See allerorten ein empfindlicher Träger= und
Arbeitermangel, der, so weit ich orientiert bin, bis
heute noch nicht behoben ist. So konnte z. B. die
Uganda-Eisenbahnverwaltung nicht so viel Arbeiter
eschaffen, um die Arbeiten an dem Trockendock in
Port Florence weiterzuführen. Viel geschadet hat
in dieser Hinsicht auch der Ausbruch der Pest im
englischen Gebiet des Viktoria-Sees, die am 1. Januar
b. Is. zuerst in Port Florence in drei Fällen kon-
stattert wurde. In Muansa waren Wassukuma, die
ich allen ondern Trägern vorgezogen haben würde,
nicht zu haben. Elnmal war es die Zeit des Feld-
bestellens, die die Leute vom Trägerdienst zurück-
hielt; dann waren die wenigen vorhandenen Träger
durch die Materialientransporte für den Telegraphen-
bau in Anspruch genommen und drittens würde es
bei dem wirtschaftlichen Aufschwung, den Muansa jetzt
zu nehmen im Begriff ist, bel der Einführung der
Pflanzung indischen Reises als Eingeborenenkultur, als
eine schwere Schädigung der Interessen des Bezirks
bezeichnet werden müssen, wenn man die Wassukuma
zwingen würde, gerade zu solchen Zeiten Träger-
dienste zu lelsten. Nach eingehenden Rücksprachen
mit den Statlonschefs von Muansa und Bukoba
und Korrespondenz mit dem Chef von Tabora,
gelangte ich endlich zu dem Schlusse, daß der
direkte Marsch von Bukoba nach Usumbura dem
Wege über Tabora nach Udjidji vorzuziehen sei,
und zwar nicht nur wegen des bestehenden Träger-
mangels, sondern au wegen der schlechten
Wegebeschaffenhelt auf der letzteren Strecke und der
Schwierigkeiten, die ich bei dem Passieren des
alagarasi finden würde. Ob der letztere Grund
von so schwer in die Wagschale fallender Bedeutung
ist, möchte ich heute, nachdem ich die Reise hinter
mir habe, und nachdem ich über die Schwierigkeiten
des direkten Weges ein eigenes Urteil aus persön-
licher Anschauung gewonnen habe, leise in Zweifel
ziehen. Der Ruwuwu, den ich an der Grenze
zwischen West-Ussuwi (Reich des Sultans Kinanira)
und Urundi bei einer Breite von 160 m und einer
Strömung, die ich durch Messungen an der Über-
hängsstelle auf 10,5 Seemeilen Geschwindigkeit fest-
gestellt habe, überschreiten mußte, dürfte dem Mala-
garasi kaum nachstehen. Ich möchte hier gleich des
mstandes Erwähnung tun, daß ich unter meinen
Expeditionslasten ein zusammensetzbares Boot eigener
Konstruktion mitführte. Dasselde wurde mit sämt-
lihem Zubehör in sechs Lasten verpackt und wog
asgesamt 355 Pfund. Es war aus Holz hergestellt.
um Zusammensetzen dieses Bootes — der Form
nach ähnelt es den kleinen Beibooten, die dänische
z1d schwedische Segler häufig mit sich führen —
rauchte ich das erste Mal 4 Stunden, wobei be-
merkt werden muß, daß die einzelnen Hölzer
wafolge des dreimonatlichen Transportes verquollen
*8 und sich verzogen hatten. Das zweite
al wurde das Boot in 1½ Stunden zu-
sammengesetzt und das dritte Mal in 1 Stunde.
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Die Demontagearbeiten und das Verpacken nahmen
nicht mehr als ½ Stunde in Anspruch. Ich
würde heute, nachdem mir die praktische Erfah-
rung zur Seite steht, für die nämlichen Zwecke,
für die ich das Boot vorgesehen hatte, nämlich
zum Übersetzen der sehr zahlreichen Karawane
und der schweren und unhandlichen Lasten,
ein Boot von derselben Tragfähigkeit und Dauer-
haftigkeit bauen, welches in vier Lasten zu trans-
portieren wäre und nicht mehr als 280 Pfund wöge.
Das Boot hatte einen flachen Boden und war auf
eine Normaltragfähigkeit von 1000 kg berechnet.
Es hat mir nicht nur sehr vorzügliche Dienste bei
dem Ubergang über die Flüsse geleistet, sondern ich
muß sagen, daß ich hätte umkehren müssen, wenn
ich das Boot nicht gehabt hätte. Ich hätte nie die
zahlreiche Karawane von 1116 Menschen und 582
Lasten, von denen einige ganz erhebliche Gewichte
aufwiesen (bis zu 595 Pfund), über die Flüsse ge-
bracht, wenigstens nicht ohne erhebliche Verluste an
Lasten, wie an Menschenleben. Mit Hilfe des Bootes
habe ich den ersten Übergang über die Kagera (die
Eingeborenen nannten mir auch den Namen Tschikonge
oder andere wieder Ruwuwu) in 1¾ Tag, den
zweiten Ubergang in 10 ½ Stunden bewerkstelligt.
Das Boot trug das Gewicht von 1000 kg
leicht. Belm ersten Übergang habe ich in der
Stunde mit Lasten durchschnittlich 7½ Fahrten
über den 160 m breiten Fluß und zurück, mit
Menschen neun Fahrten gemacht. Ich habe hierbei
durchschnittlich für eine Fahrt 28 bis 30 Lasten
oder 12 Träger mit ihrem Gepäck befördert.
Bei dem zweiten UÜbergang machte das Boot
pro Stunde 12 Fahrten mit Lasten und 20 Fahrten
mit Menschen. Hierbei wurden pro Fahrt durch-
schnittlich 39 Lasten oder 16 Träger mit ihrem
Gepäck befördert. Für den Fährbetrieb führte ich
eine 7 cm Trosse von 225 m Länge (drei Träger-
lasten) mit mir und zum Verholen des Bootes eine
3½ cm starke Leine von gleicher Länge (eine
Trägerlast). Ich habe, da ich nach Ankunft am
Tanganjika eine weitere Verwendung für das Boot
nicht hatte, dasselbe als sehr handliches und bequemes
Verkehrsboot der „Hedwig von Wißmann“ für den
Hafen von Kigoma überwiesen. '
Den Marsch habe ich am 20. März angetreten
und bin nach 34tägiger Wanderung am 22. April
in Usumbura eingetroffen. Meine Reiseroute führte
mich von Bukoba zunächst südwestlich durch die
Sultanate Kianja (Sultan Kahlgl), Ihangiro (Sultan
Neruwamba), Kimoani (Sultan Labumienge, Unter-
Sultan des Sultans von Ost-Ussuwi) und Ost-Ussuwi
(Sultan Kassussura) bis zum Ussuwi-Posten; von
dort westwärts durch die Landschaften Ost-Ussuwi,
am Nordrand von Uha entlang, West-Ussuwi und
Urundi nach Usumbura. Von dem Posten Ussuwi
aus stellt dieser Weg voraussichtlich den ungefähren
Verlauf der geplanten Viktorla-See—Tanganjika-
Straße dar.