunft zu 
bringen und zur friedlichen Bellegung der Mord- 
und Raubangelegenhelt durch Verhandlung mit mir 
zu bewegen, keinen Erfolg hatten, sandte ich noch- 
mals einen kundigen Eingeborenen, dessen Bruder 
in dem Hauptdorfe der Bamejuo-Adjela verheiratet 
war, mit einer schriftlichen Aufforderung an den 
Chef Nduo (Suo), vor mir zu erscheinen. Der 
Bote brachte in derselben Nacht den Brief, in 
Stücke zerrissen, zurück. Das Räubervolk hatte sich 
schon lange in Adjela gesammelt und zum Kriege 
gerüstet. Ich mußte deshalb mir den Gehorsam 
mit Gewalt erzwingen. Am 19. kam es bei Adjela 
zu einem heißen Gefecht. Der Gegner, etwa 
500 Mann stark, hatte vor dem Dorfe hinter einer
	        
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