Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

des Feindes benutzend, die Feste im Sturm; sie 
blieb bis zum 21. Oktober mit der ganzen Kompagnie, 
in der Folgezeit mit einzelnen Posten besetzt. Das 
Ngolim-Volk wurde gänzlich zersprengt; der Häupt- 
ling selbst jedoch mit einer verhältnismäßig geringen 
Zahl Versprengter hatte sich in die Höhlen der Feste 
flüchten können, von denen aus er der Kompagnie 
bei den in den nächsten Tagen folgenden Patrouillen= 
gefechten noch empfindliche Verkuste beibrachte, ob- 
gleich auch auf feindlicher Seite die Verluste täglich 
wuchsen. 
Nach diesseits erfolgreichen Patrouillengefechten 
am 22. und 23. Oktober begann der Feind am 
24. Oktober um Frieden zu bitten, was aber daran 
scheiterte, daß er die Räumung des Berges als 
Kapitulationsbedingung stellte. Er lleß sich sodann 
am 26. Oktober im Verlauf der Verhandlungen 
zum Verrat an einem Soldaten hinreißen, (der 
allerdings durch den Schneld des letzteren miß- 
glückte), worauf die Verhandlungen abgebrochen und 
Ngalim als Verräter für vogelfrei erklärt wurde. 
Trotz der großen Vorteile, welche die Kompagnie 
durch ihr Vorgehen am 20. Oktober und den 
solgenden Tagen errungen hatte, und trotz der täg- 
lichen Verluste beim Feinde, hielt Ngalim seine 
Höhlen und Grotten mit einer unglaublich zähen 
Ausdauer, welche nur in der Tiefe und Sicherheit 
der letzten feindlichen Zitadelle, wie sie nach dem 
Sturm am 3. November vorgefunden wurde, ihre 
Erklärung fand. 
Am 26. und 29. Oktober fanden größere, außer- 
dem täglich kleinere Patrouillengefechte an den Ver- 
bindungslinien statt, wobei der Feind stets Verluste 
an Toten, Gefangenen, Pferden und Rindvieh (gleich- 
falls in den Grotten geborgen) hatte. Den beab- 
sichtigten Sturm auf die letzte Zitadelle des Feindes 
mußte jedoch die Kompagnie aus Mangel an Munition 
vorderhand bis zum Eintreffen der beantragten Er- 
gänzung aufschieben. Als diese am 2. November 
nebst dem 3.7 cm Schnellfeuergeschütz eingetroffen 
war, wurde am 3. November 6 Uhr vormittags 
zum Sturm geschritten. 
Dem großen morallschen Eindruck, den das 
Granatfeuer des Geschützes auf den Feind machte, 
war es wohl zu danken, daß derselbe den Sturm- 
kolonnen, die ihn von der Süd= und Ostseite packten, 
keinen ernstlichen Widerstand mehr entgegensetzte, 
sondern elligst die Stellung räumte und die Flucht 
ergriff. Auch dem Häuptling selbst gelang es, auf 
unbekanntem Pfade durch die Felsklüfte zu ent- 
kommen. Der Feind verlor nur einen Toten; die 
Kompagnie hatte nur einen Leichtverwundeten. Um 
9 Uhr vormittags war die Feste vom letzten Feind 
geräumt, die Höhlen abgesucht, fünf Pferde, sechs 
Rinder, Lebensmittel und Hausgerät erbeutet. 
Der Gesamtverlust der Kompagnie aus allen 
Gefechten betrug an Soldaten: zwei Tote, fünf 
Schwerverwundete, darunter Lt. Achenbach selber, 
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drei Leichtverwundete, außerdem tot: ein Soldaten- 
junge, sowie verwundet: zehn eingeborene Bogen- 
chũtzen. 
Beim Feind wurden 17 Tote gezählt, darunter 
Agalims Sohn; die Verluste an Verwundeten sollen 
sehr bedeutend sein, welche Aussage der Gefangenen 
durch die Blutspuren bestätigt wird. Es wurden 
vier Gefangene gemacht. An Beute wurden ins- 
gesamt eingebracht: 13 Pferde, 95 Stück Rindvieh, 
10 Stück Kleinvieh, Waffen, Lebensmittel und 
Hausgerät. 
Die Feste wurde dem sehr zuverlässigen Djauro 
Sambolaba (Fullah-Unterhäupiling von Banjo) als 
dauernder Besitz übergeben und von ihm sofort be- 
setzt, um Ngalmm damit die Möglichkelt etwaiger 
späterer Rückkehr in seinen festen Platz zu nehmen. 
Ngalims sichere Stellung ist mit seiner Feste, 
von der aus er bisher seine Räubereien ungestraft 
hatte vollführen können, gebrochen. Eine ähnlich 
starke Feste, welche, bei moderner Kriegführung von 
einem Europäer verteidigt, außer durch Hunger für 
uneinnehmbar gelten müßte, besitzt er nicht mehr, 
und dürfte der Aufenthalt in seinem eigenen Land 
ihm vielleicht schon jetzt unmöglich erscheinen. 
Die Kompagnie wird in der nächsten Zeit vom 
umliegenden Land Ngalims Besitz ergreifen und auf 
den Flüchtling fahnden. Ob letzteres von Erfolg 
begleitet seln wird, erscheint zweifelhaft, da Ngalim 
kemeswegs mit den Fullahstaaten Tibati und 
Tenger so verfeindet ist, wie diese die Regierung 
bisher glauben machten, und es daher fast mit Sicher- 
heit anzunehmen sein wird, daß er dort Unter- 
schlupf findet. 
— 
Wissenschaftliche Sammlung. 
Leutnant Arnold Schultze vom Feldartlllerie- 
Regiment General-Feldzeugmeister (1. Brandenbur- 
gischen) Nr. 3, kommandiert zur Dienstleistung beim 
Ersenbahn-Regiment Nr. 1, hat dem Zoologischen 
Museum in Berlin 22 Vogelbälge und 10 Schmetter- 
linge, welche von ihm im Tschadsee Geblet gesammelt 
worden sind, als Geschenk überwiesen. Die Vogel- 
sammlung ist deshalb ganz besonders wertvoll, weil 
sie aus einem Gebiet stammt, in dem bisher erst 
wenig gesammelt worden ist. Die Sammlung läßt 
das faunksche Gepräge des Gebiets klar erkennen 
und zeigt, daß im Westen des Tschadsees eine 
Ülbergangszone zwischen der west= und ostafrikanischen 
Fauna besteht, wo westliche und östliche Formen sich 
mischen, wenngleich die rein westlichen noch vorwiegen. 
Die Schmetterlinge bilden eine wertvolle Be- 
reicherung der entomologischen Abteilung des 
Museums. 
 
	        
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