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Kautschuk.
Mährend in früheren Jahren der Gummi
nur von wildwachsenden Pflanzen gewonnen
wurde, hat man seit etwa 25 Jahren angefangen,
den Gummibau plantagenmäßig zu betreiben.
Die Anregung hierzu ging von der indischen
Regierung aus; sie beauftragte im Jahre 1876
Mr. Wickham, Samen der Hevea brasiliensis, der
Pflanze, die den Paragummi liefert, von Brasilien
nach England zu bringen. Es gelang Mr. Wickham,
etwa 70 000 Samen in gutem Zustande nach
Kewsgarden bei London zu transportieren. Von
dort sind alsdann 2000 der hieraus gezogenen
jungen Pflanzen durch Mr. Chapman nach Ceylon
übergeführt worden.
Die Pflanzen wurden in den botanischen
Gärten von Henaratgoda und Peradeniya an-
gepflanzt. Andere Sendungen sind von Kews-
garden nach Indien und Straits Settlements
gebracht worden. Sowohl in Henaratgoda, wie
in Peradeniya entwickelten sich die Pflanzen
verhältnismäßig günstig und im Jahre 1881
trug die Hevea brasiliensis die ersten Samen.
Die Gartenverwaltung veranlaßte, da sie den
Gummiertrag der Hevea unter den veränderten
Bedingungen auf Ceylon noch nicht kannte, die
Plantagenbesitzer, die Hevea vorläufig als schatten-
spendenden Baum in den Teeplantagen anzu-
pflanzen. Der Samen wurde zu diesem Zweck
billig ausgeboten, und infolgedessen findet man
heute, wenn auch nicht in großer Zahl, schon
25 jährige Heveabänme aus verschiedenen Teilen
der Jusel vor. Nachdem die Versuche in
Peradeniya und Henaratgoda, besonders an
letzterem Orte, weiter fortgeschritten, die Samen-
erträge reichlicher geworden waren und es als
erwiesen gelten konnte, daß die Hevea auch auf
Ceylon trotz reichlicher Milchabgabe gesund bleiben
werde, empfahl man die Anpflanzung in ge-
schlossenen Plantagen. Es wurde festgestellt, daß
die Produktion des Gummi durch plantagen-
mäßigen Anbau in gesundem Klima billiger ist
als seine Gewinnung aus der wildwachsenden
Hevea in Brasilien. Auf der Plantage ist es
möglich, ohne großen Zeiwerlust die Milch aus
vielen Stämmen zu gewinnen und sie in einem
zentral gelegenen Gebäude zu verarbeiten, während
in der fieberreichen Heimat der Hevea die Ge-
winnung des Gummi sehr zeitraubend ist. Die
Hevea sieht dort meistens, unter andere Wald-
bäume gemischt, auf weite Flächen verteilt; in-
folgedessen erfordert die Gewinnung des Gummi
nicht allein mehr Zeit, sondern sie ist auch mit
Verlust an Menschenleben verbunden, so daß nur
hochbezahlte Arbeitskräfte sich dieser Tätigkeit wid-
men. Hierzu kommt, daß der Transport des
Gummi an die Handelsplätze von dort sehr um-
ständlich und teuer ist. Neben den Versuchen
mit der Anpflanzung der Hevea brasiliensis
gingen Versuche mit der Castilloa Elastica, dem
sogenannten Panama Rubber, und der Manihot
Glazowi, dem Ceara Rubber, einher. Diese beiden
letzteren Sorten sind zwar auf Ceylon ebenfalls
gut fortgekommen, aber man ist trotzdem nicht
zu ihrer Anpflanzung im großen übergegangen,
weil man bald richtig erkannt hatte, daß die beste
Gummigqnalität doch aus der Hevega brasiliensis,
dem sog. Para Rubber, gewonnen wird. Während
der Para Rubber etwa 94 bis 96 v. H. reinen
Kautschuk enthält, enthält der Ceara Rubber nur
etwa 76 und der Panama Rubber etwa 86 v. H.
Dazu kommt, daß die Verarbeitung des Milch-
saftes der Hevea brasiliensis Vorteile bietet, welche
weiter unten näher beschrieben werden sollen.
Die Hevea brasiliensis stellt an den Boden
verhältnismäßig sehr geringe Ansprüche. Grund-
bedingung bei der Anpflanzung aber ist, daß das
Terrain sich seiner Lage nach eignet. Erforder-
lich ist ferner eine Durchschnittstemperatur von
75 bis 78° Fahrenheit = 23,9 bis 25,6 Celsius,
eine Temperatur, die nie unter 60° Fahrenheit
— 15,6 Celsius sinkt, und ein Regenfall, der sich
zwischen 200 bis 265 cm per Jahr hält. Außer-
dem bieten eine längere Regenperiode oder eine
zeitweise Uberschwemmung des Bodens besonderen
Vorteil. Die Lage sollte so gewählt werden, daß
die Plantage vor starken Winden möglichst ge-
schützt ist und daß, wenn der Anbau an Berg-
lehnen in Frage kommt, die Seite, an der die
Sonne des Morgens erst möglichst spät in die
Plantage fällt, vorgezogen wird. Daß die Hevea
in bezug auf den Boden sehr wenig anspruchsvoll
ist, davon konnte ich mich persönlich überzeugen.
Selbst an felsigen Abhängen, an denen sich in
Vertiefungen nur kleine Humusmengen ange-
sammelt hatten, kam die Hevea doch gut fort.
Ebenso sah ich auch im Tieflande, auf armem
sandigen Boden, der früher für den Reisbau be-
nutzt, des geringen Ertrages wegen aber ausge-
geben worden war, die Hevea mit Erfolg ange-
pflanzt. Die letzterwähnte Fläche, am Fluß
gelegen, wird meist in der Regenzeit von den
austretenden Wassern überschwemmt. Man hat
dort krenzweise Gräben gezogen und mit dem
ausgeschachteten Boden dieser Gräben das ver-
bleibende Terrain erhöht oder auch Hügel aufge-
worfen und darauf die Hevea gepflanzt. Auf
diese Weise ist es ermöglicht, das überschwemmte
Gebiet nach kurzer Zeit insoweit trocken zu be-
kommen, daß nur die Wurzeln der Hevea etwas
länger dem lberschwemmungswasser ausgesetzt
sind.“)
*) Siehe Abbildung 1.