Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

W 1009 20 
Deutsch-Neuguinea. 
Von der Sxpedition Sapper-Friedericl 
ist eine Reihe weiterer Berichte bei der Landes- 
kundlichen Kommission eingelaufen, denen wir 
die nachstehenden Einzelheiten entnehmen. 
Prof. Dr. Sapper besuchte Anfang Juni 
einige der kleineren, Neu-Hannover vorgela- 
gerten Inseln, Ungulabü, Soson, Donung, Ungalik, 
Bato, außerdem das gehobene Korallenriff von 
Umbud nahe dem Westende Neu-Hannovers, nahm 
den Unterlauf des Budegaflusses in West-Neu- 
Hannover auf, bereiste die Insel Dgaul (Sand- 
wich), bestieg den Dietertberg (Lemai) in West- 
Neu-Mecklenburg und von den Straßeninseln 
Baudissin, Namane, Kiton, Selapiu, Nusome und 
Nassaum. Dr. Friederici nahm inzwischen den 
Unterlauf des Nerim in Neu-Hannover auf, von 
dem nicht festgestellt werden konnte, ob er identisch 
ist mit dem im Innern erkundeten Inga. Mit 
dem Stationschef von Käwieng, Boluminski, 
besuchte er sodann in neuntägiger Bootsfahrt 
ebenfalls einen Teil der oben genannten Inseln, 
ferner Enang, Upus, Lemus, Enuk und Useinlik. 
Die beiden Flüsse Min und Matalana wurden, 
soweit es die Strömung und der Tiefsgang des 
Kanus erlaubten, aufgenommen. Der Min ist 
ein prächtiger Fluß, seine Ufer eignen sich gut 
zur Plantagenkultur. Zwischen Bingbingseng und 
Kawulekao liegt die Sprachgrenze, welche südlich 
geht und westlich von Enang vorbeiläuft. Einige 
in ihrer Richtung liegende Inseln, z. B. Palang, 
Enalik, Enelowo, sind unbewohnt. Alle Einge- 
borenen westlich dieser Linie sprechen die Neu- 
Hannover-Sprache, die östlich davon wohnenden 
die Käwieng-Sprache. Die Neu-Hannoveraner 
sind schwarz und haben kräftige, gut gewachsene 
Figuren, auch die Weiber. Letztere sehen fast 
immer gut aus und sind zuweilen auffallend 
hübsch. Alle gemessenen Individuen zeigten aus- 
gesprochene Langköpfigkeit. Für einen Ethnologen, 
der nicht die Zeit hat, sich unter ihnen längere 
Zeit festzusetzen und zu versuchen, in ihr inneres 
Leben einzudringen, sind die Neu-Hannoveraner 
merkwürdig uninteressant. Wenig Schmuck, kaum 
Tätowierung oder Ziernarben, wenig Kunst und 
Industrie, Häuser armselig, keine Jagd, Fischfang 
nicht hervorragend, da der maritime Geist nicht 
viel mehr als mittelmäßig entwickelt ist, während 
er bei den Eingeborenen östlich der Sprachgrenze 
viel ausgeprägter erscheint. 
Prof. Sapper stkizziert das Gesamtergebnis 
dieses ersten Abschnittes der Expedition in aller 
Kürze folgendermaßen: 
„Neu-Hannover ist ein jungeruptives Berg- 
massiv mit angelagerten gehobenen Korallenriffen 
  
im Süden und Westen, während im Norden 
alluviale Ablagerungen einen größeren Raum 
einnehmen, und im Norden, Nordwesten und 
Osten ein Kranz von Koralleninseln der Haupt- 
insel vorgelagert ist. Gehobene korallenfreie 
Strandterrassen findet man in Süd-Neu-Hannover. 
Djaul zeigt im Osten (und, wie ich durch 
Erkundigung erfuhr, auch im unbewohnten Süd- 
westen) gehobenen Korallenkalk; westlich schließen 
sich daran Sandsteine und Mergel (wohl Tertiär) 
an, während am Bendemannberg und Umgebung 
jungeruptive Gesteine einen breiten Raum ein- 
nehmen. 
Jungeruptive Gesteine sind auch auf der süd- 
lichen Halbinsel von West-Neu-Hannover, auf 
Namäne, Selapiu, Nüsöme, stark verbreitet, wäh- 
rend im übrigen in den bereisten Gebieten Korallen-= 
kalk (oft ziemlich stark gehoben) und alluviale 
Absätze vorherrschen. 
Die oro= und hydrographischen Verhältnisse 
sind, mit Ausnahme von Neu-Hannover, im be- 
reisten Gebiet sehr einfach. Auf Neu-Hannover 
haben wir den Unterlauf der Mehrzahl der schiff- 
baren Flüsse ausgenommen auf der kurzen Strecke, 
die von Kanus befahren werden konnte. 
Mangrove ist an vielen Küsten und auf zahl- 
reichen der kleineren Inseln sehr ausgebreitet; 
das Innere ist zumeist mit Wald bestanden, der 
in sumpfigen Niederungen viel Sagopalmen ent- 
hält. Grasfluren nehmen nur im südlichen Neu- 
Hannover und im südlichen Djaul größere 
Flächen ein. 
Die wirtschaftliche Entwicklung des Gebiets ist 
noch in den ersten Anfängen. Etliche der Straßen- 
inseln und der Neu-Hannover vorlagernden kleinen 
Koralleninseln sind von Europäern oder chinesischen 
Händlern besetzt und zum Teil mit Kokos- 
palmen bepflanzt. Diaul und Neu-Hannover 
selbst sind noch ausschließlich von Eingeborenen 
bewohnt, deren wirtschaftliche Tätigkeit sich fast 
ganz auf Anbau von Taro, Bananen und anderen 
Nutzpflanzen, auf Gewinnung von Sago und 
etwas Kopra, auf gelegentliche Herstellung von 
Uischelgeld und sehr geringe Haustierhaltung 
beschrän 
Nachdem die Expedition Mue Juni in Käwieng 
sich wieder vereinigt hatte, brach sie von dort 
auf, um die Bereisung von Neu-Mecklenburg 
in Angriff zu nehmen, und zwar wieder auf ge- 
trennten Wegen. Hierbei durchquerte Professor 
Sapper das Schleinitz-Gebirge sechsmal, Dr. 
Friederici zweimal; letzterem gelang es hierbei, 
sehr schöne ethnologische Sammlungen anzulegen. 
Am 13. Juli wurde Prof. Sapper vom Gouver- 
neur mit dem „Seestern“ von Lamussong an der 
Ostküste der Insel abgeholt, um mit ihm die Neu-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.