Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

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selbst die 1. Kompagnie der Kaiserlichen Schutztruppe 
zum Schutze und zur Sicherheit der Eingeborenen 
unterzubringen, hatte ich den Beginn meiner Musgum- 
Reise auf Anfang Februar festgesetzt. Für den 
Termin der Abreise war der Umstand maßgebend, 
daß das zum Musgum-Land führende Wiesengelände 
bei Ngundeni-Diina, welches die 1. Kompagnie erst 
einen Monat vorher von Südosten nach Osten in 
60 Kanus durchfahren hatte, erst von Anfang Fe- 
bruar an passierbar sein sollte. Diese Angaben er- 
wiesen sich als richtig; denn oft bis zu den Hüften 
im Wasser der kleinen Kanäle und Bäche watend, 
wurde diese Strecke gerade schon als gangbar be- 
funden. Was die einzuschlagende Richtung des Vor- 
marsches anbetrifft, so war nach den Verbindungen 
und Auskünften, die man aus dem Musgum-Lande 
bis dahin erhalten hatte — Ende Januar war der 
Häuptling aus Tekele in Kusseri gewesen — beab- 
sichtigt, bis nach der Stadt Musgum auf dem linken 
Ufer des Logone zu marschieren, hier den Logone 
zu überschreiten und dann am rechten Ufer entlang 
bis zur französischen Grenze vorzudringen bezw. bei 
Dülüm dem Laufe des Ba-Ili zu folgen und in das 
Gebiet zwischen Schari und Logone hineinzustoßen. 
Alles übrige sollte dem Gange der Ereignisse über- 
lassen bleiben. 
Am 8. Februar 1904 brach ich mit fünf Reitern, 
10 Fußsoldaten und 60 Gulfei-Trägern von Kusseri 
nach Karnak-Logone auf, traf dortselbst am 9. ein 
und vereinigte mich mit der 1. Kompagnie. Am 11. 
brach die Expedition in der Stärke von 4 Euro= 
päern, 84 Soldaten und 180 Trägern, vom Sultan 
von Karnak-Logone weit begleitet, nach Musgum auf. 
Vom 11. bis 14. ging es auf dem mir von der 
Expedition mit Oberst Pavel her teilweise schon be- 
kannten Wege bis Tekele vorwärts; teilweise durch 
Dornen, dann wieder durch reiterhohes Gras, ost bis 
an die Hüften im Wasser der kleinen Gewässer. 
Durch Farmen und an kleinen Dörfern vorbei führt 
hier der Weg, den Lage-Matla mehrmals kreuzend 
über Hilane—Agundeni—Djina auf Tekele zu. 
Alle drei Städte sind Logone-Städte, mit hohen 
Mauern umgeben, und, was Einwohnerzahl anbetriftft, 
ungefähr gleich groß, wobel wohl Dü#na die übrigen 
etwas übertreffen dürfte. Die Aufnahme war überall 
eine vorzügliche, und es herrschte große Freude, daß 
nun endlich den Streifzügen der Musgus ein Ende 
bereitet werden würde, unter denen diese Grenzstädte 
naturgemäß am meisten zu lelden hatten. 
Tekele, die erste Niederlassung der Musgus, liegt 
in elnem großen Halne von Delebpalmen, die sich 
hier buschartig in einer langen Linie auf viele Kilo- 
meter weit hinziehen. Die schlanken, hohen Palmen 
mit den sauberen Häusern darunter boten einen 
eigenartigen Anblick, den wir aber erst in seinem 
ganzen Reiz am Logone kennen lernen sollten. 
In Tekele gewannen wir die erste Fühlung mit 
den Musgus. Die kußerst saubere, geräumige, be- 
queme und kunstvolle Bauart ihrer zuckerhutförmigen 
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Hütten, die runden, etwas über talergroßen mit 
Zinn belegten Holzscheiben, die sich die Weiber un- 
schönerweise in die Ober= und Unterlippe einklemmen, 
sowie ihre kleinen, struppigen Pferdchen mit der be- 
kannten Druckstelle auf dem Rücken sind zu oft schon 
besprochene Eigentümlichkeiten jener Stämme, um 
näher darauf einzugehen. Nur zwei Nebensächlich- 
keiten möchte ich berichtigen, nämlich einmal, daß diese 
Rückenwunde der Pferde, nicht wie Barth behauptet, 
absichtlich erzeugt wird, sondern von dem starken 
Drucke des nackten Reiters, der ohne Sattel und 
Decke auf dem bloßen Pferde sitzt, erzeugt wird 
und dann, daß nicht, wie Nachtigal erzählt, der 
Eingang zu den zuckerhutförmigen Häusern der 
Musgus auch von obenher stattfindet. Letztere irrige 
Anschauung ist wohl dadurch entstanden, daß die 
Musgus die oft 6 bis 7 m hohen, von außen an 
den Wulsten leicht zu ersteigenden Häuser als Auslug 
beim Herannahen einer Karawane benutzten und dann, 
sobald ihnen dieselbe nahe genug gekommen zu sein 
schien, naturgemäß an der entgegengesetzten Seite 
herunterstiegen, wobei wohl der Anschein erweckt 
wurde, als wenn der Körper im Hause verschwände. 
Im übrigen verweise ich auf die heute noch 
völlig zutreffenden Schilderungen und Beschreibungen 
Barths über Musgum-Verhältnisse. 
In Tekele trafen im Laufe des Tages die Häupt- 
linge von Massara, Ngamssi, Ngulmen und Goapam 
ein, die alle ihre Unterwürfigkeit bezeugen wollten — 
solange sie die Furcht und die Hoffnung auf ein 
Geschenk dazu trieb. 
Am 15. Februar verblieb die Expedition noch in 
Tekele, um Besprechungen mit den Häuptlingen ab- 
zuhalten, ihnen die friedlichen Zwecke der Expedition 
vorzuhalten, die Absichten der Regierung auseinander- 
zusetzen und auch damit nicht zurückzuhalten, daß im 
Falle weiterer Klagen über ihre Plündereien sie sich 
strenger Bestrafung aussetzen würden. Unter Aus- 
teilung kleiner Geschenke und großer Freundschafts- 
und Friedensbezeugungen wurden diese Verhandlungen 
geschlossen. 
An diesem Tage zog auch in den Morgenstunden 
ganz dicht bei der Stadt eine große Elefantenherde 
vorüber, deren Vorkommen ich in dieser Zeit der 
großen Hitze und des Fehlens jeglicher Waldungen 
wegen hier nicht für möglich gehalten hätte. 
Die Verhältnisse in diesem nördlichsten Vorläufer 
der Musgus wurden so belassen, wie sie vorgefunden 
wurden. Der Mati-scheba-as-bada von Tekele ver- 
blieb als Oberhäuptling über die Orte Tekele, Jao- 
wei, Kocha und Gampo und fieht direkt unter der 
Residentur. Ein Unterstellen unter den Logone- 
Sultan würde verfehlt sein, das erkannte ich nur zu 
bald, da eine zu große Feindschaft zwischen den 
beiden Nachbarn infolge der seit langen Jahren 
gegeneinander ausgefochtenen Fehden besteht: Be- 
drückungen, Ungerechtigkeiten und die Lust, Vergel- 
tung zu üben, würden an der Tagesordnung sein. 
 
	        
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