Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

Jedermann, der — selbst oder durch dritte — 
im Kongostaat mehr denn zehn Träger, Seeleute, 
Dienstboten oder landwirtschaftliche Arbelter anwerben 
will, bedarf hierzu eines besonderen Erlaubnisschelns 
von seiten des Generalgouverneurs oder eines von 
diesem bezeichneten Beamten. Der Erlaubnisschein, 
in welchem der Anwerbungsbezirk genau umgrenzt 
ist, hat stets nur Gültigkeit bis zum Ende des Jahres 
der Lösung. Unter gewissen Umständen kann er 
verweigert oder zurückgezogen werden; für die Er- 
teilung des Scheines sind, wenn er auf ein ganzes 
Jahr lautet, 100 Fr., auf ein halbes Jahr 50 Fr. 
zu bezahlen. Zur Ausfuhr von Arbeltern aus dem 
Staat ist unter allen Umständen noch eine besondere 
Genehmigung des Generalgouverneurs erforderlich. 
Jeder Angeworbene erhält ein auf seine Person 
ausgestelltes Dienstbuch. Werden Arbeiter für kürzere 
Zeit wie drei Monate und in Gruppen von nicht 
mehr als zwanzig durch einen Obmann angeworben, 
so wird das Dienstbuch generell auf den Namen des 
Obmanns ausgestellt. Die Rechte und Pflichten aus 
der Anwerbung bestimmen sich nach den bestehenden 
Gesetzen des Kongostaats über Dienstmiete zwischen 
Eingeborenen und Nichteingeborenen. 
Für die Ausstellung eines auf die Person des 
Arbeiters lautenden Dienstbuches sind 3 Fr., für ein 
generell dem Obmann ausgestelltes 60 Fr. zu be- 
zahlen. 
Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis 
500 Fr. in Verbindung mit Zwangsarbeit bis zu 
einem Monat bestraft; Auftraggeber haften in vollem 
Umfang für Vergehen ihrer Angestellten, sofern sie 
bei der Auswahl derselben die im Verkehr erforder- 
liche Sorgfalt nicht beobachtet haben. 
Derschiedene MWitteilungen. 
Balata- Gewinnung in Surinam. 
Am oberen Amazonenstrom wird das massenhafte 
Vorkommen eines Baumes behauptet, der einen 
guttaperchaähnlichen Saft enthält. Gemeint ist wahr- 
scheinlich der im nördlichen Südamerika verbreitete 
Sapotaceenbaum, der botanisch Mimusops Balata 
heißt, von dem ein auch im Handel als „Balata“ 
bekanntes Produkt gewonnen wird. In Surinam, 
von woher ein großer Tell der in den Handel ge- 
langenden Balata ausgeführt wird, ist die Gewin- 
nung folgende: 
Arbeiter suchen gegen Ende der Regenzeit die 
Bäume im Urwalde auf. In jeden erwachsenen 
Baum, den sie entdecken, hauen sie um den halben 
Stamm herumführende, bis auf das Holz gehende 
Kerben, die rechtwinklig aufeinander stoßben. Die 
heraustretende Milch fließt von Kerbe zu Kerbe und 
wird gegen den Grund des Stammes hin in einer 
Kalebasse aufgefangen. Die Tageserträgnisse, pro“ 
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Baum etwa 3½ Liter, werden in Petroleumtins 
und diese wleder in größere Fässer entleert. Ist 
genügend Milch angesammelt, so wird sie in flache 
Holzkästen gegossen, die etwa 10 cem hoch, 1 m breit 
und 8 m lang sind. Setzt man sie in diesen der 
direkten Sonne aus, so entsteht auf der Oberfläche 
im Laufe eines Tages eine 3 bis 6 mm dicke Haut- 
schicht, ein sogenanntes Balatafell, das abgenommen 
und mit der nassen Seite nach oben über ein Lianen- 
seil zum Trocknen gehängt wird. Dieses Trocknen 
darf aber nur im Schatten, am besten unter einem 
Blätter= oder Strohdach geschehen. Die durch und 
durch trocknen Felle werden zusammengerollt und 
stellen die Balata des Handels dar. Ihre Farbe 
soll hellbraun sein, schwarzgewordene Felle sind 
minderwertig. 
olonial-Wirtschaftliches. 
Die soeben erschienene Nr. 7 (Juli) des 
„Tropenpflanzer", Organ des Kolonial-Wirtschaft- 
lichen Komitees, Berlin, Unter den Linden 40, ent- 
hält einen sehr bemerkenswerten Artikel von Prof. 
Th. Rehbock, Karlsruhe, über Wassernutzung in sub- 
tropischen Ländern. Der Aufsatz, welcher der im 
April in Rom abgehaltenen Tagung des Institut 
Colonial International vorgelegt wurde, beschäftigt 
sich mit der Notwendigkeit und dem Nutzen der 
Wassererschließung in subtropischen Ländern. Als- 
dann geht Verfasser auf die Wasserbeschaffung für 
künstliche Bewässerung in trockenen Gegenden ein. 
Plantagenleiter Wegerdt, Lindi, bringt Mitteilungen 
über den Sisal-Agaven-Bau aus der Praxis, welche 
auf die Bedeutung des Sisal-Anbaues für Deutsch- 
Ostafrika aufmerksam machen. Prof. Warburg be- 
richtet über die Ergebnisse des ersten Zapfversuches 
einer Kickriapflanzung in Kamerun. Dieser erste 
Zapfversuch erwies, daß schon 5½ jährige Kickxia- 
bäume so viel Kautschuk liefern können, daß die 
Pflanzung schon in 6 Jahren eine Verzinsung des 
Kapitals von 9 bis 12 v. H. ermöglicht. Herr 
Dr. Hennings gibt einen Uberblick über die Aus- 
stellung der British Cotton Growing Assoclatlon in 
London. Bei dieser Ausstellung beteiligte sich auch 
das Kolonial-Wirtschaftliche Komitee durch Hergabe 
seiner Sammlungen von Rohbaumwolle aus Togo 
und Deutsch-Ostafrila und der daraus gefertigten 
Fabrikate. 
Die Nummer bringt außerdem Berichte über 
Pflanzungsgesellschaften, Mittellungen aus deutschen 
lonien und aus fremden Produktionsgebieten. 
Unter „Vermischtes“ ist ein Bericht über die 
Tagung der Roéunion Internationale d'ugronomie 
Coloniale in Paris von Interesse, an der sich das 
Kolonial-Wirtschaftliche Komitee durch die Entsen- 
dung eines Delegierten beteiligte. 
 
	        
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