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nur einigermaßen Kundige, was im Reichstage
gesagt wird über die Mißhandlungen der Schwarzen.
Gerade das Zentrum ist zuerst kolonialfreundlich
heworden mit Rücksicht auf die früheren grauen-
vollen Zustände in jenen Gebieten. In den ersten
Jahren unserer Kolonialpolitik war es ausge--
sprochen kolonialfeindlich. Im Oktober 1888,
als der Aufstand in Ostafrika ausgebrochen war,
als man ernstlich den Gedanken erwog, die Ko-
lonien aufzugeben, kam der französische Kardinal
Tavigeric auf die Katholikenversammlung nach
Köln, und seinen Darlegungen über die Bedeu-
lung auch der deutschen Kolonisation für die
Missionen und über die Notwendigkeit der Ab-
schaffung des Sklavenhandels und der Sklaven-
lagden ist es besonders zuzuschreiben, daß das
JZentrum kolonialfreundlich wurde. Die Greuel
des Sklavenhandels sind jedem bekannt, der je-
mals eine Reisebeschreibung gelesen hat. Tansende
ind aber Tausende wurden gransam von ihren
(ugehörigen fortgerissen, die Familien vernichtet,
le Gefangenen in Fesselhölzer geschlossen, gekettet
und so in monatelangen Märschen zur Küste ge-
schleppt. Das waren die Zustände, die wir alle
noch erlebt haben. Die enropäische und nicht
zmuletzt die deutsche Kolonisation hat ihnen ein
Ende gemacht, diesen Schandfleck afrikanischen
Lebens getilgt. Und auch noch bis in die un-
mittelbare Gegenwart hinein ist Afrika heim-
gesucht worden von menschenmordenden, einheimi-
schen Gewalthabern. Wir wissen nicht allzuviel
von innerafrikanischer Geschichte. Aber das hat
ich unter unseren Augen mehr als einmal ab-
gespielt, daß Gewaltmenschen von überlegener
Kraft des Körpers, des Geistes und des Willens
unter den Schwarzen große Reiche zusammen-
gebracht haben, zusammengebracht unter entsetz-
ichen Greueln, durch Vernichtung ganzer Stämme,
nierödung ganzer Länderstrecken. Es sind noch
icht ganz 7 Jahre, daß die Franzosen den letzten
lierartigen Machthaber, den Rabbeh, im nörd-
n zsten Zipfel unseres Kamerungebietes mit großer
Mühe besiegt haben in einem Kampfe, in dem
nieser selber fiel. Vom Kongo, von Senegambien,
* Algerien her waren sie vorgegangen, ihn
frühuschließen und zu vernichten. Zwei Jahre
wer hatten sie im Nigerbogen das Gewaltreich
8 Samory zerstört, das auch erst nach 1880
mmengebracht worden ist. Die Engländer
ganm 1893 dem Reich des Lobengula ein Ende
Spaacht. das dessen Vorgänger, Mosilikatsi, an der
einee der Matabele begründet hatte. Auch das
eschodes Muata Jambo, das des Kazembe, das
ien ama sind Bildungen neuerer Zeit. Alle
engt Reiche sind geschaffen worden unter Greueln
ssetzlicher Art, Greueln, wie sie die europäische
sschichte auch aus ihrer frühesten Vergangenheit
nicht kennt. Ihre Wahrzeichen sind Schädelbäume
und schädeltragende Dorfzann-Palisaden. Als
Livingstone 1863 den südlichen Teil unseres
jetzigen Ostafrika durchzog, fand er ein gut be-
völkertes und wohl angebautes Land. Die ersten
unserer Landslente, die in jene Gegend kamen,
fanden sie verödet und fast ohne Bodenkultur.
Wandernde Räuberhorden hatten sie inzwischen
heimgesucht. Die Geschichte Afrikas vor der en-
ropäischen Herrschaft, das will sagen, bis an
unsere unmittelbare Gegenwart heran, ist wahr-
lich nicht die friedlichen Zusammenlebens der
Stämme und Bölker. Das ist sie geworden und
wird sie immer mehr werden durch die Aufrich=
tung europäischer Macht. Unsere moderne Kultur
mag gelegentlich zur Hyperkultur werden, sie ist
ür Afrika doch kein leerer Schall; sie bringt dem
schwargen Erdteil unendlichen Segen. Wenn man
ich die früheren Zustände vergegenwärtigt, so
teht einem wirklich der Verstand still, wenn im
Reichstage lang und breit diskutiert wird, ob ein
Schwarzer ein paar Stockstreiche zuviel bekommen
hat. Vom Köpfen und Töten unter allen mög-
lichen Martern zum Gebrauch des Stocks als
Zuchtmittel ist ein zweifelloser Fortschritt.
Es ist mehr als eine Pflicht, die hier in Frage
steht, die Pflicht, für unseres Volkes Wohlfahrt,
für unsere Zukunft zu sorgen, die Pflicht gegen
die Ehre der Nation, die wir nicht preisgeben
dürfen, die Pflicht gegen die Menschheit, der ein
großes Volk sich nicht entziehen kann. Diese
Pflichten müssen wir auf uns nehmen, die Last
der Herrschaft, wie Rudyard Kipling seine Eng-
länder ermahnt, tragen, Opfer bringen, wenn es
nötig ist. Von Aufsgeben unseres Besitzes kann
nur ein Tor reden. Was wir haben, müssen wir
halten und weiter ausgestalten.
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III. Volkswirtschaft und Kolonialpolitik.
Vortrag des ordentlichen Professors an der Berliner
Universität, Herrn Dr. Sering, gehalten in der Ver-
sammlung am 8. Jannar 1907.
Ich habe die Absicht, eine Antwort zu finden
auf folgende Fragen, die für die Klärung der
Meinungen in dem jetzt schwebenden politischen
Kampfe von entscheidender Wichtigkeit sind:
1. Warum ist Deutschland zuletzt unter den
europäischen Staaten, nicht vor dem Ende des
19. Jahrhundert zu einer Kolonialmacht ge-
worden?
2. Was gab den Anlaß zum Erwerb unserer
Kolonien?
3. Welches ist der Wert dieses Besitztums in
politischer, volks= und weltwirtschaftlicher Be-
ziehung?
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