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wasserversorgung benutzten Wasserläufe und der
Wassersammelbecken;
Zuführung von gutem Trinkwasser und Schutz
aller Trinkwasserbecken gegen die Moskitos;
Beigabe von Sterilisierungseinrichtungen oder
Entgiftungsanlagen bei den Hauptverwaltungen;
Ausdehnung des öffentlichen Hilfsdienstes
durch die Vermehrung der eingeborenen Arzte,
die von europäischen Arzten überwacht werden
müssen;
Vermehrung der Entbindungsanstalten, Arznei-
sammlungen, Krankenhäuser für Eingeborene,
Impfstätten und Schaffung eines Sonderhaus-
haltes für öffentlichen Hilfsdienst in allen unseren
Besitzungen. —
Diese Erziehung des Eingeborenen hat eine
hervorragende Bedeutung. Indem ihre Auwen-
dung eine größere Lebensfähigkeit der Rasse
sichert, gewinnt sie uns das Vertrauen und die
Freundschaft der Eingeborenen, deren körperliche
Leiden wir durch diese Mittel unterdrücken.
Achtung des Eigentums. Wir müssen das
Eigentum der Eingeborenen achten. Dort unten
wie hier stellt es die Frucht der Arbeit dar und
muß in dieser Hinsicht als geheiligt betrachtet
werden. Die unausgebeuteten Gebiete sind übri-
gens groß genug, daß der Europä“er neben den
bereits bewirtschafteten noch neue Teile finden
kann, wo seiner Betätigung Spielraum geboten
wird. Die Verkennung dieser einfachen Wahrheit
ist oft die Ursache zahlreicher und bedauerlicher
Reibereien gewesen. Oft ist der Ansiedler durch
eigene Ungeschicklichkeit als Räuber erschienen,
indem er sich bloß deshalb, weil er den Fuß ans
fremde Ufer gesetzt hatte, als Herrn und Meister
des ganzen Landes ansah. Noch heute bedroht
eine Gefahr derselben Art, zwar weniger roh,
aber ebenso bedenklich, das kleine Besitztum des
Eingeborenen; das ist die Einziehung in die Kon-
zessionen. „Man muß vermeiden“, sagte Herr
Clementel, „daß das Eigentum der Eingeborenen
in europäische Konzessionen eingezwängt, damit
in seiner Entwicklung beschränkt und von vorn-
herein zur Aufsaugung durch den mächtigen
Nachbar verurteilt wird, der nicht nur über die
Geldmacht, sondern auch über die amtliche Unter-
stützung verfügt.“
Zur Bekräftigung dieser sehr richtigen Be-
merkung lenkte der ehemalige Minister die Auf-
merksamkeit auf die Lage in Java, wo einige
Bewirtschafter großer Anlagen danach streben, alle
durch den Eingeborenen bereits bewirtschafteten
Felder wucherisch an sich zu reißen. Durch ein
geschicktes System von Lohnvorschüssen gibt der
letztere seinen Acker auf, um der Arbeiter des
europäischen Konzessionärs zu werden. „Wir
dürfen nicht“, fügte Herr Clementel hinzu, „die
Bildung eines elenden, von Anbeginn zur Armut
und zum Verschwinden verurteilten Proletariats
fördern. Wir müssen die gegenteilige Entwicklung
begünstigen, die in Europa, zum größten Nutzen
der Produktion, aus dem Sklaven einen Unfreien,
aus dem Unfreien einen Pächter, aus dem Pächter
einen Eigentümer, aus dem Eigentümer den Teil-
haber eines Ackerbausyndikats gemacht hat.“
Da ist die Wahrheit. Wir müssen nicht nur
dieses kleine Eingeborenen-Besitztum achten, sondern
wir müssen auch alle unsere Bemühungen darauf
richten, es zu befestigen und zu entwickeln. Es
ist der wahre Grundbau der wirtschaftlichen Ent-
wicklung eines Landes. Es ist die Quelle des
Tauschhandels und darum die festeste Grundlage
des Reichtums sowohl der Kolonie als auch des
Mutterlandes.
Um seinen Wohlstand zu vermehren, wird der
kleine eingeborene Eigentümer die Grenzen seines
Besitzes ausdehnen wollen. Er wird reicher und
verbraucht mehr. Er wird die Erzeugnisse des
Mutterlandes schätzen und nicht vor der nötigen
Anstrengung zurückweichen, sie sich zu verschaffen.
Durch die Schaffung neuer Bedürfnisse und durch
den Tauschhandel bringen wir dem Eingeborenen
den Geschmack an der Arbeit, dieser wahren
Grundlage der menschlichen Sittlichkeit, bei.
Uns kommt zu, den Eingeborenen in der
Wahl der Anpflanzungen zu leiten, ihm die-
jenigen zu bezeichnen, die sich am besten für
dieses oder jenes Klima eignen, diejenigen, deren
Absatz auf den europäischen Märkten am ertrag-
reichsten und sichersten sein wird.
Die Generaldirektion des Ackerbaues, des
Handels und des Gewerbes in Indo--China er-
forscht zur Zeit die besten Mittel, um die land-
wirtschaftlichen Erzeugnisse zu entwickeln, indem
sie Versuchsstellen schafft und auf praktischem Ge-
biete einen Unterweisungsdienst einrichtet.
Unter Anwendung dieser Grundsätze wurden
in einigen unserer Kolonien verständigen Ein-
geborenen Grundstücke überlassen, die vorher als
geeignet für bestimmte Pflanzungen erkannt worden
sind. Man darf gute Erfolge von dieser Maß-
regel erwarten, die ein wertvolles Beispiel für
die übrige Bevölkerung bildet. So lernt der
Eingeborene den Wert unserer Ratschläge und
unseres Verfahrens beurteilen; er wird, durch den
Erfolg gewonnen, nicht zögern, sie seinerseits an-
zuwenden.
Besser angepaßtes staatliches Ver-
waltungssystem. „Die weisen staatlichen Maß-
nahmen“, sagte neulich der stellvertretende Gou-
verneur von Cochinchina, Herr Rodier, „machen
die gute Eingeborenen--Politike.“ Keine Frage
scheint in der Tat schwieriger zu lösen, als die
der Steuer in den Kolonien. Unserer Verwal-