Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

Togo. 
Bericht des Rorpsftabsapothekers a. D. K. Bernegan 
in Balensee- Berlin über Versuche, betreffend Versand 
deutscher Bruteier nach Togo. 
Nach Rücksprache mit Herrn Gouverneur Graf 
Zech ließ ich durch die Pflanzungs-Gesellschaft Kpeme 
Bruteier durch den Leiter der gräflich Landsberg= 
schen Geflügelzuchtanstalt Müggendorf, Herrn Brauers, 
nach Togo senden. Zum Versand gelangten im 
August 50 Stück Bruteier, wovon 25 Stück be- 
sonders konserviert waren. Durch einen Beamten 
der Gesellschaft wurden die Eier nach Togo gebracht. 
In Kpeme waren auf Anordnung des Herrn 
Direktor Hupfeld Bruthennen bereit gehalten. 
Nach Mitteilung des Herrn Hupfeld sind 6 Stück 
Küken ausgekommen. Die Küken befanden sich bei 
der Abreise des Pflanzungsleiters Herrn Woekel in 
gutem Zustande. 
Trotz des großen Verlustes hält Herr Hupfeld 
den Versuch für teilweise geglückt und daher für 
recht wesentlich. 
Durch den Versuch ist bewiesen, daß Bruteler 
gebrauchsfähig die lange Seereise überstehen können. 
Wir werden die Versuche mit Frühiahrselern 
fortsetzen. Die Herbsteler sollen nach den in Gemen 
gesammelten Erfahrungen niemals recht zum Brüten 
geeignet sein, well durch die Mauser und das Legen 
der Hühner letztere entkräftet sind. 
Durch Einführung deutscher Bruteier in Togo 
können gute Elerleger und Fleischrassen weniger kost- 
spielig eingeführt werden, als durch Einfuhr leben- 
der Hühner. 
Die aus Bruteiern erzeugten Küken werden sich 
aller Wahrscheinlichkeit nach in Togo besser akkli- 
mattsieren, als aus Deutschland, Italien, den kana- 
rischen Inseln eingeführte Hühnerrassen, die nach 
der Seereise meist entkrästet ankommen und den Ge- 
fahren des Klimas schneller erliegen, abgesehen da- 
von, daß der Verlust an Hühnern auf der Seereise 
erfahrungsgemäß bereits ein großer ist. 
Die Einführung guter Eierlegerrassen ist für die 
Verpflegung der Europäer ein Vorteil. Das lecithin- 
ohosphorsäurereiche Eigelb ist für die Ernährung 
in den Tropen ganz besonders wertvoll. Es macht 
den Körper widerstandsfähig. Für Europäer em- 
pfiehlt es sich, täglich 4 Stück frisches Eigelb, mit 
Zucker kräftig geschlagen, prophylaktisch zu nehmen. 
Für die Togo passierenden Dampfer ist es von Vor- 
1Z in Togo, Lome und Anecho einen Eiermarkt zu 
aben. 
Ganz allmählich kann sich dann bei der Ent- 
wicklung der Geflügelzucht in Togo auch eln Export 
entwickeln. 
Deutschland führt alljährlich für über 100 
Millionen Mark Eier und für weitere 100 Millionen 
Mark Geflügel aus dem Auslande ein. Bel der 
zunehmenden Bevölkerungszahl wird der Eier= und 
140 
  
Geflügelfleischkonfum von Jahr zu Jahr wachsen. 
Die Industrie, die Albuminpapierfabrikation, die Kattun- 
druckerel, die Handschuhlederfabriken, die chemischen 
Fabriken brauchen heute für viele Millionen Mark 
technisches Eiweiß und Eigelb. Auch dieses wird 
im Konsum steigen. 
Heute wird das technische Ei vorwiegend aus 
China und Galizien eingeführt. Rußland allein 
fübrte 1908 für 55,2 Millionen Mark Eier ein, 
Italien für 4,7 Millionen Mark. 
Das technische Eiweiß und Eigelb könnte aus 
Togo und Ostafrika in Form von Trockeneiwelß 
und Trockeneigelb eingeführt werden. Die Futter- 
mittel, wie Mais und Süßkartoffeln, sind dort billig, 
daher die Vorbedingungen für die Geflügelzucht 
günstig. . 
Die Grundlage ist die Einführung guter Eier- 
legerrassen, wodurch Kreuzungen mit den einheimischen 
Rassen und den im Hinterlande von Togo vor- 
handenen Perlhühnern ausgeführt werden können. 
Da die Chemie heute über Konservierungsverfahren 
verfügt, wodurch Eler viele Monate frisch erhalten 
werden können, kann ellmählich auch ein Teil der 
in Deutschland fehlenden Eier für die Ernährung 
eingeführt werden. 
Versuchsweise habe ich deutsche Eier konserviert 
mit nach Kamerun genommen. In Gegenwart des 
errn Gouverneurs und des Herrn Grafen von Obern- 
dorf ließ ich in Buea diese Eier kochen. Sie waren 
von frischen Buea-Elern nicht zu unterschelden. 
Durch Dr. Dietrich, Helfenberg, ließ ich 6 Monate 
alte Eier, vorher konserviert, chemisch prüfen. 
Die konservierten Eier, das Eigelb, wie das Ei- 
weiß waren in chemischer Hinsicht von frischem Eiweiß 
und Eigelb nicht zu unterscheiden. Daher ist vom 
Standpunkt der Nahrungsmittelchemie nichts dagegen 
einzuwenden, wenn Togo= und Ost-Afrika-Eier mit 
deutlicher Kennzeichnung „konservierte Eier“ auf den 
beutschen Markt gelangen. 
Ganz. besonders möchte ich es begrüßen, wenn 
die Missions-Gesellschaften sich mit der koloniolen 
Eierfrage befassen möchten. Die Missionen könnten 
Muster-Geflügelfarmen anlegen und mit Hilfe von 
Brutmaschinen schnell die Geflügelzucht in Togo und 
Ostafrika zur Entwicklung bringen und die Schwarzen 
darin belehren und ihnen beibringen, daß Hühner- 
diebstahl eine schwere Sünde ist. 
Hier können die Missionen, katholische und pro- 
testantische, einheitlich erzieherisch in Harmonie wirken. 
Die Regierung kann die Frage kräftig fördern 
durch Aussetzen von Preisen für die Prämiierung 
kolonialer Geflügelhöfe. 
Die Prämien müßten für Europäer 500 Mark 
betragen und vom Gouvernement an solche Geflügel= 
züchter verteilt werden, deren Geflügelfarm nach 
praktischen Gesichtspunkten geleitet wird, sowohl hin- 
sichtlich reiner Eierleger und Fleischrassen, als wie 
von Kreuzungen; der Geflügel-Hygiene, der Ge- 
flügel-Häuser, der Buchführung, der Rentabilität.
	        
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