1. Juli 1908 betriebsfähig zu übergeben. Nach
Ausarbeitung der Pläne auf Grund der erwähnten
Studienergebnisse wurde im Dezember 1904 das
Bau-Bureau in Daressalam eingerichtet und mit den
Vorarbeiten für die erste Teilstrecke angefangen. Der
erste Spatenstich wurde am 9. Februar 1905 von
Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Adalbert
von Preußen vorgenommen. Das gesamte für das
erste Baujahr erforderliche Bauinventar ist inzwischen
schon in Daressalam angelangt.
Die Verschiffung der für den Bau der Bahn
erforderlichen Materialien wurde der Deutschen
Ost-Afrika-Linie übertragen.
Um das Ausladen der Baumateriallen zu er-
leichtern, wird zur Zeit an Landungseinrichtungen im
Hafen von Daressalam gebaut; hierauf sollen weitere
Hafenanlagen folgen, darunter der Bau eines Lager-
hauses und eines neuen Zollgebäudes. Mit der
Deutschen Ost-Afrika-Linie sind wir über einen ge-
meinschaftlichen Betrieb nicht nur der Hafenanlagen,
sondern auch des Leichtergeschäftes im Hafen von
Daressalam zu einer grundsätzlichen Elnigung ge-
kommen. Da wir das Recht haben, rund 450 000 ha
Land in der Nähe der Bahnlinie kostenlos in Besitz
zu nehmen, so ist uns die Möglichkeit gegeben, aus
den verschiedensten Kulturen, die in unserem Schutz-
geblete nachweisbar günstige Resultate ergeben,
Nutzen zu ziehen. Besondere Beachtung verdienen
die günstigen Ergebnisse, die in Ostafrika mit Baum-
woll-Kulturversuchen erzielt worden sind. Es hat
sich insbesondere herausgestellt, daß die ägyptische
aumwolle, deren Akklimatisation in Amerlka, West-
afrika und Indien gescheltert ist, in Ostafrika ihre
wertvollen Eigenschaften, vor allem den langen und
seidenartigen Stapel, behält. Eine deutsch-ostafrika-
nische Baumwollprobe ist von der Liverpooler Baum-
wollbörse als: „the best Egyptian substitute ever
Produced“ bewertet worden, und auf der Welt-
ausstellung in St. Louis hat die ostafrikanische
aumwolle die goldene Medaille — die höchste für
aumwolle verliehene Auszeichnung — erhalten.
Da sich indessen die Kultur gegenwärtig noch im
allerersten Stadium ihrer Entwicklung befindet,
bleiben weitere Erfahrungen abzuwarten, ob die bis-
der nachgewiesenen sehr wertvollen Vorzüge dieses Pro-
M zur umfangrelcheren Anpflanzung führen
werden. Angesichts eines deutschen Baumwoll-
Awportes von beinahe 400 Millionen Mark jähr-
wäre dies überaus wünschenswert. Dagegen
hat sich in Deutsch-Ostafrika der Anbau von Sisal-
stahioen zur Gewinnung eines guten Hanfes tat-
n hlich bereits durch längere Erfahrungen als lohnend
rwiesen. Die Ausfuhr von Faserstoffen (und zwar
#an überwiegend Sisalhanf) belief sich auf:
34 529 kg im Werte von Mk. 83 319.— in 1901
6066 !76868 143 535.—. 1902
598 407 768—. 1908
9 Aller Voraussicht nach wird diese außerordent-
ch schnelle Steigerung weitergehen. Allerdings hat
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der Anbau bisher nur in den Küstendistrikten statt-
gefunden; einer Ausdehnung nach dem Innern stand
aber nur das Fehlen einer Transportmöglichkeit ent-
gegen. Nicht minder dürfen wir annehmen, daß die
alteingebürgerten einheimischen Kulturen von Ol-
pflanzen, wie Sesam und Erdnüsse, und von Ge-
treidearten und Hülsefrüchten, wie Hirse, Mais,
Bohnen usw., mit der Erbauung der Bahn einen
kräftigen Ausschwung nehmen werden. Wir haben
in dieser Beziehung das rasche Wachstum vor Augen,
das die Uganda-Bahn unter ähnlichen Verhältnissen
in ähnlichen Gebieten gebracht hat. Dort wurden
im zweiten Semesier 1903 bereits 2518 Tons ein-
heimischer Landeserzeugnisse befördert gegen nur
862 Tons im gleichen Semester des Vorjahres, und
der gesamte Außenhandel Britisch-Ostafrikas ist von
# 209 566 im Jahre 1895/96 — dem Jahre vor
Beginn des Bahnbaues — bis auf & 615 242 im
Jahre 1908/04 (ohne Reglerungsgüter) ange-
wachsen.
Bewirken wir — wie wir hoffen — durch
unser Unternehmen einen ähnlichen Aufschwung der
Gebiete, die unsere Bahn durchschneidet, so werden
wir dadurch nicht nur durch die Frachten, sondern
ouch durch die Wertvermehrung unseres Landbesitzes
Nutzen ziehen. Wegen Auswahl und möglichst an-
gemessener Verwertung unserer Länderelen haben wir
uns mit dem Kolonial-Wirtschaftlichen Komitee in
Verbindung gesetzt, das seit langem im gemein-
nützigen Interesse mit gutem Erfolge bemüht ist,
auf Grund sorgfältiger Untersuchungen fruchtbare
Anregungen zur wirtschaftlichen Hebung unserer
Kolonie zu geben. Wir machen uns und der
Kolonie damit auch die bisher von dieser Stelle
gesammelten Erfahrungen zunutze.
Im Einvernehmen mit der Regierung werden
wir ferner festzustellen suchen, welche Gegenden,
namentlich im Uluguru-Gebirge, für die uns ver-
liehenen Bergwerksgerechtsame die besten Aussichten
bieten. Im ganzen haben wir hierfür Anrecht auf
ein Gebiet von 115 000 ha.
Bis jetzt ist im Uluguru-Gebirge das Vor-
kommen von Glimmer und Eisenerzen festgestellt
worden. Die Glimmerproben werden im Vergleich
zu den aus andern Ländern stammenden als hoch-
wertig bezeichnet. Die Platten sind meist recht groß
und ohne schädliche Risse oder fremdartige Bei-
mengungen. Im westlichen Teile des Uluguru-
Gebirges wird die Mächtigkeit des Vorkommens
stellenwelse bis zu 20 m geschätzt. Kommt es in-
solge der Erbauung der Bahn auch nur an einigen
Stellen zu erheblicher Ausbeutung von Glimmer,
Eisenerzen oder anderen Bodenschäten, so werden sich
von selbst größere Ansiedlungen in der Nähe der
Industrie= oder Kulturzentren bilden.