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Deutsch-Neuguinea.
Von der Sxpedition Sapper-Friedericl
ist eine Reihe weiterer Berichte bei der Landes-
kundlichen Kommission eingelaufen, denen wir
die nachstehenden Einzelheiten entnehmen.
Prof. Dr. Sapper besuchte Anfang Juni
einige der kleineren, Neu-Hannover vorgela-
gerten Inseln, Ungulabü, Soson, Donung, Ungalik,
Bato, außerdem das gehobene Korallenriff von
Umbud nahe dem Westende Neu-Hannovers, nahm
den Unterlauf des Budegaflusses in West-Neu-
Hannover auf, bereiste die Insel Dgaul (Sand-
wich), bestieg den Dietertberg (Lemai) in West-
Neu-Mecklenburg und von den Straßeninseln
Baudissin, Namane, Kiton, Selapiu, Nusome und
Nassaum. Dr. Friederici nahm inzwischen den
Unterlauf des Nerim in Neu-Hannover auf, von
dem nicht festgestellt werden konnte, ob er identisch
ist mit dem im Innern erkundeten Inga. Mit
dem Stationschef von Käwieng, Boluminski,
besuchte er sodann in neuntägiger Bootsfahrt
ebenfalls einen Teil der oben genannten Inseln,
ferner Enang, Upus, Lemus, Enuk und Useinlik.
Die beiden Flüsse Min und Matalana wurden,
soweit es die Strömung und der Tiefsgang des
Kanus erlaubten, aufgenommen. Der Min ist
ein prächtiger Fluß, seine Ufer eignen sich gut
zur Plantagenkultur. Zwischen Bingbingseng und
Kawulekao liegt die Sprachgrenze, welche südlich
geht und westlich von Enang vorbeiläuft. Einige
in ihrer Richtung liegende Inseln, z. B. Palang,
Enalik, Enelowo, sind unbewohnt. Alle Einge-
borenen westlich dieser Linie sprechen die Neu-
Hannover-Sprache, die östlich davon wohnenden
die Käwieng-Sprache. Die Neu-Hannoveraner
sind schwarz und haben kräftige, gut gewachsene
Figuren, auch die Weiber. Letztere sehen fast
immer gut aus und sind zuweilen auffallend
hübsch. Alle gemessenen Individuen zeigten aus-
gesprochene Langköpfigkeit. Für einen Ethnologen,
der nicht die Zeit hat, sich unter ihnen längere
Zeit festzusetzen und zu versuchen, in ihr inneres
Leben einzudringen, sind die Neu-Hannoveraner
merkwürdig uninteressant. Wenig Schmuck, kaum
Tätowierung oder Ziernarben, wenig Kunst und
Industrie, Häuser armselig, keine Jagd, Fischfang
nicht hervorragend, da der maritime Geist nicht
viel mehr als mittelmäßig entwickelt ist, während
er bei den Eingeborenen östlich der Sprachgrenze
viel ausgeprägter erscheint.
Prof. Sapper stkizziert das Gesamtergebnis
dieses ersten Abschnittes der Expedition in aller
Kürze folgendermaßen:
„Neu-Hannover ist ein jungeruptives Berg-
massiv mit angelagerten gehobenen Korallenriffen
im Süden und Westen, während im Norden
alluviale Ablagerungen einen größeren Raum
einnehmen, und im Norden, Nordwesten und
Osten ein Kranz von Koralleninseln der Haupt-
insel vorgelagert ist. Gehobene korallenfreie
Strandterrassen findet man in Süd-Neu-Hannover.
Djaul zeigt im Osten (und, wie ich durch
Erkundigung erfuhr, auch im unbewohnten Süd-
westen) gehobenen Korallenkalk; westlich schließen
sich daran Sandsteine und Mergel (wohl Tertiär)
an, während am Bendemannberg und Umgebung
jungeruptive Gesteine einen breiten Raum ein-
nehmen.
Jungeruptive Gesteine sind auch auf der süd-
lichen Halbinsel von West-Neu-Hannover, auf
Namäne, Selapiu, Nüsöme, stark verbreitet, wäh-
rend im übrigen in den bereisten Gebieten Korallen-=
kalk (oft ziemlich stark gehoben) und alluviale
Absätze vorherrschen.
Die oro= und hydrographischen Verhältnisse
sind, mit Ausnahme von Neu-Hannover, im be-
reisten Gebiet sehr einfach. Auf Neu-Hannover
haben wir den Unterlauf der Mehrzahl der schiff-
baren Flüsse ausgenommen auf der kurzen Strecke,
die von Kanus befahren werden konnte.
Mangrove ist an vielen Küsten und auf zahl-
reichen der kleineren Inseln sehr ausgebreitet;
das Innere ist zumeist mit Wald bestanden, der
in sumpfigen Niederungen viel Sagopalmen ent-
hält. Grasfluren nehmen nur im südlichen Neu-
Hannover und im südlichen Djaul größere
Flächen ein.
Die wirtschaftliche Entwicklung des Gebiets ist
noch in den ersten Anfängen. Etliche der Straßen-
inseln und der Neu-Hannover vorlagernden kleinen
Koralleninseln sind von Europäern oder chinesischen
Händlern besetzt und zum Teil mit Kokos-
palmen bepflanzt. Diaul und Neu-Hannover
selbst sind noch ausschließlich von Eingeborenen
bewohnt, deren wirtschaftliche Tätigkeit sich fast
ganz auf Anbau von Taro, Bananen und anderen
Nutzpflanzen, auf Gewinnung von Sago und
etwas Kopra, auf gelegentliche Herstellung von
Uischelgeld und sehr geringe Haustierhaltung
beschrän
Nachdem die Expedition Mue Juni in Käwieng
sich wieder vereinigt hatte, brach sie von dort
auf, um die Bereisung von Neu-Mecklenburg
in Angriff zu nehmen, und zwar wieder auf ge-
trennten Wegen. Hierbei durchquerte Professor
Sapper das Schleinitz-Gebirge sechsmal, Dr.
Friederici zweimal; letzterem gelang es hierbei,
sehr schöne ethnologische Sammlungen anzulegen.
Am 13. Juli wurde Prof. Sapper vom Gouver-
neur mit dem „Seestern“ von Lamussong an der
Ostküste der Insel abgeholt, um mit ihm die Neu-