Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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31 bis 32 Millionen Rupien, die in den Ver- 
einigten Provinzen als Abgaben von der Kharif- 
ernte fällig gewesen wären, sind einstweilen 11 
bis 12 Millionen gestundet worden, und die 
Hälfte dieser Summe wird voraussichtlich gänz- 
lich erlassen werden. 
So nimmt es nicht wunder, wenn die Be- 
richte die allgemeinen Verhältnisse der Bevölkerung 
als noch immer ausgezeichnet im Vergleich mit 
früheren mageren Jahren schildern. Mit der 
Beendigung der Wintersaaten freilich wird die 
Not nach außen sichtbar werden und das Be- 
dürfnis nach weiteren Hilfsmaßregeln hervortreten. 
Dies wird nach dem Ende des Kalenderjahres 
mit ziemlicher Sicherheit der Fall sein. Pro- 
gramme für eine Anzahl von Notstandsarbeiten 
(an Straßen, Kanälen, Eisenbahnen) sind bereits 
im voraus von den Bureaus der öffentlichen 
Arbeiten festgestellt. 
Sollten die üblichen Winterregen ausbleiben, 
so wird die Frühjahrsernte sich allein auf die 
Felder beschränken, die künstlich bewässert werden 
konnten, also kaum auf mehr als 2 Millionen 
Acres oder ungefähr ein Zehntel der für die 
Frühjahrsernte unter gewöhnlichen Verhältnissen 
in Betracht kommenden Fläche. 
Im vorstehenden ist die Lage in den Ver- 
einigten Provinzen ausführlicher behandelt worden, 
weil dieses Gebiet das am ärgsten betroffene ist, 
und die von der Regierung getroffenen Maß- 
regeln in den übrigen von der Ungunst des 
Sommers in Mitleidenschaft gezogenen Landes- 
teilen den geschilderten analog sind. Was diese 
anlangt. so lauten die Nachrichten ziemlich un- 
bestimmt, wenn auch günstiger, als die Berichte 
ursprünglich annehmen ließen. In Bengalen 
werden in einzelnen Teilen Notstandsmaßregeln 
notwendig sein, die sich aber wohl auf Darlehen 
und Nachlässe beschränken dürften. In der Prä- 
sidentschaft Bombay kommen für ein Eingreifen 
er Regierung namentlich das Dekkan und zwei 
Distrikte in der Landschaft Guzerat in Betracht, 
wo gleichfalls takavi-Darlehen und Steuernach- 
lässe gewährt werden müssen und später auch 
eigentliche Notstandsarbeiten in Aussicht genommen 
sind. Im Punjab ist die Trockenheit allgemein 
schwer gefühlt worden, am schlimmsten daran ist 
er Bezirk von Delhi, wo eigentliche Hungersnot 
eintreten wird. Annähernd genaue Schätzungen 
der sinanziellen Beihilfe durch die Regierung 
lassen sich jedoch für das Punjab nicht machen. 
Ziemlich viel Notleidende wird Zentralindien auf- 
vergen- Besser als erwartet stehen die Aussichten 
wo adschrutana, ebenso in den Zentralprovinzen, 
wein er Chief-Commissioner hofft, mit einer Er- 
lih rung des gewöhnlichen Programms der öffent- 
en Arbeiten auszukommen, um die nötige 
  
Arbeitsgelegenheit für die Notleidenden zu be- 
schaffen. In Madras glaubt man zunächst be- 
sonderer Maßregeln entraten zu können. 
Alles in allem genommen werden die An- 
forderungen, die infolge der Hungersnot an die 
indischen Finanzen gestellt werden, ganz bedeutend 
sein. Sie werden auf 35,6 Millionen Rupien 
für Darlehen, 40 Millionen für Nachlässe und 
Stundungen, 25 Millionen für eigentliche Not- 
standsarbeiten geschätzt. Ein Teil der erstge- 
nannten beiden Posten wird zwar wieder herein- 
gebracht werden, wie viel dies aber sein wird, 
das hängt von der Entwicklung der nächsten 
Monate ab. 
(Bericht des Kaiserlichen Generalkonsulats in Calcutta 
vom 9. Dezember 1907.) 
Die erschließung von Betschuanaland.“) 
Bei den augenblicklichen schlechten Finanz- 
verhältnissen sind selbst mutige Kapkolonisten 
pessimistisch. Und doch ist es wahr, wenn man 
sagt, daß die wirkliche landwirtschaftliche Ent- 
wicklung von Millionen Acres Land, die gar nicht 
weit von Kapstadt und anderen Zentren entfernt 
liegen, kaum begonnen hat. Eines Tages werden 
die Reichtümer der Karoo, die wahrscheinlich den 
reichsten Boden der Welt besitzt, erschlossen werden. 
Die Kalahari (die den Namen „Wüste“ zu Unrecht 
führt) ist ein weiterer Schatz; ein dritter ist 
Betschuanaland. Sei „rooi grond"“ stellt die 
beste Weide dar und sein Hochlandklima ist 
außerordentlich gut. 
Im Norden und Süden laufen „laagts“, einst 
Flußbetten, aber später wurde das Klima trockner. 
Die weise Maßregel der Regierung, Mr. H. M. 
Oakley, die bekannte Autorität in der Wasser- 
erschließung, heraufzusenden, hat sich belohnt ge- 
macht. Auf dreizehn der wertvollen Regierungs- 
farmen ist gutes frisches Wasser in einer mittleren 
Tiefe von 118 Fuß und einer durchschnittlichen 
fließenden Wassermenge von 140000 Gallonen pro 
Tag erschlossen worden. Die Wahl der Bohr- 
plätze war außerordentlich schwierig wegen des 
Untergrundes, der dicken Vegetation usw. Das 
Resultat ist eine schlagende Illustration dazu, 
was unter solchen Umständen durch die Kombi- 
nation technischer Kenntnis und reifer Erfahrungen 
erlangt werden kann. Daß das der Wildnis auf 
diese Weise abgewonnene Land ein wirkliches 
Aktivum für die Kolonie darstellen wird, kann in 
keiner Weise bezweifelt werden. Das Wasser 
genügt für die Viehzucht jeder Art und für all- 
gemeine Zwecke, und es kann kein Zweifel be- 
stehen, daß Betschnanaland, wenn ihm nur die 
*) Aus der „Cape Times“ vom 16. Oktober 1907.
	        
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