Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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land: unglücklicherweise befindet sich hier ein 
70 bis 100 Kilometer breiter Landstreifen, der 
es verhindert, daß man von der Küste in das 
Land hineinkommen kann, infolgedessen konnte 
der Weg dahin nur zurückgelegt werden entweder 
vom Süden aus durch das Kapland über den 
Oranjefluß oder — nach den 50er Jahren — 
von der Walfischbai aus, vom Norden her, durch 
das Tal des Swakop über Otjimbingne und 
Windhuk. Der Weg von der Lüderitzbucht aus 
ist eine Sandwüste, der nur mit Gefahr des 
Verlustes des Zugviehs und des Verdurstens der 
Reisenden betreten werden kann. Die ersten 
wissenschaftlichen Reisenden, auch die ersten 
Missionare aus London und von der Rheinischen 
Mission — zu den letzteren gehörte auch mein 
seliger Vater — sind vom Süden her hinein- 
gekommen. Später fuhren die Missionare und 
Händler vielfach vom Kaplande herauf nach 
Walfischbai und traten vom Norden her in das 
Land hinein. 
Das ist die einzige Ursache, weshalb das 
Land so zurückgeblieben ist. Es ist geradezu 
eine Ironie des Schicksals, daß an dieser Küste, 
von der man nicht in das Land hineinkommen 
kann, einer der besten Häfen Südafrikas 
sich besindet, die Lüderitzbucht. Aber der breite 
Sandgürtel macht es eben unmöglich, in das 
Land hineinzukommen, und ohne glatte Ver- 
bindung mit der Küste, ohne eine leichte Ver- 
bindung mit der Außenwelt ist in den über- 
seeischen Gebieten eine Kolonie absolut ent- 
wicklungsunfähig; wenn nicht eine Verbindung 
zur See besteht, ist mit dem Lande nichts an- 
zufangen; ohne eine solche Verbindung wird das 
Namaland bleiben, was es ist, ein von Ansiedlern 
gemiedenes Land, aus welchem aber dasselbe 
gemacht werden könnte, was im Kapland aus 
der Karoo gemacht worden ist. 
Der mittlere Teil von Südwestafrika, das 
Hereroland, ist vom Namaland durchaus ver- 
schieden; dort gibt es Graswuchs, und es wachsen 
dort auch sehr viele Bäume, daher ist es be- 
sonders für die Viehzucht geeignet. Ich weise 
hierfür auf das hin, was in den Berichten 
der englischen Kommissare sich findet über den 
Viehreichtum des Landes, und möchte nur einige 
wenige Angaben machen aus meinen eigenen 
Erfahrungen. 
Bis vor 25 Jahren wurde regelmäßig das 
Vieh nach dem Süden von Kapland gebracht 
über Groß-Namaland. Dort wurden in der Nähe 
von Kapstadt regelmäßig Auktionen des Damara= 
landviehes abgehalten. Der Bauer kaufte das 
Vieh und trieb es einige Monate auf die Weide, 
und dann wurde es als Schlachtvieh in den 
Städten und Dörfern des Kaplandes verkauft. 
Afrikaner, 
  
* 
Bis zu der Zeit, als der Bau der Eisenbahn 
nach dem Freistaate zu ausgeführt wurde, kam 
viel Vieh von dort her nach dem Kaplande, 
weniger von Damaraland, weil dort der Jonker 
der räuberische Häuptling der Hotten- 
totten, es unmöglich machte, daß die Zufuhr sich 
regelmäßig vollziehen konnte. Zu jener Zeit ging 
das Vieh nicht mehr nach dem Süden, sondern 
nach Transvaal. Es gab eine ganze Menge 
Händler, welche das Vieh aufkauften, es hinüber- 
trieben nach Trausvaal, und dort wurde es ver- 
kauft. Viele haben häufig diesen Rundgang ge- 
macht. Der Herr Gouverneur v. Lindegquist 
wird sich besonders des Herrn Schmerenbeck in 
Windhuk erinnern, der dort noch heute wohnt. 
Ich habe ihn öfter getroffen, und er hat mir 
über die Verhältnisse in den durchreisten Ländern 
sehr wertvolle Aufschlüsse gegeben. Vor etwa 
vier Jahren habe ich dann in Windhuk einen 
Herrn Riesle aus dem Betschnanalande getroffen. 
Dieser hatte 500 Ochsen gekauft und ließ sie 
hinübertreiben nach Mafeking in dem Betschuana- 
lande. Die Sache hat auf mich einen großen 
Eindruck gemacht. Am Kap haben wir auch 
eine Fleischnot, und zwar viel bitterer, als wie 
sie augenblicklich in Deutschland nach den An- 
gaben der Zeitungen bestehen soll. Unsere Fleisch= 
not besteht darin, daß wir jetzt 80 bis 100 Pro- 
zent mehr für gefrorenes Fleisch zahlen müssen. 
Durch den Burenkrieg ist der Viehbestand in der 
Kolonie ungeheuer reduziert worden. Nach meiner 
Rückkehr traf ich den Direktor einer großen Fleisch- 
versorgungsgesellschaft, der mir sagte, daß damals 
monatlich ins Kapland an gefrorenem Fleisch 
eingeführt wurden: 70 000 Schafe und 8000 
Ochsen, wofür ein hoher Preis gezahlt wurde. 
Ich machte darauf aufmerksam, daß es wohl der 
Mühe wert wäre, zu sehen, ob es nicht möglich 
sei, den früheren Viehhandel von Damaraland 
nach dem Kapland wieder ins Leben zu rufen. 
Ich veranlaßte ihn, einen Vertreter nach Deutsch- 
Südwestafrika zu schicken, um das Land auszu- 
kundschaften, wie es dort mit dem Viehbestande 
bestellt sei. Dieser Vertreter kam nach 3 bis 
4 Monaten zurück und berichtete, daß die Menge 
von Vieh nach der großen Rinderpest noch nicht 
derart sei, daß man daran denken könnte, so 
große Massen wieder nach Kapstadt zu bringen, 
wie es früher der Fall war. Zudem glaubte 
er, daß Leben und Eigentum nicht so sicher sei, 
um größere Anlagen zu machen. Ich bin aber 
der festen Uberzeugung, sobald wieder die Vieh- 
zucht auf der Höhe steht wie früher, dann brauchen 
wir nicht Sorge zu tragen, wohin das Vieh ver- 
kauft werden kann; an Käufern wird es aufs 
allen Seiten genug geben, die werden aus ganz 
Südafrika nach Damaraland kommen.
	        
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