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Von den auf der Erde rankenden genießbaren
Gewächsen ist noch eine Art wilder Gurke zu
erwähnen. Der Bur nennt sie Kummer, der
Hottentott Noa, der Herero Antiase. Ich habe
sie, soweit ich im Lande herumgekommen bin,
überall gefunden. Diese kleinen Gurken erreichen
die Länge eines Zeigefingers, werden etwa zwei
Finger dick und sind mit weichen Stacheln bedeckt.
Sie sind sehr saftig und geschält sehr erfrischend,
haben auch nicht den faden Geschmack der Tschama.
Wenn man sie unter Zusatz von Essig, Ol und
Pfeffer in Scheiben schneidet, kann man sich aus
ihnen einen schmackhaften Salat bereiten. Aber
auch hier muß jede Frucht gekostet werden, ob sie
nicht bitter ist, da von all den eben beschriebenen
Melonen und Gurkenarten süße und bittere Exem-
plare nebeneinander vorkommen. Meist sind sie im
Sande gut, in Revieren und in lehmigem Boden
bitter. Pferde und Ochsen fressen die Kummern
sehr gern. Ich habe häufig beobachtet, daß be-
sonders erstere sie den Tschamas vorziehen.
An Bäumen und Sträuchern findet man zu-
weilen ein Rankengewächs, dessen Blätter etwas
an Wein erinnern, aber kleiner und tiefer ein-
geschnitten sind. Es ist dies d Gauro des
Hottentotten und Omakunqu des Herero. Die
reifen Früchte dieser Pflanze sind etwa fingerlange
rote dicke Gurken. Noch grün werden sie von
den Eingeborenen gepflückt und in heißer Asche
geröstet gegessen.
Eine Reihe von Pflanzen erinnert ihrem Ge-
schmack nach mehr oder weniger an Kartoffeln.
Zunächst gehört hierher eine von den Buren
Onki, von den Hottentotten n Ghaus, vom
Herero Osen genannte Pflanze, die man aber
nach ihrem Aussehen auch zu den Zwiebeln
rechnen kann. Der Geschmack ähnelt jedoch dem
der Kartoffel. Dieses Knollengewächs mit schmalen
lanzettenförmigen Blättern wächst meist in Revieren
oder auf rotem, selten und nur spärlich auf grauem
und weißem Sand. Es wird in Asche geröstet
und dann geschält genossen. Eingeborene kochen
die Onkis auch gern in Wasser oder noch lieber
in Milch zu einem guten und sehr nahrhaften
Brei.
Eine größere Art Onkis, auf Nama Sun
Sun, in der Hererosprache Owiture genannt,
wächst nur im Sande, besonders im Sandfeld,
nicht aber in Revieren. Zubereitet und genossen
wird sie wie die gewöhnlichen Onkis.
Eine für Nichteingeborene sehr schwer zu fin-
dende Feldfrucht ist die Ghabas, die bei den
Hereros Owikandu heißt. Mir ist es noch nicht
geglückt, selbständig eine zu finden, obwohl sie in
hiesiger Gegend genügend vorkommt. Sie erscheint
als eine Art Trüffel, in der Größe einer Kinder-
faust, und kennzeichnet sich im Sande nur durch
eine kleine Erhebung mit einigen Rissen. Blätter
sind nicht vorhanden. Sie wird in heißer Asche
geröstet und schmeckt ganz gut.
Eine merkwürdige Kartoffel brachte mir ein
Feldherero in der Gegend von Epata; leider
hatte er das Kraut fortgeworfen. Er nannte sie
Omongorua. Zunächst befindet sich unter der
Erde eine runde Knolle mit einer dünnen Schale
wie bei jungen Kartoffeln. An dieser Knolle
hängen wieder vier etwa 8 cm lange Kartoffeln
mit dünner brauner Schale an Wurzelfasern. In
Asche gelegt, schmeckten sie wie geröstete Kartoffeln.
Der Eingeborene sagte, daß diese Frucht im
Sandfeld nur selten, dagegen weiter östlich im
Buschmannlande oft vorkäme.
Sehr häufig findet man die Sandnüsse,
von den Hottentotten Ngnau, von den Herero
Orabanui genannt. Sie wachsen an Ranken
auf der Erde. Die trockenen Blätter und Ranken
sehen rötlich wie Buchenblätter aus. Die Nüsse
selbst liegen in einer harten Schale, die reif auf-
springt. Die Kerne sind braun. Man legt die
Nuß in glühende Asche und röstet sie. Dann wird
die Schale zerschlagen und der Kern entweder so
oder in Wasser gekocht gegessen.
Auch die Kerne einer Schote, die an einem
niedrigen Busch mit kleinen Blättern wächst, dienen
als Feldkost. Sie wird von den Hereros Omu-
tina katjibera genannt. Im Sandfeld habe
ich in der Nähe von Sandpützen oft große Haufen
ihrer Schalen getroffen — die Abfälle eines
Hererodiners. Auch hier werden die Kerne ent-
weder geröstet oder wie Mehlpapp mit Wasser
oder Milch gekocht.
Den Zucker ersetzen die von den Buren Co-
rinden, auf Nama Ngaus und von den Hereros
Omanbinjere genannten kleinen roten Beeren,
die einen etwa mannshohen Busch mit kleinen
schmalen Blättern bedecken. Ich habe ihn überall
getroffen. Seine süßen Beeren sind bei den Ein-
geborenen sehr beliebt. Sie werden frisch gegessen
oder mit Milch getrunken. Noch grün werden sie
auch zur Herstellung von Honig= oder Zuckerbier
verwandt. Ein Gemisch von grünen Ngaus, Honig
oder Zucker und warmem Wasser läßt man 24
Stunden gären; gut gekühlt, ergibt es ein sehr
erfrischendes und nicht ermüdendes Getränk. Die
Hesfe wird immer wieder aufgehoben; man
braucht dann die Corinden nicht mehr.
Da im Sandfeld die Tschamas nur selten
vorkommen — ich habe auf mehreren Ritten
zwischen Ombakaha und Epata nicht eine gefunden
— hat die Natur dort eine andere wasserhaltige
Pflanze geschaffen, die Wasserwurzel, bei den
Hottentotten Shubas, von den Hereros Omahue
genaunt. Sie ist ohne ÜUbung nicht leicht zu
finden, da sie häufig unter Büschen wächst. Die
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