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Die Bevölkerung im Schutzgebiet ist keineswegs
gleichmäßig. An der Küste ist eine Mischung
aller möglichen Negerarten vorhanden, natürlich
ohne Stammeszugehörigkeit und natürlich auch
ohne entsprechende einheimische Obrigkeit. Im
Innern hat man überall, wo kriegerische Zu-
sammenstöße zwischen Weißen und Schwarzen
stattgefunden haben, die einheimischen Sultane
und Häuptlinge entfernt und durch Beamte, auch
schwarze Beamte, ersetzt. Im Westen herrschen
die eingeborenen Sultane unter der deutschen
Oberherrschaft; dabei ist auch wieder zu unter-
scheiden, daß in manchen dieser Länder, wie in
Unjamwesi und Usukuma, die deutsche Gerichts-
barkeit allein herrscht, während in den anderen
Ländern die einheimische Gerichtsbarkeit zum Teil
geblieben ist.
Es ist eine Frage, die der Vergangenheit an-
gehört, ob es richtig gewesen ist, jene einheimischen
Sultane einfach zu entfernen. Ich habe mehr
oder weniger die Empfindung gehabt, daß sich
der Neger unter Umständen besser fühlt unter der
einheimischen Herrschaft der Sultane. Aber das
ist nun einmal geschehen und war vielleicht auch
nicht zu vermeiden.
Es würde nunmehr die Frage sein: was soll
mit den Ländern in Ostafrika geschehen, die noch
unter der Zwischenherrschaft dieser einheimischen
Sultaue oder Fürsten oder Dorfschulzen stehen?
Es würde schwierig sein, das zu ändern, weil
man dazu erhebliche Machtmittel braucht. Ich
glaube, daß ich nicht noch einmal darauf auf-
merksam machen muß, daß wir in Ostafrika bei
einer Bevölkerung von zehn Millionen Ein-
wohnern, darunter über drei Millionen Männern,
nur 4000 schwarze Soldaten und Polizisten und
vielleicht 120 oder 150 deutsche Offziere haben.
Wir müssen — und das ist die Bafis unserer
Macht — in Ostafrika durch das Ansehen,
die Verwaltung besitzt, durch die Schärfe, mit der
sie gegen jede Unbotmäßigkeit vorgeht, durch die
technischen Hilfsmittel der Eisenbahnen, die, wie
Sie wissen, ihr noch unvollkommen zur Seite
stehen, und durch das Maß von Vertrauen,
welches sie bei den Schwarzen genießt, alles zu-
sammenhalten. Wir müssen eine kräftige, gerechte,
vertrauenswerte Verwaltung dort einführen und
halten, wir müssen vor allen Dingen den Leuten
beibringen, daß sie von der deutschen Herrschaft
einen Vorteil haben. Das ist ihnen sehr schwer
beizubringen, schon deshalb, weil die Vorteile,
die sie bisher hatten, sehr gering waren gegen-
über den Nachteilen, welche die deutsche Ver-
waltung für sie nach ihrem Empfinden in bezug
auf Abänderung ihrer Gewohnheiten, auf Steuer-
zahlen, Kontrollen usw. gehabt hat.
Ich möchte mit meinen Ausführungen in der
das.
Kommission die UÜberzeugung erwecken, daß die
Regierung nur prosperieren kann, wenn sie eine
vorsichtige, langsame, wie manche sagen „neger-
freundliche“ und, wie ich sage, negererhaltende
Politik einschlägt, daß sie sich von diesem Wege
durch irgend welche Interessen oder Ansichten
nach keiner Richtung abdrängen lassen darf. Sie
muß, wie in der Heimat, zwischen allen Erwerbs-
und Berufsständen ausgleichend wirken und kann
sich unmöglich auf die Seite der einen schlagen,
um der anderen Seite einen Nachteil zuzufügen.
Ostafrika ist in deutsche Verwaltung genommen
auf Grund eines kaiserlichen Schutzbriefes, der den
Eingeborenen, und zwar jedem einzelnen kleineren
Häuptling, von Zeit zu Zeit wieder ausgestellt
wird. Gegenüber den vielen Anforderungen, die
an die schwarze Bevölkerung sowohl von der
weißen Regierung als auch von den weißen An-
siedlern gestellt werden, muß man untersuchen,
welche Folgen dieser kaiserliche Schutz bisher für
die Eingeborenen gehabt hat. Es ist festgestellt
worden, daß der Einzug von Ruhe und Ordnung
dem Neger eine größere Erwerbsfähigkeit gestattet
und daß mit dem Ausbau von Eisenbahnen und
Verkehrswegen diese Erwerbsfähigkeit noch gestärkt
werden wird. Dagegen ist der Neger belastet
mit einer Unzahl von Kontrollen und Verord-
nungen. Er fühlt unter Umständen die Hand
der Obrigkeit sehr schwer. Er teilt sich mit der
Heimat in die Aufbringung der gesamten Lasten.
M. H.! Die Plantagenprodukte des Schutz=
gebietes stellen ungefähr einen Wert von 16000000
Mark gegenüber einem Gesamthandel von 36 Mil-
lionen Mark dar und die Negerprodukte ungefähr
9¾ Millionen. Die Hüttensteuer, die in den
Plantagen von den Arbeitern aufgebracht wird,
beträgt 60 000 Mk. Der Rest wird von den
übrigen nicht in den Plantagen beschäftigten
Schutzbefohlenen mit jetzt 1740 000 Mk. aufge-
bracht. Die Ausfuhrprodukte des Negers, Gummi,
Häute usw., zahlen einen Ausfuhrzoll. Die Aus-
fuhrprodukte der Plantagen zahlen keinen Zoll,
selbst wenn es Gummi ist. Kurzum, die gesamte
Last, die Ostafrika trägt, diese 11 Millionen,
teilt sich zwischen dem Neger und der Heimat.
Die Plantagen haben daran keinen Teil, höchstens
2½ v. H. im ganzen. Die Konsumartikel der
Weißen kommen noch in Frage, sie sind aber
sehr mäßig besteuert.
Auf Grund dieser Betrachtung, wie die deutsche
Herrschaft den Negern Vorteil zu bringen hat,
wenn sie nicht ein leeres Wort bleiben soll, habe
ich später noch verschiedene Vorschläge zu machen.
Die Hauptforderung aber, die im Interesse des
deutschen Ansehens und der Ruhe und Sicherheit
des Schutzgebiets liegt, ist die, daß das Ver-
trauen der schwarzen Bevölkerung zur Re-