Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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ausgestellte Baumwolle den goldenen Preis er- 
halten. Für die Erstarkung der Eingeborenen- 
kultur zu einer wirklichen Volkskultur, wofür sonsft 
die günstigsten Verhältnisse vorliegen, ist die 
Schaffung der nötigen Transportwege uner- 
läßliche Vorbediugung. 
In Kamerun ist eine Baumwollkultur im 
Urwaldgürtel und in der Olpalmenzone ausge- 
schlossen; Baumwollkulturversuche in den regen- 
reichen Küstengebieten anzustellen, ist zwecklos. 
Dagegen sind zweifellos die weiten Hochlands- 
gebiete im Innern hervorragend für den Baum- 
wollbau geeignet. Schon Professor Passarge weist 
in seinem Werk „Adamana“ auf das Vorkommen 
wildwachsender Baumwolle hin. Bei den großen 
Entfernungen nach der Küste aber ist die Baum- 
wollfrage in Kamerun zugleich eine ernste Trans- 
portfrage. Im Bamum= und Balilande und 
insbesondere in Adamang bis zum Tschadsee hin 
besteht heute schon eine nicht unerhebliche Baum- 
woll-Eingeborenenkultur; das Produkt wird an 
Ort und Stelle von den Eingeborenen für eigenen 
Bedarf verarbeitet. Nach der Bewertung durch 
Industrie und die Bremer Baumwollbörse ist das 
in primitiver Weise gewonnene Produkt mindestens 
der middling amerikanischen Baumwolle gleich- 
wertig. Die Regierung hat im Adamana= und 
Bennegebiet erfolgreich begonnen, für eine weitere 
Verbreitung der Kultur unter den Eingeborenen 
zu sorgen, indem sie einen Teil der zu leistenden 
Steuern in Baumwolle erhebt. Am schiffbaren 
Benue ist zur Zeit bereits eine größere Baum- 
wollplantage in der Gründung begriffen. Durch 
den Wasserweg Niger— Benne und insbesondere 
durch eine Fortsetzung der Duala—Manenguba- 
Eisenbahn können weitere Gebiete des Hoch- 
landes in Kamerun der Baumwollkultur erschlossen 
werden. Die Eisenbahnfrage und der Ausbau 
der Verkehrsstraßen spielen auch hier eine wichtige 
Rolle. 
In Neuguinea befinden sich die Baumwoll- 
bauversuche noch im Anfangsstadium. Eine von 
der Missionsstation in Herbertshöhe gezogene 
Probe wurde sogar von der Bremer Baumwoll= 
börse äußerst günstig beurteilt, jedoch ist bei der 
Unregelmäßigkeit der Niederschläge und den un- 
genügenden Arbeiterverhältnissen vorläufig Zurück- 
haltung geboten. 
In Deutsch-Südwestafrika stellt die Otavi- 
Minen= und Eisenbahngesellschaft Pflanzversuche 
zur Feststellung der günstigsten Pflanzzeit an, 
über die das Ergebnis noch aussteht. Das 
Kolonial-Wirtschaftliche Komitee beabsichtigt, zu- 
nächst einen erfahrenen Pflanzer aus der Kolonie 
nach Nebraska, wo ähnliche Witterungsverhältnisse 
wie in Südwest herrschen, zu entsenden, um das 
sogenannte Campbellsche System zu studieren, 
  
durch das die in trockenen Ländern besonders 
schnelle Verdunstung des Wassers verzögert 
werden soll. 
Aus Deutsch-Ostafrika hat auch in diesem 
Jahre wieder der Export trotz des Aufstandes, 
der im Süden der Kolonie im Anfang des vorigen 
Jahres die Vernichtung eines großen Teiles der 
Felder zur Folge hatte, eine Steigerung erfahren. 
Über die Größe derselben läßt sich Genaueres 
nicht sagen, da die Verschiffungen der Ernte erst 
zum Teil erfolgt sind. Bisher sind verschifft: 
786 Ballen à 500 Pfund durch die Deutsche 
Ostafrika-Linie, 
205 Ballen durch Wm. O'Swald & Co., 
130 Ballen Viktoriasee-Baumwolle durch die 
Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft. 
Die Qualität ist in diesem Jahre besonders 
gut ausgefallen. Sadani-Baumwolle wurde am 
25. Oktober mit etwa 85 Pf. bewertet, Baumwolle 
ans Ssamanga im Kilwabezirk erzielte am 2. Fe- 
bruar einen Preis von 95 Pf., den höchsten Preis 
von 1,02 Mk. für ½ kg brachte eine Sendung 
aus dem Viktoriasee-Gebiet. Größere Baumwoll-= 
Entkernereien befinden sich in Tanga, Bagamojo, 
Kilwa, Daressalam, Sadani, Morogoro, Mombo 
und Muansa. Außerdem sind Ansiedlern und 
Missionen im Innern Entkernungsmaschinen mit 
Handbetrieb vom Komitee geliefert worden. 
Ein bedeutungsvolles Unternehmen ist in den 
letzten Monaten von dem Kolonial-Wirtschaftlichen 
Komitee in Sadani geschaffen worden. In dem 
dortigen Alluvialland hat sich eine Art von Baum- 
wollbau= und Dampfpflug-Genossenschaft gebildet, 
deren Mittelpunkt die Versuchspflanzung des 
Komitces ist. Insgesamt sind von dem Komitee 
und Interessenten über 2000 ha zusammen- 
hängendes Baumwollland dort in Pacht genommen, 
deren Kauf nach den Bestimmungen des Gou- 
vernements entsprechend den Fortschritten der 
Kultivierung erfolgt. An dem Unternehmen sind 
u. a. beteiligt: Die Kommune Bagamojo mit 
500 ha, R. & O. Lindemann, Dresden-Alexan-- 
drien, 2000 ha, Cangos & Norre, Alexandrien, 
8000 ha, Gruppe Pesanis 1000 ha, Altrock 
200 ha, Spethmann 500 ha, Tresos 300 ha, 
Devers 800 ha und das Komitee mit 1000 ha. 
An dieses Unternehmen schließt sich die in Ent- 
wicklung begriffene Eingeborenenkultur im Hinter- 
lande von Sadani an. Entkernen und Pressen 
wird von der Ginstation des Komitees in Sadani 
besorgt. Der Dampfpflug mit zwei 16pferdigen 
Lokomotiven wurde am 10. November verschifft 
und am 19. Dezember in Betrieb gesetzt. Nach 
dem Bericht des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees 
vom 24. Jannar sind die Versuche bisher gut 
gelungen. Es wurden zunächst 14 ha gepflügt. 
Der Boden war zum Teil sehr schwer und mit
	        
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