Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

etwa 5400 Fuß Höhe in gesundem und nicht zu 
helßem Klima. Angelegt wurde es im Jahre 1893, 
aber mit Häusern aus Backsteinen erst selt zwei 
Jahren neu aufgebaut. Wenn man sich Abercorn 
nähert, so erhebt sich gleich links an der Straße ein 
stattliches zweistöckiges Gebäude, die Agentur und 
Verkaufsstelle der „African Lales Corporation“, die 
nach allgemeiner Ansicht hier und in Zentralafrika 
durch ihr Transportgeschäft gut prosperieren soll. 
Zur Rechten befindet sich das noch unfertige Klub- 
haus, diesem gegenüber das Postamt und in wei- 
terem Verfolg der hier rechtwinklig umbiegenden 
Straße die Boma mit den Diensträumen, davor die 
Wache, und als letztes Gebäude die Apotheke mit 
Arztwohnung und Wohnung für den Native Com- 
missioner (Collector). Alle Häuser sind in gut ge- 
brannten Backsteinen ausgeführt und mit Wellblech 
gedeckt. Letzteres Material für Dachdeckung ist zwar 
außerordentlich kostspielig, wenn man berücksichtigt, 
daß eine Wellblechplatte am Nyassasee in Karonga 
von der Länge von sechs Fuß und Breite von 
2 ½ Fuß einschließlich Transport rund 10 Schilling 
kostet, aber die Dauerhaftigkeit einer solchen Dach- 
deckung und die geringen jährlichen laufenden Unter- 
haltungskosten hat die Engländer in allen Kolonten 
veranlaßt, ihr den Vorzug vor anderen Dachdeck- 
materialien zu geben. Rechts vom Gebäude der 
„African Lakes Corporation“ führt die Straße am 
Gefüngnis vorüber und durch eine Talsenkung und 
über elnen Bach in 20 Minuten zu der auf der 
jenseitigen Anhöhe gelegenen Wohnung des Ma- 
gistrate and civile Commissioners. Kurz vor- 
her krenzt man die Stevenson Road, die hier ihren 
Anfang hat. 
Verwaltung von Rhodesia. 
Die „British South African Company“, der 
das ganze Gebiet in Rhodesia gehört, unterhält im 
ganzen Lande aus eigenen Mitteln eine Pollzeltruppe, 
die sich aus den eingeborenen Stämmen rekrutiert. 
Es sind schlank und gut gewachsene Leute, doch 
haben sie nirgends auf mich den Elndruck strammer 
Zucht und guter Disziplin hervorgerufen. Diese 
Polizeitruppe, von der in Abercorn 30 Mann stehen, 
kostet der Gesellschaft jährlich die Summe von 
7000 L. Das Monatsgehalt eines Polizisten be- 
trägt 5 Schilling (man nennt hier den Schilling 
durchweg Rupie). Außerdem erhält jeder Polizift 
pro Jahr drei Uniformanzüge (Hose und Jackett aus 
gelbem Khakt), 1 Fez, 1 blauen Jumper und alle 
zwei Jahre eine wollene Decke. 
Da ich hier von den Löhnen der Eingeborenen 
spreche, so möchte ich gleich ihrer außerordentlich 
geringen Höhe Erwägung tun. Boys erhalten 
zwischen 3 und 7 Schilling, und der Höchst- 
lohn für den Koch beträgt 12 Schilling. 
Die „British South African Company“ steht 
zwar heute noch nicht in einem direkten Abhängig- 
keitsverhältnis zu der britischen Regierung, es scheint 
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aber nur eine Frage der nächsten Zeit zu sein, daß 
die Regierung des Landes von der englischen Re- 
gierung übernommen wird. Man erwartete hier in 
Beamtenkrelsen der Gesellschaft diese Übernahme be- 
reits im .Is. Die Gesellschaft fordert in 
diesem Falle von der englischen Regierung alle die 
geldlichen Aufwendungen zurück, die sie im Laufe 
der Zeit für das Land gemacht hat, deren Höhe sie 
zur Zeit auf 8 000 000 8 beziffert. Das Land 
gehört ihr aber auf alle Zeiten. 
An der Spitze der Verwaltung steht in einem 
Distrikt der „Magistrate and civil Commissioner 
als höchster Beamter, der gleichzeitig richterliche Be- 
fugnisse ausübt und in dieser Hinsicht der nächst 
höheren Instanz, dem Oberrichter, untersteht und 
letzterem bei seinen jährlichen Dienstreisen über die 
Rechtspflege Rechenschaft abzulegen hat. Der Ober- 
richter wird von der englischen Regierung ernannt, 
die Gesellschaft muß ihn akzeptieren und sein Gehalt 
in Höhe von 1000 e pro Jahr zahlen. Als mitt- 
lere Beamte, mit dem ungefähren Rang der Collectors, 
in den englischen Kolonien, befinden sich in jedem 
Bezirk je zwei Native Commissioners. 
Für jährliche Dienstreisen dieser Beamten und 
des Magistrate and civil Commissioner wird 
jedem eine Summe von 40 2 zugewiesen. Tage- 
gelder erhalten sie nicht, und aus vorstehender 
Summe sind die Trägerlöhne und sämtliche sonstigen 
Ausgaben zu bestreiten. d 
Die Dienstverpflichtung der Beamten der „British 
South African Company“ umfaßt 2½ Jahre mit 
daran sich schließendem viermonatlichem Urlaub in 
der Heimat. Die Heimreise bis Chinde und die 
Rückreise von Chinde bezahlt die Gesellschaft, die 
mit der African Lakes Corporation im Vertrags- 
verhältnis steht. Für den Üübrigen Teil der Heim- 
bzw. Rückreise erhält jeder Beamte 50 K. 
Träger. 
In Abercorn mußte ich drei Tage warten, bis 
die für meine Reise zum Nyassa erforderlichen Träger 
zusammengebracht waren. Das kann nicht wunder- 
nehmen, da ich gerade zur Zeit der Felderbestellung 
reiste. Die Träger setzten sich aus den hler an- 
sässigen Stämmen der Walungu, Wabembe und 
Mwambue zusammen. Es waren mittelgroße und 
durchschnittlich wenig kräftige Leute, und über ihre 
Leistungsfähigkeit im Tragen von Lasten kann ich 
nur sagen, daß ich schlechtere und weniger zuverlässige 
Träger während meiner zwölfmonatlichen Reise durch 
unsere Kolonie nie gehabt habe. Ich möchte diesen 
Ausspruch aber nicht als ein abgeschlossenes Urteil 
zur Geltung bringen, vielmehr die ungünstigen Be- 
gleiterscheinungen meiner Reise durch das fremd- 
herrliche Gebiet tellweise für diese abfällige Kritik 
belasten. Mit Ausnahme einer kleinen Reise vom 
Tanganjika zum Mlagarassi und der Saline der 
Zentralafrikanischen Seengesellschaft habe ich nie den 
Vorzug, berufsmäßige Träger gehabt zu haben, ge-
	        
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