Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

verhältnissen sowie der billigen Seen= und Bahnfracht 
zur Küste zu verdanken. Dieser Umstand erklärt auch 
die merkwürdige Erscheinung, daß Ausfuhrartikel, 
wie Erdnüsse, welche an der Küste infolge der hohen 
Produktionskosten nicht gepflanzt werden können, vom 
ee aus gewinnbringend exportiert werden. Die 
Löhne sind im Vergleich zur Küste sehr bilig. Ein 
Lohnarbeiter erhält pro Tag 4 bis 6 Pesa, ein 
onatsarbelter 2 bis 8 Rupien. 
Zur Ausfuhr gelangen aus deutschem Gebiet 
vorzugsweise landwirtschaftliche Produkle, wie Zlegen- 
selle, Ochsenhäute, Erdnüsse, Rels, Sesam, Baum- 
wolle, Butter (Samli) und lebendes Vieh, während 
aus dem britischen Gebiete (Uganda-Häsen) haupt- 
sächlich Kautschuk, Elfenbein, Uganda-Rinde, Häute, 
Chillies und Faserstoffe (Sansevieria und Raphia) 
ausgeführt werden. Die wild wachsende Sansevierio, 
welche in Europa gut bewertet wird (1 Tonne mit 
600 bis 700 Mk), kommt auch auf deutschem Gebiete, 
beziell im Bukoba-Bezirk vor, und stellt sich ihr 
instandspreis auf etwa 1 Rupien pro 15 lbs. Die 
ntfaserung erfolgt einstweilen in primitivster Weise 
urch Klopfen und Brechen der Blätter. Eme 
assengewinnung, die recht rentabel erscheint, hängt 
vor allem von praktlschen Entfaserungsmoschinen ab, 
welche bislang noch nicht im Gebrauch sind. Die 
an der Küste vorhandenen Sisalentfaserungsmaschinen 
iud für Sansevieria wegen der abweichenden Be- 
cchaffenheit und Struktur der Blätter nicht geeignet. 
5 habe versucht, die italienische Gesellschaft in 
ukoba für diese Kultur zu interessieren. 
Die Raophiapalme ist auf deutschem Gebiete selten. 
Olpalmen sind vor einigen Jahren in Muansa 
und Bukoba angepflanzt und gedeihen gut. 
Lianenkautschuk kommt in nennenswerter Masse 
ma See nicht vor, well es an großen Waldungen 
annngelt. Bedeutendere Kautschukausfuhren kommen 
U snahmslos aus dem waldreichen Ugondo-Gebiet. 
etw en Verkehr auf dem See vermitteln neben 
8 20 Dhaus, wovon allein 8 dem indischen 
vrroßfaufmann Alidina Visram gehören, 2 brittsche, 
Tonn ganda-Eisenbahn gehörige Dampfer zu je 600 
.W in mit je 220 Tonnen Laderaum (-Sybil“ und 
W*? deren Anschaffungskosten ohne Trans- 
aass le 20 000 8 betragen haben. Die Dampfer 
sin rechen allen Anforderungen der Neuzeit und 
ger# chch für den Personenverkehr vorzüglich ein- 
oachet. Sie laufen die deutschen Häfen alle drei 
Ein due die Uganda-Häfen wöchentlich einmal an. 
werdert ter Dampfer von 1000 Tonnen soll gebaut 
Die U . 
in ganda-Eisenbahn nimmt sich des Handels, 
aosenere auch des deutschen, in R E an. 
Tarifierntgegenkommen der Verwaltung hünsichtlich 
nichts uns und Verkehrserleichterungen läßt fast 
ladung 3, wünschen übrig. Zur bequemeren Ver- 
jeden H er Güter hat die Üganda-Eisenbahn für 
oder m asen, mit Ausnahme von Schira#, einen 
ehrere große elserne Leichter im Werte von 
237 
  
je 1000 K beschafft; im ganzen befinden sich hier- 
von zehn auf dem See, welche allein schon ein 
kleines Kapital repräsentieren. 
Wie sehr die Uganda-Elsenbahn bedocht ist, 
Handel und Verkehr zu heben, ergibt der Umstaond, 
doß der Station Muansa wiederholt Mittel und 
Materlolien zum Bau emes Piers und Zoll- 
lagerhauses angeboten wurden, auch hat sich die 
Verwaltung bereit erklärt, eine fahrbare Verbin- 
dungsstraße von Muansa nach Tabora zu bauen. 
Selbstverständlich entsprungen diese Anerbietungen 
rein kaufmänn'schen Erwägungen, denn mit Zunahme 
des Handels wächst die Rentabilität der Uganda- 
Bahn. Nach kaum 11/iährigem Bestehen soll sie 
die monatlichen Betriebskosten von 16 000 2 schon 
reichlich durch entsprechende Emnahmen decken. 
Die Perle am See, sowohl der Lage als auch 
der wirtschaftlichen Bedeutung nach, ist zweifellos 
nansa, und zwar aus dem Grunde, weill 
es die günstigsten Verhältnisse nicht nur am See, 
sondern wohl im ganzen Schutzgebiete besitzt. 
Das Hinterland ist durchweg fruchtbar, und reich 
an Menschen sowie an Vieh. Während der Osten 
mehr Ackerbau und Viehzucht treibt, beschäftigt sich 
der Westen in hervorragender Weise mit Eisen- 
industrie. Die Wassekuma sind die besten und ge- 
suchtesten Arbeiter in der Kolonte. Die Verkehrs- 
verhältnisse sind gut, der Hasen von Muansa läßt 
nichts zu wünschen übrig. Muansa hat heute schon 
den Verkehrsumfang des Küstenplatzes Pangani er- 
reicht und berechtigt zu den weitgehendsten Erwar- 
lungen, sofern das benachbarte Verkehrszentrum 
Tabora durch eine fahrbare Verbindungsstraße bzw. 
Kleinbahn angeschlossen wird. Die Entfernung be- 
trägt zehn Tage, die Straße führt durch fruchtbares 
und wasserreiches Gebiet. 
Auch sollte man necht länger zögern, das frucht- 
bare Nordgebiet des Tanganjika (Ussumbura) durch 
eine Fahrstraße an einen Südhafen des Sees 
(Ussissi oder Unembe) anzuschließen, sowie die großen 
Landschaften Urundi und Ruanda, deren Fruchtbar- 
keit und Relchtum bekannt sind, dem europischen 
Verkehr zu erschließen. Tsetse ist in diesen Gegen- 
den nicht vorhanden, weshalb auch Ochsenwagen- 
verkehr elngeführt werden könnte. 
Was die Lage von Muansa betrifft, so liegt es 
sehr malerisch an der gleichnamigen inselreichen 
Bucht. Die mit breiten Straßen zweckmäßig an- 
gelegte, etwa 700 Häufer enthaltende Stadt setzt 
unmutelbar an den See aon und zieht sich, von 
felsigen, mit Granitblöcken besetzten Hügeln und 
Bergkuppen umrahmt, in der Ebene hauptsächlich die 
Tabora-Straße entlang. 
Die Stadt, deren Einwohner auf 4000 geschätzt 
werden, macht auch einen sauberen und wohlhaben- 
den Eindruck; die meisten Häuser sind aus Ziegeln 
(gebrannte oder Lustzlegel) gebaut, welche die Station 
in einem großen Ringofen herstellt. (1000 Stück 
gebrannte Ziegel kosten 16 bis 18 Rupien.) Als 
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