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Kanus an und brachten ein großes Schwein
sowie eine größere Menge Muschelgeld. Auch
boten sie weitere Geiseln an. Das Anerbieten
wurde jedoch abgelehnt. Darauf fuhren die Ein-
geborenen wieder an Land. Durch den bis dahin
auf dem Schiffe festgehaltenen Eingeborenen ließ
ich nunmehr den Leuten mitteilen, daß sie bei
Wiederholung derartiger Vorgänge strenge Be-
strafung zu gewärtigen hätten und daß ich ihnen
im übrigen Bedenkzeit gäbe, die gefangen ge-
haltenen Weiber zurückzubringen. Sie sollten die
Weiber in Komuli abliefern. Falls bis zur
nächsten Ankunft des „Seestern“ der Befehl nicht
ausgeführt sei, würden wir auf das schärsste
gegen sie vorgehen.
Es erschien mir angezeigt, mich für diesmal
mit diesen Schritten zu begnügen. Das Dorf
liegt sehr exponiert am Strande. Tiefes Wasser
ermöglicht das Heranfahren bis auf hundert Meter.
Somit wäre es ein Leichtes, das Dorf unter
Geschütz= wie auch unter Gewehrfeuer zu nehmen.
Auch kann man von Papitalai aus das Dorf zu
Lande erreichen und damit den Leuten den Rück-
zug abschneiden. Da die Loninleute aber erst
vor etwa zwei Jahren schwer bestraft worden
sind, wollte ich mir ein Vorgehen mit Waffen=
gewalt für den äußersten Fall vorbehalten. Zeigt
sich, daß die Leute trotz der wiederholten Warnung
ihr Treiben fortsetzen, dann kann bei der nächsten
Anwesenheit des „Seestern“ oder eines Kriegs-
schiffes Bestrafung erfolgen.
Vor Papitalei, das im Südosten der großen
Manusinsel, inmitten einer ausgedehnten Lagune
liegt, kamen wir nachmittags an. Die Einfahrt
ist wegen der vielen, meist kaum sichtbaren Riffe
nicht ungefährlich, doch sind bereits von S. M.
Schiffen „Seeadler“ und „Kondor“ aufgenommene
Skizzen da, die eine Orientierung wesentlich er-
leichtern. Auch hier kamen die Eingeborenen als-
bald in großer Zahl an den „Seestern“ heran.
Unter ihnen befand sich der Missionszögling Po
Minis, der gegenwärtig in seiner Heimat weilt,
um für die katholische Mission anzuwerben. Da
er sowohl Pidgin-Englisch, wie auch ziemlich viel
Deutsch spricht, so ist er als Dolmetscher und
Führer sehr gut zu gebrauchen. Ich nahm des-
halb auch seine Dienste in Anspruch, um die auf
beiden Seiten der flußartig sich dahinziehenden
Lagune gelegenen Eingeborenen-Niederlassungen
zu besuchen. Dank der Vermittlung Po Minis,
welcher hier einen ziemlichen Einfluß ausübt,
wurden wir überall gut aufgenommen, wiewohl
die Leute ein sehr scheues Wesen an den Tag
legten und sich erst nach längerem Hin= und Her-
verhandeln in größerer Zahl heranwagten. Alte
Leute, die man sonst selten sieht, bekamen wir
hier mehrfach zu Gesicht. Bei ihrem Anblick
fragt man sich unwillkürlich im Stillen, wieviele
Menschen wohl jeder von ihnen schon verzehrt
und sonst auf dem Gewissen habe, denn dem Kan-
nibalismus wird im ganzen Gebiete der Admi-
ralitäts-Inseln nach wie vor noch stark gefröhnt.
Ein gründlicher Wandel wird hierin erst zu
schaffen sein, wenn diese Gebiete eine eigene
Polizeimacht besitzen.
Am Sonnabend, den 17. November, verließen
wir in der Frühe Papitalei und besuchten am
gleichen Tage noch die Carpenter-Insel (im
Nordwesten von Manus) auf welcher die Firma
Hernsheim & Co. eine Station besitzt. Infolge
des regnerischen Wetters, das den ganzen Tag
geherrscht hatte, konnten wir uns jedoch kaum
eine halbe Stunde aufhalten, da wir noch vor
Einbruch der Dunkelheit wieder die hohe See
gewinnen wollten, um am nächsten Morgen in
der Gruppe der Hermits-Inseln anzukommen.
Nach dem Berichte des Vertreters der Firma
Hernsheim & Co. lag Anlaß zu Klagen wegen
Ausschreitungen von Eingeborenen der Carpenter-
Inseln nicht vor; doch ist auch hier, wie auf
allen anderen Inseln der Gruppe, äußerste Vor-
sicht geboten. Daß wir nur kurzen Aufenthalt
nehmen konnten, war um so bedauerlicher, als
während der Zeit unserer Anwesenheit von allen
Seiten mindestens zwanzig große Kanoes mit je
zehn bis zwölf Eingeborenen angesegelt kamen.
Die Leute hier gehören mit zu den schönsten
und kräftigsten Gestalten, welche mir je in der
Südsee begegnet sind. Ihre vielen, zum Ver-
kaufe angebotenen Holzschnitzereien und sonstigen
Arbeiten zeugen von großer Geschicklichkeit. Die
Leute sollen auch, wie mir verschiedentlich mit-
geteilt wurde, recht fleißig sein. Da die Insel-
gruppe angenscheinlich sehr stark bevölkert ist, so
öffnet sich hier für späterhin noch ein reiches
Feld der Arbeiteranwerbung.
Am Sonntag, den 18. November, kamen wir
morgens gegen sieben Uhr vor Maronn an.
Hier hat der Kaufmann und Pflanzer Heinrich
Rudolf Wahlen, dem die Gruppe der Hermits-
Inseln mit Ausnahme der etwa 1000 Hektar
großen Insel Luf und der kleinen Insel Zet
gehört, seine Hauptniederlassung. Die Schiffe
liegen infolge der vielen vorgelagerten Riffe vor
Maronn einigermaßen geschützt, doch ist wegen
allzu tiefen Wassers der Ankergrund nicht be-
sonders günstig. Die Insel Maronn ist, wie
auch Luf und Akeb, hügelig; hoch oben auf der
Anhöhe hat sich Wahlen ein stattliches Haus im
modernen Stile errichtet. Man staunt, in diesem
abgelegenen Teile der Südsee ein solches Besitz-
tum vorzufinden. Von den Veranden des Hauses
genießt man eine herrliche Rundsicht über die
Inseln und das infolge der vielen Riffe in