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Deutsch-Südwestafrika.
Vom Bau der Südbahn.
Nach einer soeben eingetroffenen telegraphischen
Nachricht ist in diesen Tagen die etwa 30 km
lange Teilstrecke Schakalskuppe — Kuibis für
Militärtrausporte eröffnet worden. Das ist eine
wichtige Etappe des Bahnbaues: Kuibis ist die
erste wirklich reiche Wasserstation der Linie; sie
wird imstande sein, gleichzeitig die Bahnstrecke
ihres Bereichs und die Zugtierherden der mili-
tärischen Fuhrparkkolonnen, die nunmehr bis auf
weiteres in Kuibis ihr Hauptviehdepot einrichten
werden, mit Wasser zu versorgen.
Insgesamt sind von der Lüderitzbahn jetzt
rund 205 km im Betriebe, also bis Keetmans-
hoop noch etwa 160 km zu bauen.
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Oeutsch-Neuguinea.
Talfun In den Mortloch-Inseln.“)
Am 30. April d. Is. traf der Händler Pierre
Nédélec von den Mortlock-Inseln mit seinem
kleinen, acht Tons großen Fahrzeug hier in Po-
nape ein. Er berichtete, daß am 27. März ein
schwerer Taifun über die Inseln weggegangen
sei, der namentlich in den südlichen Teilen des
Gebiets arge Verwüstungen angerichtet habe. Die
durch den Sturm wild erregte See habe die
niedrigen Inseln überschwemmt, zahlreiche Bäume
umgerissen, die Taropflanzungen vernichtet und
eine große Menge Menschen fortgeschwemmt und
ertränkt. Infolge des Mangels an Nahrungs-
mitteln sei unter dem Rest der Bevölkerung
Hungersnot ausgebrochen, und dieser Umstand
habe ihn veranlaßt, nach Ponape zu kommen,
um von hier wenigstens etwas Proviant zu holen,
soviel sein Fahrzeug fasse. Er fügte noch die
Mitteilung hinzu, daß in demselben Sturm der
Schuner „Carl und Ella“ (Eigentum der Jaluit-
gesellschaft) mit dem Kapitän (Warners aus Emden)
und einem Teil der Besatzung, die aus Einge-
borenen bestand, untergegangen sei. Zwei von
diesen Eingeborenen befanden sich auf dem Fahr-
zeug des Nédôlec und bestätigten die Aussagen;
sie sind einen Tag und zwei Nächte auf dem
Meer, sich an Bretter klammernd, umhergetrieben
und haben sich auf das Riff von Tä, südlichen
Insel der Satoau-Lagunec, gerettet.
Der Händler Nédelec überbrachte auch noch
Briefe von dem Kaufmann Janssen (Vorsteher
) Nach einem Bericht des Kaiserlichen Bezirksamts
Ponape. Vgl. hierzu den Artikel S. 567: Ein Taifun
en den Westkarolinen.
der Trukstation der Jaluitgesellschaft) mit einigen
näheren Mitteilungen über die Zerstörungen, die
der Sturm angerichtet hat. In den Briefen
schreibt Janssen ungefähr folgendes:
„Am 8. April, zwei Tage nachdem die „Ger-
mania“ Truk verlassen hatte, kam Néôdélec hier
ein und brachte mir die Nachricht von der Zer-
störung der Mortlock-Inseln und dem Untergang
des Schuners. Ich fragte dann sofort, ob er
nicht sogleich nach Ponape weitersegeln könne,
um dorthin die Nachricht zu überbringen, doch
glaubte er bei dem herrschenden Gegenwind und
seiner Unkenntnis der Navigation dies nicht unter-
nehmen zu können; er wollte vielmehr noch ein-
mal wieder nach den Mortlocks, um seine Familie
und Waren in Sicherheit zu bringen. Ich be-
gleitete Nédelec in Gierows Boot und hatte die
Absicht, ihn von den Mortlocks nach Ponape zu
schicken und gleichzeitig einen Bericht über den
Zustand der von dem Unwetter berührten Inseln
zu senden.
Laut Bericht des Händlers Nödélec sind bei
der Katastrophe ums Leben gekommen:
in der Lukunor-Lagune 14 Eingeborene,
= Satoau-= - 31
v
auf der Insel Tän. . . 173 -
- - Mott. . 2 -
in der Etal-Lagune. . 7 -
zusammen . . 227 Eingeborene.
Von den von Tä fortgespülten 173 Menschen
haben 30 lebend Kutu erreicht, sind aber meisten-
teils so sehr verletzt und schwach, daß an ihrem
Aufkommen gezweifelt wird.“
Janssen führt dann weiter aus: Die hohe
See und der stärkste Sturm haben die Inseln
von Südost getroffen, sie hätten so sehr gelitten,
daß sie zur Zeit nicht imstande seien, die Bewohner
zu ernähren. Die in Satoau und Lukunor vor-
handenen Nahrungsmittel würden für die Be-
wohner kaum bis Ende des kommenden Monats
(Mai) reichen. Der schwerste Schaden sei durch
das Seewasser angerichtet worden, das die Taro-
pflanzungen und Brotfruchtbäume vernichtet habe.
Den Zustand der von ihm besuchten Inseln
im einzelnen schildert Janssen in folgender Weise:
„Wir passierten und besuchten Naun, Losap,
Namuluk, Etal und Lukunor; die Satoau-Lagune
habe ich nicht besucht, doch berichtet der Häupt-
ling Eneri auf Lukunor sowie Nôdélec, welcher
die Lagune gleich nach dem Sturm besucht hat,
daß die Insel Tä am schwersten gelitten hat, ja
zur Hälfte sogar vollständig zerstört ist und nur noch
ein kahles Riff aufweist. Die nächste Insel (Sa-
toan) soll in gleicher Weise verwüstet sein. Die
auf der Leeseite gelegenen Inseln, wie Kutu,
Mott usw., haben dagegen nicht so sehr gelitten,