Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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Jahre hinein keinen öffentlichen franco-cambod- 
schanischen Unterricht. Seit drei Jahren ist dieser 
sehr wichtige Zweig der Verwaltung nach allen 
Seiten eingerichtet und befindet sich in vollem 
Aufschwung. Pnom-Penh wird bald eine Gruppe 
von Schulen besitzen, wo der Unterricht in drei 
verschiedenen Stufen erteilt wird: erster Elementar= 
unterricht, höherer Elementarunterricht und Be- 
rufsunterricht. Kurse in praktischer Heilkunde und 
Gesundheitspflege, in Tierarzueikunde, in cambod- 
schanischem Recht werden den Schülern des 
höheren Kurfus erteilt. Die meisten Provinzial- 
hauptorte sind dem Beispiele der Hauptstadt ge- 
folgt, und in fast allen sind von zahlreichen 
Schülern besuchte Elementarschulen eingerichtet 
worden. 
Laos. 
In Laos gibt es zwei Provinzial= und einige 
Kantonalschulen. 1898 war nichts vorhanden. 
Annam-Tonkin. 
In diesem Teile Indochinas kann der Unter- 
richt am ausgedehntesten und nützlichsten erfolgen. 
Die Geldmittel sind bedeutend. Die Eingeborenen 
sind nicht nur bereit, den Unterricht anzunehmen, 
sondern sie erbitten ihn selbst, sobald sie seine 
Nützlichkeit begreifen. Der Rat hat entschieden, 
daß es drei Stufen von Eingeborenen-Unterricht 
geben soll; die erste Stufe soll durch die Ge- 
meinden, die zweite und dritte durch den Staat 
unterhalten werden. Die wichtigsten Gegenstände 
des Lehrplanes sind: Sittenlehre und klassische 
Literatur, Mathematik und Physik, Gesundheits- 
pflege, Geschichte und Erdkunde des äußersten 
Ostens in Chinesisch und Annamitisch. Die Er- 
lernung des Chinesischen ist in der zweiten und 
höheren Stufe obligatorisch, die des Französischen 
wird auf einfache Kenntnisse beschränkt. Es ver- 
steht sich von selbst, daß der wissenschaftliche Lehr- 
plan in den beiden letzten Stufen eine beträchtliche 
Ausdehnung erfährt. So ist die Gemeindeschule 
in Hanol in ein Gymnasium umgewandelt worden; 
man hat Freistellen zum Aufenthalt in Hongkong, 
Schanghai und Singapore geschaffen. Der Lehrer- 
ersatz wird durch eine besondere Schule in Hanol 
gesichert. Eine andere Schule soll das Personal 
für die öffentlichen Arbeiten, das Grundbuchamt, 
die Eisenbahnen, die Post und Telegraphie, den 
Handel, das Gewerbe und die Landwirtschaft 
vorbereiten. Die Lehrlingsschulen müssen in Indo- 
china, wie übrigens überall, vermehrt werden. 
Bis jetzt hatte man sich, wie anderswo, damit 
begnügt, die Eingeborenen als Abschreiber oder 
Absender zu verwenden; es waren die einzigen 
Stellungen, die sie auf Grund einer mehr als 
oberflächlichen Unterweisung in den Laien= und 
Ordensschulen ausfüllen konnten. Man hatte noch 
  
nicht daran gedacht, den Europäer in allen 
Subalternstellungen durch den Eingeborenen zu 
ersetzen. Seit 1901 förderte der Generaldirektor 
dieses Ressorts die Bemühungen einiger seiner 
Angestellten, welche die berufliche Unterweisung 
und Heranbildung eingeborener Sekretäre für die 
Bureaus in Hanok unternommen hatten. Die 
abends nach den Dienststunden abgehaltenen Kurse 
vereinigten einige arbeitsame und begabte Schüler. 
Man gab ihnen Französisch (Diktat und Aufsatz), 
Rechnen, Geometrie, etwas Physik, Chemie und 
Buchführung, sowie Unterweisung in der Hand- 
habung der Feldmeßgeräte. Eine Verfügung vom 
27. Februar 1902 schuf das Korps der technischen 
Angestellten und setzte die Prüfungsbedingungen 
für diese Amter fest, die große Geld= und andere 
Vorteile für die Inhaber mit sich brachten. 
Der Annamit ist ein bewundernswerter, streb- 
samer und geduldiger Schüler; es genügt, daß 
man ihm die Mittel zum Unterricht gibt und daß 
man vermeidet, ihn durch zu schwierige Arbeiten 
zu entmutigen. 
Die Verfügung vom 8. Juni 1902 setzte in 
Hanoi und in Saigon Kurse fest, die zu den 
durch die Verfügung vom 27. Februar vorgesehenen 
Prüfungen vorbereiten. Die Kurse fanden stets 
nach der Bureauarbeit statt; sie umfassen drei 
Jahre. Der erste Jahrgang ist allen zugänglich; 
man unterrichtet dort in den ersten Anfängen der 
Wissenschaften, die zum Verständnis der wirklich 
berufsmäßigen Kurse der beiden anderen Jahre 
nötig sind. 
Auf Grund von Prüfungen werden die 
Schüler zum 2. und 3. Jahrgang zugelassen. 
Die Ergebnisse in Hanoi waren vom ersten 
Jahre an ausgezeichnet. Fünf Schüler bestanden 
mit Erfolg die erste Prüfung; die Zahl der 
Schüler wuchs schnell. Die Schule zählte: 
1. Jahrgang: 2. Jahrgang: 3. Jahrgang: 
1903 17 5 — Schüller 
1904 32 8 3 „ 
1906 65 12 6 „ 
Die Anstrengungen waren also erfolgreich. 
Die Schule konnte auf einer breiteren Grundlage 
wirken, und durch eine Verfügung vom 
17. Mai 1905 wurden die Kurse weiter aus- 
gebaut. 
Die Ergebnisse der in Saigon eingerichteten 
Kurse sind nicht so glänzend gewesen, und die 
Vorbereitungskurse haben aus Mangel an Schülern 
geschlossen werden müssen. Ein einziger Schüler 
hat 1904 die Zulassungsprüfung bestanden. 
Auch für den Eisenbahnbetrieb Indo-Chinas 
sind Berufsschulen eingerichtet worden, in denen 
sich die Angestellten außerhalb der Dienststunden 
vervollkommnen können.
	        
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