Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

G 1152 20 
Oeutsch-Südwestafrika. 
Hbauptmann Franke im Ovomboland. 
Über die Expedition des Hauptmanns 
Franke in das Ovamboland wurden schon 
vor einiger Zeit durch die Tagespresse Mitteilungen 
gemacht. Nach dem nunmehr eingetroffenen 
amtlichen Bericht ist es dem Hauptmann Franke 
gelungen, mit den Ovambo-Häuptlingen Kam- 
bonde-Ondonga, Ivumbo-Unkuambi, Tiaanika- 
Ongandjera, Jita ja Nalitoke-Unkualuitzi und 
Nande-Unkuanjama schriftliche Verträge abzu- 
schließen, auf Grund deren diese die Oberhoheit 
des Deutschen Kaisers über ihr Gebiet anerkannt 
und ihr Volk unter den Schutz der deutschen 
Regierung gestellt haben. Die Häuptlinge haben 
sich ferner schriftlich mit der Anwerbung von 
Arbeitern seitens des Gouvernements in Windhuk 
einverstanden erklärt und die Versicherung gegeben, 
das Gouvernement in diesem Bestreben unter- 
stützen zu wollen. 
Für den Erfolg dieser Verhandlungen ist die 
Mitarbeit der im Ovamboland lebenden Mis- 
sionare von großer Bedeutung gewesen. Sie 
ermöglichte es, nach langen Verhandlungen das 
außerordentliche Mißtrauen der Häuptlinge zu 
beseitigen. Dieses Mißtrauen zeigte sich insbesondere 
darin, daß bei den Häuptlingswerften Hunderte 
von bewaffneten Männern sich angesammelt hatten, 
obwohl es bereits bekannt war, daß Hauptmann 
Franke ohne größere Militärmacht erscheinen 
würde. Die stattlichste Leibwache hatte Tiaanika 
von Ongandjera aufgeboten. Dort waren die 
Krieger dicht gedrängt, in sechs bis acht mächtigen 
konzentrischen Kreisen, ein jeder in Reichnähe 
seiner Schußwaffe, zum Schutz des Oberhäuptlings 
um die Werft gelagert. Aber selbst diese Maß- 
nahme hatte dem Häuptling nicht genügt; denn 
nach Mitteilung des dort tätigen Missionors Saari 
hatte der Kapitän seine Weiber, Herden und 
Pferde fortschaffen lassen; nur seinen besten 
Renner hatte er zurückbehalten, der ihn selbst im 
kritischen Augenblick aus dem Bereich der deut- 
schen Geschosse tragen sollte. 
In einer besonders starken, von mächtigen, 
mit Palisadenreihen gekrönten und von Erd- 
wällen umhegten Werft hatte sich der Häuptling 
Jita von Unkualuitzi verschanzt. Dem alten 
  
Missionar Rautanen gelang es indes, die vor- 
handenen Schwierigkeiten zu beheben und die 
Anerkennung der deutschen Schutzherrschaft her- 
beizuführen. 
Bei den Verhandlungen mit dem Heuptling 
Nande von Unkuanjama hat sich der Missionar 
der Rheinischen Mission Wulfhorst sehr bewährt. 
Nande ist zweifellos ein gewandter und mit einer 
gewissen staatsmännischen Klugheit begabter Häupt- 
ling, der aber in gleichem Maße mißtrauisch und 
vorsichtig ist. Bei den Verhandlungen mit diesem 
Häuptling kam es dem Hauptmann Franke zu- 
gute, daß er schon bei seinem ersten Besuche im 
Ovamboland im Jahre 1899 mit Hamalua, 
dem damals etwa zwölfjährigen Bruder Nandes, 
Freundschaft geschlossen hatte. Hamalua stand 
jetzt seinem herrschenden Bruder als Vertrauter 
und Berater treu zur Seite. Daß er seinen 
günstigen Einfluß auf Nande im Interesse des 
Hauptmann Franke geltend gemacht hat, kann 
keinem Zweifel unterliegen; daneben tat der 
Missionar Wulfhorst sein möglichstes, um Nandes 
vielfache Zweifel zu beseitigen und ihn zur An- 
erkennung der deutschen Herrschaft zu bestimmen. 
Der Caprivl-Sipfel. 
Die Zustände in dem östlich vom Okavango 
gelegenen Teile des südwestafrikanischen Schutz- 
gebietes, dem sogenannten Caprivi-Zipfel, 
haben in letzter Zeit die ernste Aufmerksamkeit 
des Kaiserlichen Gonvernements in Windhuk, wie 
auch der britischen Kolonial-Verwaltungsbehörde 
in Südafrika in Anspruch genommen. Es hat 
nämlich ein fortgesetzter Zuzug lichtscheuer, großen- 
teils weißer Elemente dorthin stattgefunden, die 
namentlich die östliche Ecke des Caprivi-Zipfels 
als Zufluchtsort benutzen und gleichzeitig durch 
Aasjägerei den dortigen Wildstand aufs schwerste 
schädigen. Auch eine Reihe äußerst schlecht be- 
leumundeter Ansiedler, die an der Grenze auf 
englischem Gebiete sitzen, treibt dort ihr Unwesen 
und unternimmt insbesondere Jagdraubzüge in 
das deutsche Gebiet. 
Gouverneur v. Schuckmann hat deshalb, 
um die Aufrechterhaltung der Ordnung und die 
Erhaltung des Wildbestandes im Caprivi-Zipfel 
nach Möglichkeit zu sichern, den Zutritt dorthin 
durch eine Verordnung vom 16. Oktober d. Is. 
verboten. Von diesem Verbot sind lediglich 
solche Personen, die aus besonderen Gründen
	        
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