Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

Zuchtvleh geäußert. An der Debatte beteiligten sich 
die Herren Hindorf und Dr. Scharlach. 
Der Etat der Palau, Karolinen und Marianen 
gibt zu einer Debatte keinen Anlaß, desgleichen der 
Etat von Samoa. 
Am Freitag verhandelte der Kolonialrat in der 
Vormittagssitzung über den Etat für Deutsch-Ost- 
afrika. In der Generaldiskussion regte Herr Dr. 
Max Schöller die Schaffung einer dritten richter- 
lichen Instanz in der Heimat an. Reglerungsseitig 
wird erwidert, daß, wenigstens zur Entscheidung über 
Rechtsfragen, die Schaffung einer höchsten Instanz 
hier in Deutschland als wünschenswert zu bezeichnen 
sel und daß Verhandlungen darüber schwebten. Bel 
Strafsachen, bei denen es sich in erster Linie um 
Aussagen eingeborener Zeugen handelt, werde sich 
dagegen eine höchste Instanz in Deutschland kaum 
empfehlen. 
Missionsdirektor Buchner macht auf das Zurück- 
gehen des Handels in den fruchtbaren Landschaften 
am Njassa-See und auf die Gefahren der Aus- 
breitung des Islam in Ostafrika aufmerksam und 
betont, wie notwendig es demgegenüber sei, den 
Eisen bahnbau im Schutzgebiet, insbesondere den Bau 
der Linie Kilwa—Wledhafen zu fördern. Was 
weiter zu tun sel, ergebe sich aus dem Umstande, 
daß der Islam in dem Kisuahelt eine Hauptstütze 
fände. Es sei anzustreben, an Stelle des Kisuaheli 
die deutsche Sprache zur lingua franca zu machen. 
Es würden zu diesem Behufe deutsche Regierungs- 
schulen zu verwenden sein. - 
Während der Debatte erteilte der Experte des 
Kolonialwirtschaftlichen Komitees, Herr Fuchs, Aus- 
kunft über seine Erfahrungen und Beobachtungen bei 
Bereisung der Straße einer künftigen Bahnlinie im 
Süden des Schutzgebietes. Von allen Seiten wird 
die Notwendigkeit des Bahnbaus betont, es wird 
aber von einer entsprechenden Beschlußfassung ab- 
gesehen. Dagegen wird ein Antrag dahingehend an- 
genommen: „Es möge die Regierung durch Ein- 
richtung entsprechender Schulen die Einführung der 
deutschen Sprache mehr als bisher in den Vorder- 
drund fitellen und darauf hinwirken, daß allmählich 
das Deutsche als Umgangssprache an Stelle des 
Kisuahell treten kann.“ 
Den Schluß der Generaldiskussion bildet eine 
Besprechung der Frage, ob sich eine Besiedlung 
Ostafrikas empfehle. Geh. Regierungsrat Simon 
macht auf die damit verbundenen Gefahren auf- 
merksam. Der Vorsitzende erwidert, daß die Ver- 
waltung sich der Verantwortung in der Sache wohl 
bewußt sei, und daß sie nur mit der äußersten Vor- 
sicht vorgehen werde. Vorläufig handle es sich um 
einen Versuch in kleinem Umfange, der von dem 
Grafen Götzen vorgeschlagen werde. Der Versuch 
werde von der Regierung durch vorbereitende Arbeiten, 
wie Wegebau, unterstützt werden. Die Mittel der 
eigentlichen Besiedlung würden von anderer Seite 
zur Verfügung gestellt. 
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In der Nachmittagssitzung folgte die Spezial= 
diskussion über den Etat von Deutsch-Ostafrika. 
Die Gegenstände der Debatte bilden die Bedeutung 
der Forstwirtschaft, auf die Professor Hans Meyer 
besonders hinweist, die Bekämpfung der Surrakrank- 
heit, über welche auf eine Anfrage des Herrn Stau- 
dinger der Oberstabsarzt Dr. Steudel nähere Aus- 
kunft erteilt, die Wasserleitung in Daressalam und 
die Frage des Ausbaues der Verkehrsmittel in dem 
Schutzgebiet. Die Herren Supf und Spinnerei= 
derektor Stark verbreiteten sich über die Wichtigkeit 
der Baumwollkultur auch in Ostafrika. 
Als letzter Punkt steht auf der Tagesordnung 
die Beratung des Entwurfs einer Kaiserlichen Berg- 
verordnung für Deutsch -Südwestafrika. An der 
längeren Generaldebatte beteiligten sich die Herren 
Geh. Bergrat Schmelßer, Dr. Scharlach, S. H. Herzog 
Johann Albrecht, Berner, Vietor und Staudinger. 
Herr Dr. Scharlach beantragt die Beratung noch 
auszusetzen, da es an der Zeit für eine gründliche 
Erwägung der schwierigen Fragen der Beteiligung 
der Grundeigentümer an dem Gewinn und der Be- 
ziehungen zwischen Gesetz und Gesellschaften fehle, 
während von den übrigen Rednern und regierungs- 
selitig für die Erledigung der Angelegenheit ein- 
getreten wird. In der solgenden Spezialdiskussion 
werden die einzelnen Paragraphen mit geringen 
Anderungen gutgeheißen. 
Zu Mitgliedern des ständigen Ausschusses des 
Kolonialrats wurden folgende drei Herren gewählt: 
Exz. v. Holleben, Oberverwaltungsgerichtsrat Berner 
und Staudinger. Zu Mitgliedern der Kommission 
für die landeskundliche Erforschung der Schutzgebiete 
wurden gewählt die Herren Schweinfurth, Schmeißer, 
Staudinger, Hans Meyer und Vohsen. 
  
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Personal · Nachrichten. 
Nach telegraphischer Nachricht aus Liezen in 
Steiermark hat dort am 15. d. M. der Kaiser- 
liche Gouverneur z. D., Major Dr. v. Wissmann 
durch einen Unfall auf der Jagd den Tod ge- 
funden. « 
Hermann v. Wissmann war am 4. September 
1868 in Frankfurt a. O. geboren. Er erhielt selne 
Erziehung im Kadettenkorps und wurde 1874 zum 
Leutnant in dem Meccklenburgischen Infanterie- 
Regiment Nr. 90 befördert. Im Januar 1881 
trat er zusammen mit Dr. Pogge von Loanda aus 
seine erste Forschungsreise in Afrika an, die sich bis 
Januar 1883 ausdehnte und auf der er Afrika 
von West nach Ost durchquerte. · 
Am 17. Dezember 1888 traf Wissmann wiederum, 
diesesmal als Leiter einer vom König von Belgien 
ausgerüsteten Expedition, in Afrika ein und trat 
von Malange aus am 16. Juli 1884 den Marsch 
in das Innere an. Im Juli 1885 erreichte die
	        
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