Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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offen und von schönen gemauerten Säulen oder 
Holzstangen gestützt ist — eine Art Veranda. 
Diese Häuser sind wie in Kantji, im Häuptlings- 
dorf Esimbe, zumeist eng aneinander gebaut, so 
daß die Orte einen stadtähnlichen Eindruck 
machen. An vielen Stellen der Mauer werden 
runde Löcher eingebohrt, in diese Löcher werden 
daun horizontal Stäbchen eingelassen und so 
durch darüber gelegten Bambus bequeme Wand- 
regale geschaffen. Solche befinden sich auch in 
dem erwähnten Vorraum oberhalb der Feuer- 
stelle zum Trocknen von Fleisch. Die hier ge- 
bräuchlichen Stühle stellen sich als eine Art 
schrägstehender Dreifüße aus gegabelten Natur- 
hölzern, mit einer als Sitz aufgebundenen 
Bambusstange dar. Ton-, Holz= und Rinden- 
gefäße für Essen und Palmöl sind in großer 
Anzahl und zahlreichen Arten vorhanden. Einen 
eigenartigen Eindruck machen die fast in jeder 
Hütte aufgehängten kleinen runden an Stöcken 
befestigten Holz= oder Rindenschilde für Einzel- 
kämpfe mit kurzen Haumessern; sie finden bei 
Weiberstreitigkeiten zwischen zwei Dörfern prak- 
tische Verwendung. 
Die Eingeborenen gehen gänzlich nackt, 
Männer sowohl wie Weiber, abgesehen von ein- 
zelnen Landschaften, die schon zu vorgeschrittenen 
Ländern wie Bameta, Bali, Bali-Mudi Be- 
ziehungen haben. Die Waffen bestehen in 
Vorderladern, Speeren aller Art, angespitzten 
Holzstöcken und Haumessern. Zum Kriegsschmuck 
gehört fast überall der charakteristische Lederhelm. 
In Mesang trugen die Weiber kleine Stäbchen 
durch die Nasenwand gesteckt, sowie Messing- 
und Eisennägel in der Oberlippe, ferner sonstigen 
Eisenschmuck einfachster Art. Sowohl die Ein- 
geborenen von Banta, Ekö, Okön wie die von 
Kantji, Esimbe, Bidera sind Menschenfresser. Die 
Sprache fast aller Stämme ist verschieden. Anjang 
spricht eine andere Sprache wie Anta;z Ekö und 
Okün gehören zum nämlichen Sprachstamm, 
ebenso Bamesse und Mufringeng; Mubadji hat 
eine andere Sprache wie Kantji, das aber mit 
Esimbe zu einem Sprachstamm gehört. Dagegen 
spricht Muküru trotz gleicher Bauart der Häuser 
einen anderen Dialekt wie Esimbe. Die Be- 
schäftigung der Eingeborenen ist fast überall die 
gleiche: Ackerbau, Olgewinnung, Töpferei, Matten- 
flechterei, zum Teil wie in Esimbe, Me, Spinnerei 
und Weberei. Angebaut werden in den Über- 
gangsländern hauptsächlich: Planten, Mais, Dams, 
Koko, Bohnen, Erdnüsse, im Grasland Planten, 
Korn, Koko, Yams, Süßlartoffeln, Erdnüsse, 
Baumwolle, Tabak; in Bafum auch Durrha, 
Steinnüsse, Rizinus. Ziegen, Schafe, Schweine, 
Hühner sind überall reichlich vorhanden, Rinder 
sah ich nur in Wum. Über die Handelsbe- 
  
ziehungen der einzelnen Stämme ist bei dem 
Mißtrauen und oft feindseligen Verhalten der 
Eingeborenen nur wenig bekannt geworden. Die 
Stämme in der Nähe Baschos verkaufen ihren 
Gummi auf den dortigen Faktoreien; Bamesse 
steht in Handelsbeziehungen zu Bameta, Mubadji 
zu Bali und Bali-Mudi, Kantji zu Mantum. 
Esimbe verkauft Gummi durch Zwischenhändler 
nach Bali-Mudi. Die Eisenarbeiten sollen 
meist aus Wum stammen. In Muküru wird von 
den Mantumleuten Gummi gewonnen und durch 
Zwischenhandel über Bameta nach Bali, von da 
nach der Küste verkauft. Mukürn tauscht Palmöl 
in Wum gegen Eisensachen, wie Speere, Hau- 
messer, Beile Erdhacken. 
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Die Erschließung der zum Nordwestbezirk von 
Bamenda gehörigen Landschaften hat bisher vor 
dringenderen Aufgaben zurückstehen müssen. So 
erklärt es sich, daß dieses Gebiet noch mit zu 
den am wenigsten bekannten Kameruns gehört. 
Außer der Reise Ramsays im Oktober 1900, 
meinem Marsch von Ossidinge über Bascho nach 
Bali im November 1901 und meiner Bereisung 
Bafums im Oktober 1905 sind bisher nur ver- 
einzelte kleinere Vorstöße meist bei Gelegenheit 
kriegerischer Expeditionen von Bascho, Bameta, 
Bekom oder Bali aus in diese Grenzgebiete unter- 
nommen worden. 
Abgesehen von dem durch seine Fruchtbarkeit 
und sein Menschenmaterial wichtigen Bafum, 
das sich allem Anschein nach durch allmähliche 
Gewöhnung ohne die Anwendung stärkerer, 
kriegerischer Machtmittel dem Einflußgebiet der 
Station angliedern lassen wird, sind die zahl- 
reichen kleinen, oft im schwierigen, fast unzu- 
gänglichen Gebirgsland des Westplateaus woh- 
nenden Stämme in wirtschaftlicher und politischer 
Beziehung für uns vorläufig von geringem 
Interesse. Ihre Unterwerfung kann daher all- 
mählich im Anschluß an andere Expeditionen 
erfolgen. Dagegen erscheint die Pazifizierung der 
feindlichen Stämme an der Straße Bamenda-— 
Widekum— Ossidinge (Bascho) sowie der Stämme 
an der deutsch-britischen Grenze schon für die 
nächste Zukunft als eine dringende politische und 
wirtschaftliche Notwendigkeit.
	        
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