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Es war eine herrliche Fahrt. Endlich hatte man
den Siegespreis, um welchen so lange gerungen
war, in Sicherheit. Wieviele Gedanken gingen
einem bei dieser Fahrt durch den Kopf! Be-
sonders mußte ich all der tapferen Reiter ge-
denken, denen diese Gewehre gehört hatten und
die ihr Leben verloren hatten. Denn es waren
ja alles unsere Gewehre, und mit jedem Gewehr
war der Tod eines braven Reiters verbunden.
Am 24. früh war ich in Ukamas. Es war
gerade der Geburtstag des Oberstleutnants
v. Estorf, und so konnte ich ihm als schönste
Geburtstagsgabe die Gewehre der Bondels auf-
bauen; in unserer Weihnachtsstube wurden sie
rings an den Wänden aufgestellt, in der Mitte
der Stube der Weihnachtsbaum — eine eigen-
artige Weihnachtsfeier!“
Ein wesentliches Verdienst an der Unter-
wersung der Bondels gebührte dem Kommandeur
der Truppen des Südbezirks, Oberstleutnant
v. Estorff. Seit fast drei Jahren stand er un-
unterbrochen im Felde und hatte sich auf allen
Ariegsschauplätzen als selbständiger Truppenführer
n den schwierigsten Lagen bewährt, zuerst im
Norden gegen die Hereros, dann im mittleren
Namalande gegen die Hottentotten und zuletzt im
Süden gegen die Bondels. Durch seinen recht-
lichen Sinn hatte er das Herz eines jeden Reiters
gewonnen, und seiner zähen Ausdauer und un-
beugsamen Hingabe war manch schöner Erfolg
der deutschen Waffen zu danken gewesen.
Die maßvollen Bedingungen des Unter-
werfungsvertrages und dessen strenge Innehaltung
hatten zur Folge, daß die Bondels begannen,
wieder Vertrauen zur deutschen Regierung zu
sassen, und zahlreich aus dem englischen Gebiet
auf das deutsche zurückkehrten. Bis Anfang
Juni stieg die Zahl der Bondels, die sich den
Bedingungen des Friedens von Ukamas unter-
warfen, einschließlich der Frauen und Kinder auf
224. Unter denjenigen, welche aus dem Kap-
lande zurückkehrten, befand sich auch Joseph
Christian, der Bruder des Johannes, der großes
Ansehen unter den Bondels genießt. Auch die
meisten Gewehre der Bondels befinden sich jetzt
in deutschen Händen; bis Ende März waren es
einschließlich der in den letzten Kämpfen erbenteten
232 Stück. Die Überführung in die den Bondels
#ezugewiesenen Ansiedlungen bei Kalkfontein ging
Klatt vonstatten. Da ihnen beim Friedeusschluß
Paßzwang auferlegt wurde, dürfen sie diese
Siedlungen, die unter behördlicher Aussicht stehen,
nicht ohne Erlaubnis verlassen.
Voon den übrigen Führern der Aufständischen
stellte sich Fielding für seine Person am 5. April
1907, ebenso eine Anzahl seiner Leute. Morris
hat die mit den Bondelzwarts abgeschlossene
Unterwerfung unterzeichnet und will auf deutsches
Gebiet zurückkehren. Im Felde stehen nur noch
Simon Kopper und Lambert. Lamberts An-
hänger waren Anfang Februar von Lentnant
Frhr. v. Crailsheim und Oberleutnant Rausch
bei Rosinbusch und Besondermaid geschlagen
worden; Leutnant v. Crailsheim hatte kurz darauf
ihre Werft aufgehoben. Weitere kleine, für die
Dentschen siegreichen Gefechte gegen Lambertleute
haben Mitte April 1907 stattgefunden, wobei diese
fünf Tote und eine Anzahl Gefangene verloren.
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Da diese Gegner sämtlich zu größeren Unter-
nehmungen unfähig waren, stand der Aufhebung
des Kriegszustandes kein Bedenken mehr entgegen.
Sie wurde durch Allerhöchste Ordre für den
31. März 1907 angeordnet. Gleichzeitig wurde
der Chef des Generalstabes der Armec von der
Leitung der Operationen in Südwestafrika ent-
bunden und angeordnet, daß die Schutztruppe,
deren Verminderung bereits mit dem Eintreffen
des Obersten v. Deimling begonnen hatte, all-
mählich in die für die Zukunft in Aussicht ge-
nommene Organisation überzuführen sei. Durch
Heimsendung der mit den ersten Verstärkungs-
trausporten im Schutzgebiet eingetroffenen Mann-
schaften wurde die Schutztruppe zunächst bis Ende
März 1907 auf eine Stärke von 7400 Mann
zurückgeführt.
Für die Zukunft wurde in Aussicht genommen,
die Schutztruppe in Nord= und Südtruppen
zu teilen, die je einem älteren Stabsoffizier
unterstehen sollten. Im ganzen sollten außer den
erforderlichen technischen Truppen und Verwaltungs-
behörden 17 berittene Kompagnien, vier Ma-
schinengewehrzüge, drei Feld= und drei Gebirgs-
batterien gebildet werden, ihre künftige Stärke
Trund 4000 Mann betragen. An ihre Spitze trat
der Oberstlentnant v. Estorff. Der bisherige
Kommandeur, General v. Deimling, war nach
erfolgreicher Lösung seiner Aufgabe nach Deutsch-
land abgereist. Die kurze Zeit seiner Kommando-
führung hatte ihm ernent Gelegenheit gegeben,
seine hohe Tatkraft und Einsicht, seine belebende
Frische und seine kluge Mäßigung im Dienste des
Vaterlandes zu bewähren.
Bis die allgemeine, tief gehende Erregung
der farbigen RNasse sich gelegt hat, befindet sich
das gesamte Schutzgebiet in einer Üübergangs=
zeit, in der es gilt, das Erreichte zu sichern,
den beginnenden Wiederaufbau zu ermöglichen