Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

richtigt waren, läßt sich wohl vermuten, daß die 
Har-Leute die stille Hoffnung hegten, daß uns die 
Soinda-Leute, oder umgekehrt, Schwierigkeiten be- 
reiten sollten. Dic Soinda-Leute hatten es jedoch 
vorgezogen, sich in den Busch zurückzuziehen und uns 
ihre Dörfer zu überlassen. So lagerten wir dann 
gegen Mittag in Ngumela und erkannten erst abends, 
nach Konstruktion der Route, welch großer Umweg 
uns ausgezwungen war. Die Soinda-Völker sind 
wegen ihres Pfeilgiftes, welches sie führen, welt und 
breit gefürchtet, so daß sich ihnen auch die räuberischen 
Padja-Fullas nicht zu nahen wagen. 
Die Ortschaft Ngumela mit nur wenigen Wasser- 
löchern machte einen vorteilhaften Eindruck, da man 
überall eine reiche Betätigung der Eingeborenen sah. 
Umfangreiche, frisch aufgeführte Mattenfenzen oder 
noch im Bau begriffene, große schöne Kornbehälter, 
saubere Hütten — alles dies zeugte von großer Be- 
triebsamkelt und emsiger Tätigkeit; Korn und Erd- 
nüsse in Menge gaben reichliche Verpflegung und 
an Futter für die Pferde war kein Mangel. Es 
war bedauerlich, daß wir der vorgerückten Tageszeit 
und durch unseren vorher bekannt gegebenen Anmarsch 
nicht in der Lage waren, mit den gewiß nicht un- 
interessanten Eingeborenen in Berührung zu kommen, 
aber da wir uns wahrscheinlicherweise im franzö- 
sischen Gebiet befanden, wollten wir unseren Auf- 
enthalt auch nicht unnötig ausdehnen. Erst in später 
Abendstunde gelang es, elnes Weibes und eines 
Mannes habhaft zu werden, die uns, wenn auch mit 
Schwierigkeiten infolge einer neuen Sprache, etwas 
Auskunft geben konnten. Danach erstrecken sich die 
Soinda-Leute von Ngumela in nordwestlicher Rich- 
tung und sollen dort in dicht besiedelten, reichen 
Städten wohnen. 
Unsere Absicht, am 7. März einen Tell bieser 
Orte zu berühren, wurde wiederum durch die falsche 
Führung jenes einzelnen Mannes vereitelt, der nichts 
Elligeres zu tun hatle, als uns aus seinem Lande 
hinauszuführen. Dieser Verlogenheit ist man mit 
einer Expedition von 300 Köpfen ziemlich machtlos 
gegenüber, wenn einen nicht die bestimmte Absicht 
zwingt, die vom Führer nicht gewünschte Richtung 
elnzuschlagen. Hier sollte es wieder Mangel an 
Wasser sein, der uns zwang, der nicht gewollten 
Richtung zu folgen und dessen Wahrheit zu ergründen 
ich doch für zu riskant hlelt, zumal es an den 
wenigen Wasserlöchern in Ngumela gerade bis zum 
Abend möglich gewesen war, alle Ansprüche zu 
befriedigen. 
So zogen wir denn am 7. März anfangs durch 
unbewohnten Busch, die Grenze zwischen den Solndas 
und Wuljias, durchschritten dann Mapei, einen nicht 
unbedeutenden Ort der Mapa-Leute, deren Gebiet 
wir elgentlich durchziehen wollten, und erreichten 
gegen Mittag die weitausgedehnte Landschaft Tugum, 
in der wir an einem Ngaldjam unter schattigen 
hohen Bäumen einen angenehmen Rastplatz fanden. 
Am 8. März wurde hier Ruhetag gemacht und 
  
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die Expedition wieder mit Flußpferdflelsch versehen; 
Tsige lag nur in kurzer Tagesmarsch = Entfernung 
östlich von uns, so daß wir demnach durch falsches 
Führen zwei Tage verloren hatten. Bel ernsten, 
kriegerischen Situationen ist dieser unbeschreiblichen 
Verlogenheit und Hinterlist besondere Aufmerksamkelt 
zu widmen, da sie imstande sind, einer Expedition 
ernstliche Schwierigkeiten in den Weg zu legen. 
Am 9. März zogen wir in näördlicher Richtung 
durch das Gebiet der Wuljias weiter, bestrebt, auf 
kürzestem Wege den Logone in der Richtung auf 
den Gumel-Bezirk zu überschrelten und an den Schar! 
zu gelangen. Wir durchschritten so die Ortschaften 
Nulei-Tabon und Kakoi, wo wir auf einen Lager- 
platz Dominiks stießen, der mir als solcher von den 
Dominik seinerzelt auf diesem Marsche begleitenden 
Soldaten gezeigt wurde; dann berührten wir uner- 
wartet bel Massa den Logone, zogen eine Strecke 
durch mit Dornen besetzte Grassteppe und erreichten 
gegen Mittag Wuda-Wuda, wo wir Halt machten. 
Auch hier dieselben Verhältnisse wie am rechten 
Ufer. Wohlhabende Landschaften, in denen nur der 
Charakter des Weilerartigen mehr hervortritt, indem 
stets 6 bis 20 Hütten zu einem Gehöft vereinigt 
und meist mit einer Dornenhecke umgeben find. 
Wassermangel machte sich auch hier etwas fühlbar, 
jedoch reichten die vorgefundenen Wasserlöcher gerade 
für den Bedarf aus. 
Am 10. März gelangten wir nach anstrengendem 
Marsche unter Kreuzen des Weges nach Daana nach 
Tsebe, von wo wir unseren Ubergang über den 
Logone bewerkstelligen wollten. Unterwegs wurde 
Nachricht an den Posten Bongor gesandt, dessen 
Führer am Abend in Tsebe eintraf und über die 
ersten Einrichtungen in Bongor nur gutes zu be- 
richten wußte. 
Am 11. März versuchten uns die Führer aus 
Tsebe anfangs an einer völlig unpassierbaren Stelle 
durch den Logone zu führen, da aber die dortige 
Gegend uns nicht mehr unbekannt war, gelang es 
uns bald, dle Furt zu finden, die man uns schon 
am 27. Februar verheimlicht hatte, und nach Gabass 
zu marschieren. Während des Ubersetzens erhielt ich 
noch Nachrichten vom französischen Posten aus Lai, 
der zu meinen Vorschlägen seine Zustimmung gab 
und zusagte, sich in nächster Zeit mit dem Posten- 
führer Bongor in Verbindung zu setzen. Von Gabass 
aus ging es durch das reiche Bagerei nach Galobege. 
Beides sind große, namentlich an Kleinvieh relche 
Ortschaften, die einen äußerst wohlhabenden Eindruck 
machten. Uberhaupt ist das rechte Logone-Ufer 
dichter besiedelt als das linke, und das Gebiet zwischen 
Logone und Ba-Ili in der Gumalgegend bildet eine 
einzige reich angebaute Niederlassung. Die Berüh- 
rung mit den Emgeborenen wurde im allgemeinen 
überall hergestellt. Während der Marschpausen und 
bei allen sich sonst bietenden Gelegenheiten wurden 
die zusammenlaufenden und zusammengerufenen Leute 
mit dem Zwecke und den Absichten der Expedition
	        
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