Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

die Missionare konnten es bezeugen, daß manch einer 
es im Schreiben und vor allem in der Kenntnis 
der biblischen Geschichte mit dem Kinde einer guten 
deutschen Dorfschule aufnehme. Das geistige Niveau 
der Schuljugend ist offenbar gehoben, und mit ihr 
wächst ein anderes Geschlecht heran. 
  
Rus fremden Rolonien und 
Produktionsgrbieken. 
Dersuche mit kantschukliefernden Pflanzen in der 
Goldkülstentolonie und in Sierra Leone. 
Seit einer Relhe von Jahren zeigt die Ausfuhr 
von Kautschuk aus den britischen Besitzungen in 
Westafrika eine stetige und starke Abnahme. Es ist 
dies die Folge des jahrelang betriebenen Raubbaues, 
der zunächst ein rasches Anschwellen der Ausfuhr- 
ziffern mit sich brachte. So stieg in der Gold- 
küstenkolonie die Kautschukausfuhr von 70 (engl.) 
Pfund im Werte von 1 2 im Jahre 1882 auf 
5 984 984 Pfund im Werte von 551 667 &E& im 
Jahre 1898. 1903 betrug sie dagen nur noch 
2 258 981 Pfund im Werte von 196 500 K, nach- 
dem sie in den beiden vorangegangenen Jahren einen 
noch niedrigeren Stand gehabt hatte. 
Beinahe alle kautschukliefernden Pflanzen an der 
Goldküste und sogar sieben bis zehn Tagereisen 
landeinwärts sind dem Raubbau zum Opfer gefallen. 
Das Bestreben der Regierung ist nun natürlich 
darauf gerichtet, dlese Einbuße durch Neuanpflanzung 
von kautschukliefernden Pflanzen wett 4 machen. 
Von den sechs allgemein als die wertvollsten ange- 
sehenen Pflanzen dieser Art eignet sich die west- 
afrikanische Landolphia owariensis beshalb nicht 
zum Anbau im großen, weil sie als Schlingpflanze 
eine Stütze erfordert und ihre Anpflanzung außer- 
ordentlich schwierig ist. 
Von den übrigen fünf Pflanzen, sämtlich Bäumen, 
sind Manihot Glaziovii (Ceara) unb Ficus 
elastica (Assam) im botanischen Garten zu Aburi, 
wo sie seit mehr als zwölf Jahren angebaut werden, 
gut gediehen, sie haben jedoch trotz wiederholter 
Anzapfungsversuche keinen Ertrag gewährt, der auch 
nur die Erntekosten deckte. 
Die mittelamerikanische Castilloa elastica ist in 
demselben botanischen Garten entweder eingegangen 
oder nur unbefriedigend gediehen, sei es, daß das 
Klima, sei es, daß andere Bedingungen ihr nicht zu- 
sagten. Insbesondere hatte sie auch durch die 
Larven eines langhornigen Bohrkäfers (Inesida 
leprosa) zu leiden. 
Befriedigende Ergebulsse sind lediglich mit den 
beiden verbleibenden Bäumen, der westafrikanischen 
Funtumia elastica und vor allem mit Heven 
brasiliensis (Para) erzielt worden. 
Wmntumia elastica, von den Eingeborenen der 
Goldküste „Ofruntum“ und wissenschaftlich anfänglich 
192 
  
Kickxia africana genannt, wurde 1896 in dem 
botanischen Garten zu Aburi ausgepflanzt. Die 
Pflanzen waren damals etwa zwei Jahre alt. 
1901 wurde versuchsweise ein Baum angezapft, 
der zu dieser Zeit etwa 7½ m hoch war und etwa 
1 m über dem Boden einen Stammesumfang von 
48 cm besaß. Das Ergebnis war ¼ Pfund eng- 
lisch (— 0,113 kg) trockenen Kautschuks. Der 
Baum verlor jedoch kurz nach dem Anzapfen so gut 
wie alle Blätter und jungen Zweige und hat sich 
arsh in den belden folgenden Jahren nicht ganz 
erholt. 
Ein zweiter Anzapfungsversuch an vier anderen 
9 Jahre alten Bäumen im Jahre 1908 ergab nur 
einen Durchschnittsertrag von 1 Unze (— 0,028 kg) 
trockenen Kautschuks, das Anzapfen blieb allerdings 
auch ohne üble Nachwirkung für die Bäume. Ein 
dritter Versuch mit einem gleichalten Baume im 
Jahre 1903 ergab 2 Unzen trockenen Kautschuks. 
Das einzige Insekt, das nach den bisherigen 
Beobachtungen in Aburi dem Baume ernstlich ge- 
fährlich ist, ist eine Motte, Glyphodes ocellata 
(Hampton), die ihre Eier auf die Blätter legt. Die 
dort ausgekrochenen Raupen verzehren sehr rasch 
alle Blätter und das junge Holz der Bäume. 
Wiederholte Behandlung mit Kalk und Asche 
gewährt Abhülfe. 
1893, 1999 und 1900 sind in Aburi An- 
pflanzungen von Hevea brasiliensis vorgenommen 
worden, in allen drei Fällen war das Wachstum 
der Pflanzen ein sehr rasches. 
1903 wurden vier 10 Jahre alte Bäume zum 
erstenmale angezapft. Das Ergebnis war 1 Pfund 
(engl.) ¾ Unze (— 0,475 kg) trockener Kautschuk 
von jedem Baume. Dabei haben die Bäume durch 
die Anzapfung anscheinend nicht im mindesten gelitten, 
Sehr wichtig ist ferner, daß Hevea brasiliensis 
bisher in Aburi sich besonders frei von Krankheiten 
gezeigt hat. 
Die von ihr gewonnenen Kautschukproben waren 
von hellerer Farbe als die von Funtumia elastica. 
Die von dem Regierungschemiker in Lagos vor- 
genommene chemische Analyse von zwel Proben 
Parakautschuk (Hevea brasiliensis [1 und 21 und 
einer Probe Kautschuk von Funtumia elastica (3) 
ergab folgendes Resultat: 
1 2 8 
Prozent Prozent Prozent 
Feuchtigkeit 039 ·0·57 136 
##sche 0,18 0,22 0)5 
#en .. 8,90 8,25 8,67 
autschuk. 95,58 95,96 89,53 
Auch hier zeigt sich Hevea brasiliensis nament- 
lich durch den geringeren Gehalt von Harz, daß den 
Kautschuk entwertet, überlegen. 
Nach dem Urteil von Hecht, Levis & Kahn, London, 
waren die beiden von ihnen untersuchten Proben 
Parakautschuk von Aburi von ausgezeichneter Qualität,
	        
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