Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

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Nachbarinnen die Wöchnerin mit Gemüse und Taros 
erfreuen. Sobald die Mutter wieder bei Kräften 
ist, geht sie ihren altgewohnten Pflichten nach. 
Die Baininger tragen die Kinder nicht wie die 
Uferleute in einem Stück Tapa oder europälschen Stoff, 
das sie quer über einer Schulter befestigen, sondern 
halten es auf beiden Armen vor sich auf einem Blatt 
von richtiger Größe liegend. Schleppt die Frau 
Holz oder Taros oder Wasser, so begegnet man 
jederzeit dem Vater, der vorausgeht und das Kind 
auf den Armen trägt. Ist das Kind stärker und 
kann allein sitzen, so nimmt es, wenn die Mutter 
ausgeht oder Lasten trägt, der Vater auf die 
Schultern. Die Kleinen gewöhnen sich sehr schnell 
an diese Art des Tragens; sie klammern sich unwill- 
kürlich am Hals oder an der Stirne der Mutter 
oder des Vaters an. Auf schlechten Wegen, beim 
Passieren von Flüssen auf Baumstämmen, wo ein 
Europäer alle seine Sinne zusammen nehmen muß, 
um nicht auszugleiten, geht der Baininger noch dazu 
schwer bepackt und mit dem Kinde auf den Schultern 
behende und furchtlos vorüber. 
Ein Baininger Kind ist kein verhätscheltes Wesen. 
Es leidet zwar nicht an Hunger und Durst oder von 
schlechter Behandlung; denn die Leute lieben ihre 
Kinder und geben sich Mühe, sie groß zu bringen; 
allein was die Reinhaltung anbelangt, so brauche ich 
nach allem Vorhergesagten kaum noch ein Wort zu 
verlieren. Im Hause liegen die Kleinen auf der 
harten Erde, sehr oft ohne jegliche Unterlage. 
Nachts sind sie zwar in nächster Nähe der 
Mutter und des Feuers gebettet, allein, da die 
Nachtbrise durch die Hütte streichen kann, und die 
Kälte, zumal in den Bergen, empfindlich wird, so 
haben die armen Würmchen doch viel zu leiden. 
Zuweilen kommt es auch vor, daß sich das Kind auf 
die Seite legt, und da der Boden in den Hütten 
meistens uneben ist, so ist es ein Leichtes, daß das 
Kind abwärts rutscht, sich wehe tut oder gar ins 
Feuer gerät. Bis dann die Mutter vom Schreien 
aufwacht und den armen Wurm wieder bei sich hat, 
ist er oft schon schrecklich verwundet. Während die 
Eltern in der Pflanzung arbeiten, liegt das Kind 
stundenlang am Boden, und wenn es nicht schläst, 
schreit und windet es sich wie ein Wurm. Unbe- 
kümmert um Regen und Sonnenschein, wird es stets 
mitgetragen. 
Diese Vernachlässigung wirkt natürlich schädlich 
auf die Gesundheit der Kinder. Man darf annehmen, 
daß fast die Hälfte der geborenen Kinder im ersten 
Jehre stirbt. Im Jahre 1900 wurden in meiner 
Zachborschaft zehn Kinder geboren, die alle nachein- 
* starben. Ich war selbst über diese Todesfälle 
aunt, da die meisten Kinder blühend, sogar von 
Gesundheit strotzend ausgesehen hatten. Ich muß 
jedoch hervorheben, daß das erwähnte Jahr eine 
Ausnahme war und auch für die Erwachsenen elne 
große Sterblichkeit aufwies. Mit zunehmendem 
Alter bekommen die Kinder eine Art Ausschlag, der 
  
den ganzen Lelb bedeckt. Da sie nicht relnlich be- 
handelt werden und ohnedies steis auf der bloßen 
Erde umherrutschen, so verschwindet das Ubel nur 
langsam und bietet einen ekelerregenden Anblick. Es 
ist nur zu verwundern, daß aus so übel behandelten, 
allerdings auch abgehärteten Wesen sich die später 
so kräftigen, vierschrötigen Baininger-Gestalten ent- 
wickeln können. 
XIII. 
Beschäftigung der Baininger. 
Der Baininger ist durchweg Ackerbauer. Wem 
es je vergönnt gewesen ist, nach Baining zu kommen, 
der war erstaunt über die ausgedehnten und sauber 
gehaltenen Taropflanzungen der Eingeborenen. Im 
nachstehenden wollen wir einmal dem Baininger bei 
seiner Arbeit zuschauen, und zwar speziell in der 
Taropflanzung; denn Taro bildet daos Hauptnahrungs- 
mittel der Bergbevölkerung und Taroanpflanzung die 
Hauptbeschäftigung. 
Die Bestellung der Taroplantagen ist nicht an 
eine bestimmte Zeit des Jahres geknüpft, sondern 
verteilt sich über das ganze Jahr. Ist eine Pflan- 
zung abgeerntet, so reisen in einer andern schon 
wieder die neuen Taros. Somit kann also der 
Baininger nicht sorglos in den Tag hinein leben, 
sondern muß stets bei der Arbeit sein. 
Da die Anlage einer neuen Pflanzung viele und 
anstrengende Arbeiten erfordert, die schwerlich einer 
allein verrichten kann, so tun sich meistens mehrere 
Familien, 5 bis 6 oder noch mehr, zu diesem Zweck 
zusammen. Meistens arbeiten dieselben Leute schon 
seit Jahren zusammen und weichen von dieser Tra- 
dition nicht ab, es müßte denn vorkommen, daß 
mehrere Familien ganz aussterben und die übrigen 
sich dann einer anderen Gruppe anschließen. Das 
zur Pflanzung bestimmte Grundstück wird vom 
Häuptling oder auch von irgend einem andern Mit- 
gliede vorgeschlagen. In sehr bevölkerten Gegenden 
kommt es vor, daß ein Terrain schon nach ein paar 
Jahren wieder bepflanzt wird. Der Busch, der sich 
während dieser kurzen Zeit entwickelt, ist natürlich 
nicht bedeutend, und das Abholzen desselben verlangt 
auch keine große Arbeit. In Gegenden mit geringer 
oder sehr dünner Bevölkerung wählt man zur Pflan- 
zung nur alten Busch von 10 bis 30 Johren. Daß 
die Elngeborenen auch den elgentlichen Urwald nieder- 
schlagen, ist mir nur einmal zu konstatkeren vorge- 
kommen, und zwar ganz im Innern, im Quellgebiet 
des Patongo, wo von den Eingeborenen von Missams 
ein Teil ostwärts an den Patongo übersiedelte und 
dort mitten im Urwald Pflanzungen anlegte. Was 
sie zu dieser schweren Arbeit veranlaßte, war wohl 
nur der Wunsch, der Küste näher zu sein und so 
um so eher ihre Taros an den Mann bringen zu 
können. Die Unebenheiten des Terrains schrecken 
den Baininger nicht zurück. Auch an den steilsten 
Abhängen, wo man nicht einmal aufrecht stehen kann, 
wird gerodet. Nur Schluchten, die zur Regenzeit 
mit Wasser angefüllt sind, umgeht er. Folgen wir
	        
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