Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

I12 20 
zuvor sein Nebenfluß, der Ngomo, überschritten 
war. In zwölf Einbäumen ging die Übersetzung 
des Stromes sehr schnell und glatt von statten. 
In Kifumbiro wurde für einige Tage Stand- 
lager bezogen, das durch die Verschiedenheit der 
Arbeitsinteressen bedingt war. 
Während Dr. Schubotz und Mildbread eine 
an Resultaten reiche Erkundung des südlichen Buddu- 
Waldes unternahmen, bezogen ich, Resident Haupt- 
mann v. Stuemer, Dr. Raven und Leutnant 
v. Wiese auf einige Tage ein Steppenlager in 
Kitengule, um zoologisch zu sammeln. Dr. Cze- 
kanowski hatte sich schon vorher abgezweigt, 
um auf der Missionsstation Marienberg, die wir 
schon von Bukoba aus besucht hatten, und Buia 
ethnographisch tätig zu sein und eine große Zahl 
anthropologischer Messungen fortzusetzen, die be- 
reits in Voi, bei einem Besuch des Herrn Hubner, 
bei dem Stamme der Wataita, ihren Ausgang 
genommen hatten. Er sowohl wie Oberleutnant 
Weiß und Dr. Kirschstein, welch letztere, durch 
Instrumentenvergleiche und Zeitbestimmungen in 
Bukoba aufgehalten, der großen Karawane auf 
einem kürzeren Wege gefolgt waren, stießen in 
Kifumbiro wieder zu uns. 
Es erfolgte eine neue Teilung. Die Haupt- 
karawane, Hauptmann v. Stuemer, Dr. v. Raven, 
Dr. Czekanowski sowie Leutnant v. Wiese und 
ich setzten am 25. über den Kagera, um seinem 
Laufe auf dem Nordufer nach Westen zu folgen. 
Oberleutnant Weiß und Dr. Kirschstein wurden 
abermals detachiert, um die heißen Quellen 
Mtagatas südlich des Kagera zu untersuchen und 
dann weiter nach möglichst genauer Erforschung 
Karagwes nach Rufuha am Nordwestknie des 
Kagera zu marschieren, wo eine abermalige Ver- 
einigung vorgesehen war. 
Unser Marsch am Nordufer des Kagera setzte 
sich zunächst über Missenje, die Residenz des 
Sultans Ruhikika von Buddu, der uns mit 
großem Pomp empfing, und bei dem kurze Rast 
gemacht wurde, weiter bis Katojo fort, wo die 
aus dem Buddu-Walde heimkehrende Karawane 
Schubotz und Milbread zu unserer stieß. 
Waren bis dahin die im Bukoba-Bezirke 
typischen Bananenschamben vorherrschend gewesen, 
so nahm hier die Gegend allmählich Steppen- 
charakter an und begann wildreicher zu werden. 
Das Katojo-Lager lag schon inmitten einer Steppe, 
die fast ausschließlich Kandelaber-Euphorbien= 
Bestände aufweist, eine Erscheinung, die ich in 
so typischer Form bisher noch nicht gesehen hatte, 
und die — zumal in dem Golde der unter- 
gehenden Tropensonne — einen unendlich reiz- 
vollen Anblick gewährte. Ein notwendig werden- 
der Pürschgang lieferte einige Swala= und Ried- 
böcke, sowie eine nicht zu bestimmende Art 
  
Zwerg-Antilopen, während Elen, Zebra und 
Gnu, die hier noch vorkommen sollen, nicht ge- 
sichret wurden. 
Der Weitermarsch erfolgte über Kiboruga — 
Kenshambi in Ankole-Nyawatura nach Kesimbili, 
wo die Grenzsteine des englischen Gebietes 
berührt wurden, die im Jahre 1902 von der 
deutsch-englischen Grenzkommission errichtet worden 
waren. Dieser letzte Marsch gehört wohl zu den 
interessantesten und landschaftlich schönsten dieses 
Striches, da der zum Teil über hohe Felspartien 
steil austeigende Pfad unmittelbar an den Schnellen 
des wild dahinrauschenden Kagera entlang führt, 
dessen Ufer, mit breitem Papyrusgürtel und Bo- 
rassus= und Phönixpalmen umsäumt, jedes Malers 
Auge begeistern könnte. 
Die Temperatur war, der Höhenlage ent- 
sprechend, in den frühen Morgen= und späten 
Abendstunden sehr frisch. Das Thermometer 
zeigte durchschnittlich vor Sonnenaufgang 8 Grad 
Celsius, mittags 28 Grad Celsius und abends 
um sieben Uhr 20 Grad Celsius. Diese nie- 
drigen Temperaturen machten die Wanderungen 
in den frühen Morgenstunden außerordentlich 
angenehm und blieben auch auf die Leistungs- 
fähigkeit der Träger nicht ohne Einfluß. Am 
Abend war ein dicker europäischer Rock nicht zu 
verachten. 
Die Expedition ist insofern vom Glücke be- 
günstigt gewesen, als fast mit dem Tage unserer 
Ankunft in Bukoba die Regenzeit ihr Ende er- 
reichte. Für alle Sammlungen ist dies ein 
äußerst günstiger Faktor; zumal die zoologischen 
Präparate konnten in tadellosem Zustande ver- 
sandt werden. 
Am 1. Juli erreichten wir den früheren, jetzt 
verfallenen Posten Rufuha an der Ostgrenze von 
Mpororo, hart nördlich der Kanyonga-Fähre, 
an dem Nordwestknie des Kagera. Hauptmann 
v. Grawert hatte, da dieser Strich schon zum 
Usumbura-Bezirke gehört, den Leutnant Wintjens 
zu unserer Unterstützung dorthin entsandt. Von 
Hauptmann v. Stuemer hatten wir uns am 30. 
in Kesimbili getrennt. 
Die Ruhetage, die in Rufuha eingeschoben 
wurden, dienten sowohl der Vervollständigung 
und Bereicherung der verschiedentlichen Samm- 
lungen, als auch deren Verpackung zum Versand; 
und am 6. Juli konnte abermals eine größere 
Kollektion ethnographischen, zoologischen, bota- 
nischen und geologischen Inhalts mit Spezial- 
Karawane nach Europa abgeschickt werden. 
Wer die Hermannsche Karte von Usumbura 
zur Hand nimmt, wird westlich des Kagera, von 
dem Nordwestknie bei Mpororo bis südlich an 
den Mohasi-See und von diesem wiederum süd- 
östlich, zwischen dem Kagera und der Goetzenschen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.