Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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wasserversorgung benutzten Wasserläufe und der 
Wassersammelbecken; 
Zuführung von gutem Trinkwasser und Schutz 
aller Trinkwasserbecken gegen die Moskitos; 
Beigabe von Sterilisierungseinrichtungen oder 
Entgiftungsanlagen bei den Hauptverwaltungen; 
Ausdehnung des öffentlichen Hilfsdienstes 
durch die Vermehrung der eingeborenen Arzte, 
die von europäischen Arzten überwacht werden 
müssen; 
Vermehrung der Entbindungsanstalten, Arznei- 
sammlungen, Krankenhäuser für Eingeborene, 
Impfstätten und Schaffung eines Sonderhaus- 
haltes für öffentlichen Hilfsdienst in allen unseren 
Besitzungen. — 
Diese Erziehung des Eingeborenen hat eine 
hervorragende Bedeutung. Indem ihre Auwen- 
dung eine größere Lebensfähigkeit der Rasse 
sichert, gewinnt sie uns das Vertrauen und die 
Freundschaft der Eingeborenen, deren körperliche 
Leiden wir durch diese Mittel unterdrücken. 
Achtung des Eigentums. Wir müssen das 
Eigentum der Eingeborenen achten. Dort unten 
wie hier stellt es die Frucht der Arbeit dar und 
muß in dieser Hinsicht als geheiligt betrachtet 
werden. Die unausgebeuteten Gebiete sind übri- 
gens groß genug, daß der Europä“er neben den 
bereits bewirtschafteten noch neue Teile finden 
kann, wo seiner Betätigung Spielraum geboten 
wird. Die Verkennung dieser einfachen Wahrheit 
ist oft die Ursache zahlreicher und bedauerlicher 
Reibereien gewesen. Oft ist der Ansiedler durch 
eigene Ungeschicklichkeit als Räuber erschienen, 
indem er sich bloß deshalb, weil er den Fuß ans 
fremde Ufer gesetzt hatte, als Herrn und Meister 
des ganzen Landes ansah. Noch heute bedroht 
eine Gefahr derselben Art, zwar weniger roh, 
aber ebenso bedenklich, das kleine Besitztum des 
Eingeborenen; das ist die Einziehung in die Kon- 
zessionen. „Man muß vermeiden“, sagte Herr 
Clementel, „daß das Eigentum der Eingeborenen 
in europäische Konzessionen eingezwängt, damit 
in seiner Entwicklung beschränkt und von vorn- 
herein zur Aufsaugung durch den mächtigen 
Nachbar verurteilt wird, der nicht nur über die 
Geldmacht, sondern auch über die amtliche Unter- 
stützung verfügt.“ 
Zur Bekräftigung dieser sehr richtigen Be- 
merkung lenkte der ehemalige Minister die Auf- 
merksamkeit auf die Lage in Java, wo einige 
Bewirtschafter großer Anlagen danach streben, alle 
durch den Eingeborenen bereits bewirtschafteten 
Felder wucherisch an sich zu reißen. Durch ein 
geschicktes System von Lohnvorschüssen gibt der 
letztere seinen Acker auf, um der Arbeiter des 
europäischen Konzessionärs zu werden. „Wir 
dürfen nicht“, fügte Herr Clementel hinzu, „die 
  
  
Bildung eines elenden, von Anbeginn zur Armut 
und zum Verschwinden verurteilten Proletariats 
fördern. Wir müssen die gegenteilige Entwicklung 
begünstigen, die in Europa, zum größten Nutzen 
der Produktion, aus dem Sklaven einen Unfreien, 
aus dem Unfreien einen Pächter, aus dem Pächter 
einen Eigentümer, aus dem Eigentümer den Teil- 
haber eines Ackerbausyndikats gemacht hat.“ 
Da ist die Wahrheit. Wir müssen nicht nur 
dieses kleine Eingeborenen-Besitztum achten, sondern 
wir müssen auch alle unsere Bemühungen darauf 
richten, es zu befestigen und zu entwickeln. Es 
ist der wahre Grundbau der wirtschaftlichen Ent- 
wicklung eines Landes. Es ist die Quelle des 
Tauschhandels und darum die festeste Grundlage 
des Reichtums sowohl der Kolonie als auch des 
Mutterlandes. 
Um seinen Wohlstand zu vermehren, wird der 
kleine eingeborene Eigentümer die Grenzen seines 
Besitzes ausdehnen wollen. Er wird reicher und 
verbraucht mehr. Er wird die Erzeugnisse des 
Mutterlandes schätzen und nicht vor der nötigen 
Anstrengung zurückweichen, sie sich zu verschaffen. 
Durch die Schaffung neuer Bedürfnisse und durch 
den Tauschhandel bringen wir dem Eingeborenen 
den Geschmack an der Arbeit, dieser wahren 
Grundlage der menschlichen Sittlichkeit, bei. 
Uns kommt zu, den Eingeborenen in der 
Wahl der Anpflanzungen zu leiten, ihm die- 
jenigen zu bezeichnen, die sich am besten für 
dieses oder jenes Klima eignen, diejenigen, deren 
Absatz auf den europäischen Märkten am ertrag- 
reichsten und sichersten sein wird. 
Die Generaldirektion des Ackerbaues, des 
Handels und des Gewerbes in Indo--China er- 
forscht zur Zeit die besten Mittel, um die land- 
wirtschaftlichen Erzeugnisse zu entwickeln, indem 
sie Versuchsstellen schafft und auf praktischem Ge- 
biete einen Unterweisungsdienst einrichtet. 
Unter Anwendung dieser Grundsätze wurden 
in einigen unserer Kolonien verständigen Ein- 
geborenen Grundstücke überlassen, die vorher als 
geeignet für bestimmte Pflanzungen erkannt worden 
sind. Man darf gute Erfolge von dieser Maß- 
regel erwarten, die ein wertvolles Beispiel für 
die übrige Bevölkerung bildet. So lernt der 
Eingeborene den Wert unserer Ratschläge und 
unseres Verfahrens beurteilen; er wird, durch den 
Erfolg gewonnen, nicht zögern, sie seinerseits an- 
zuwenden. 
Besser angepaßtes staatliches Ver- 
waltungssystem. „Die weisen staatlichen Maß- 
nahmen“, sagte neulich der stellvertretende Gou- 
verneur von Cochinchina, Herr Rodier, „machen 
die gute Eingeborenen--Politike.“ Keine Frage 
scheint in der Tat schwieriger zu lösen, als die 
der Steuer in den Kolonien. Unserer Verwal-
	        
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