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Die Richtung für die ersten Arbeiten war
gegeben durch den bekannten, von R. Koch 1897
hier ausgeführten Versuch oder doch das ihm zu-
grunde liegende Prinzip: „Schutzimpfung mit
lebenden Krankheitserregern, die in ihrer Virun-
leuz für die zu schützende Tierart mittels Passage
durch andere Tierarten abgeschwächt sind.“
Solcher Passageversuche habe ich eine ganze An-
zahl ausgeführt, mit sehr verschiedenem Erfolg.
An Ausgangsmaterial standen mir im Lauf der
zwei Jahre insgesamt zehn verschiedene Trypa-
nosomenstämme zur Verfügung. Für Abschwä-
chungsversuche wurden selbstverständlich nur solche
Trypanosomen verwandt, deren Virulenz für die
jeweils in Betracht kommende Tierart festgestellt
war.
Die Kombination der Passage durch graue
Ratten und Hunde wurde in mancherlei Va-
riationen angewandt. Einige dieser Versuche,
mit denen schon in Kilwa, also an nicht ein-
wandsfreiem Material begonnen worden war,
haben keine klaren Resultate ergeben. Wieder-
holt ist es mir nicht gelungen, die von granen
Ratten weiter verimpften Tsetsetrypanosomen im
Blut der Hunde und dann der Rinder wieder
nachzuweisen. Anfangs vielleicht mit aus dem
Grunde, daß ich nicht früh oder nicht intensiv
genug danach gesucht habe; wenigstens ließ die
Temperaturkurve in der Regel darauf schließen,
daß die beabsichtigte Infektion doch erreicht war.
Daun mußten die in Kilwa geimpften Tiere
ziemlich bald nachher den Tsetsegürtel passieren,
was zu einer weiteren Verschleierung des Bildes
führte. Immerhin zeigte sich, daß die Schutz-
impfung selbst keine schwere Erkrankung ver-
ursachte und in mehreren Fällen trat eine deut-
liche Schutzwirkung hervor. Aber zehn so vor-
behandelte Rinder erwiesen sich gegen später
erfolgende virulente Infektion nicht geschützt.
Daß die Passage durch graue Ratte und
Hund nicht immer genügt, um Trypanosomen
zur Schutzimpfung von Nindern geeignet zu
machen, zeigte sich später, als ich über einen zu
höherer Virulenz für Rinder angezüchteten Stamm
verfügte. Diese Parasiten wurden, nachdem sie
vier Monate in der ihnen bald darauf erliegenden
grauen Ratte verweilt und dann einen Hund in
zwölf Tagen getötet hatten, auf zwei Rinder
verimpft. Nur das eine, das etwa vier Monate
lang fieberte und Trypanosomen im Blute auf-
wies, kam durch und war ein Jahr nach der
Impfung gesund, während das andere ihr am
97. Tage erlag. Auch nach Einschaltung einer
zweiten grauen Ratte vor Überimpfung auf den
Hund töteten diese Trypanosomen noch eines
von zwei Rindern in 86 Tagen. Die Umkehr
der Reihenfolge gab keine besseren Resultate.
Ich ließ die Parasiten zuerst zweimal durch den
Hund und dann einmal resp. zweimal durch die
graue Ratte gehen; die beiden damit geimpften
Rinder erlagen am 91. resp. 92. Tag.
Um zu sehen, ob der mit der Verwendung
von grauen Ratten und Hunden anderwärts er-
reichte, zum Teil ja auch hier bestätigte Erfolg
gerade auf dieser Kombination beruht, verwandte
ich in mehreren anderen Versuchen nur Ratten
oder nur Hunde. Die Resultate der Hunde-
passage waren nicht gleichmäßig. In einem Ver-
such riesen Trypanosomen, die ein Rind in vier
Monaten töteten, nach einmaligem Durchgang
durch den ihnen in zwei Monaten erliegenden
Hund bei fünf Nindern nur eine leichte Er-
krankung hervor, deren Uberstehen jedoch gegen
eine dreiviertel Jahr später erfolgte virulente
Infektion nicht schützte. Nur eines dieser Rinder,
bei dem erst noch eine mildere Infektion ein-
geschoben war, überstand dann auch die virulente.
Aber Trypanosomen des oben erwähnten stärker
virulenten Stammes töteten nach zweimaligem
Durchgang durch Hunde ein Rind in 46 Tagen,
nach sechzehnmaligem noch sechs von sieben
Rindern in 40 bis 122 Tagen; nach der
32. Passage wurde der Versuch deshalb nur noch
an einem Rind wiederholt und auch dieses ver-
endete am 50. Tag. Ob die trotzddem fort-
gesetzte Passage durch Hunde doch noch Erfolg
gehabt haben würde, konnte wegen des Abbruchs
der Arbeiten nicht mehr geprüft werden.
Bei grauen Ratten waren die Ergebnisse
günstiger aber auch ungleichmäßig. In einem
Versuch zeigten die Trypanosomen nach sechs-
maliger Passage sich noch ziemlich virulent für
Rinder, in vier anderen Fällen riefen sie schon
nach zwei= resp. dreimaliger Passage keine schwere
Erkraukung bei den Rindern mehr hervor und
zwei von diesen, wahrscheinlich sogar drei —
eines konnte nicht mehr darauf untersucht
werden — haben Immnnität gegen virulente
Jufektion erlangt. — Eine schon weiter gediehene
Rattenpassage riß leider, ehe Rinder von ihr
aus geimpft waren, ab.
Ziegen erwiesen sich als unbrauchbar zur
Abschwächung der von einem gefallenen Rind
stammenden Trypanosomen. Diese töteten, nach-
dem sie im Laufe von anderthalb Jahren nach-
einander zehn Ziegen passiert hatten, von fünf
Rindern vier, zum Teil ziemlich schnell, darunter
ein schon anderweitig vorbehandeltes. Bei dem
fünften, ebenfalls vorbehandelten, führten sie zu
einer etwa ein halbes Jahr dauernden Er-
krankung, nach deren Üüberstehen Schutzstoffe nach-
gewiesen werden konnten. Zwei andere Rinder,
die mit den Trypanosomen einer „geheilten"“,
anderthalb Jahr vorher infizierten Ziege (vierte