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fanden sich zur Sättigung der Tiere allenthalben
in ausreichender Menge. Am 19. Oktober kamen
wir in Bombe an. Hier trennten sich unsere
Wege. Der Mungo führte nämlich noch so viel
Wasser, daß die Furt bei Etam, wo die ge-
wöhnliche Zugangsstraße nach Bakossi ist, für
Bieh unpassierbar war. Deshalb setzten wir die
hierfür bestlimmten Tiere bei Bombe mit Hilfe
eines Kanus über den Strom und schickten sie
mit einem schwarzen Unteroffizier über Mamelo
nach Nyassoso. Spellenberg, der gleichfalls
diesen Weg einschlug, beaufsichtigte den Trans-
port. Wir selbst gingen mit der wertvollen träch-
tigen Kuh und einem Bullen nach Johann-
Albrechtshöhe. Die Tiere, die wir hier ablieferten,
waren gesund und munter. Bis dahin hatte ich
bei den unterwegs untersuchten Tieren keine Tsetse
gefunden. Dagegen konnte ich an Schafen, die
durch ihren schlechten Ernährungszustand auf-
sielen, auf dem Weitermarsch die alte Tatsache
bestätigen, daß Mundame tsetseverseucht ist.
Von diesem Ort gingen wir über die Mango-beach,
das Dorf Mpain und Mbule nach Nyassoso,
wo wir am 27. Oktober unsere über Mamelo
hierher geschickten Tiere in bestem Gesundheits-
zustand antrafen.
Nyassoso ist eine der viehreichsten Ortschaften
in Bakosfi. Die hier gezüchteten Rinder zeigen
große Ahnlichkeit mit dem nordafrikanischen Rind
(Boctaurus brachycephus africanus) und find
wohl ursprünglich auch von Norden her einge-
führt. Das Bakossi-Rind hat schwarzbraune,
schwarze, schwarzweiße, weiße, selten braunrote
Farbe. Sein Kopf ist kurzbreit, mit kleinen
Hörnern geschmückt, der Hals kurz und kräftig,
das Widerrist stark, der Rücken häufig senkig.
Die Beine sind verhältnismäßig kurz, fein, kräftig
bemuskelt, meist gut gestellt. Es sind kleine ge-
drungene, ziemlich mastfähige Tiere, deren Milch=
leistung äußerst gering ist. Auch die Rinder der
übrigen Küstengebiete Kameruns dürften derselben
Rasse angehören.
Die Tierhaltung ist in den Bakosfi-Ländern
überall gleich. Am Tage weiden die Tiere im
hohen Elefantengras. Selten sind mehr als zehn
Rinder beieinander, nachts kommen nur wenige in die
Ortschaften und tummeln sich zwischen den Häusern.
Ställe gibt es nur für Kleinvieh. So sind die
Rinder in der Regenzeit schutzlos den Unbilden
der Witterung ausgesetzt. Die mangelnde Pflege
verursacht bedeutende Viehverluste. Erkrankungen
des Darmes bilden die häufigste Veranlassung
zum Verenden von Kälbern und älteren Rindern.
Es handelt sich, wie ich aus den mir mitgeteilten
Beobachtungen schließen darf, dabei um Krank-
heiten, die der Kälber= und Rinderruhr sehr
ähnlich, vielleicht mit ihr identisch find. Eine
solche sporadische Erkrankung sah ich auch in Buea
unter den Vorwerksrindern.
Außer durch Krankheiten sollen Viehverluste
durch Leoparden verursacht werden. Die Klagen
hierüber find aber meistens offensichtliche Lügen.
Sie werden dann vorgebracht, wenn man die
Eingeborenen nach ihrem Viehbesitz fragt, und
sollen ihre Angaben hierüber glaubhaft machen.
Die Höhe ihrer Viehbestände wird von den Ein-
geborenen auch sonst auf alle mögliche Weise
verschleiert. Schon die Art der Viehhaltung ver-
hindert eine auch nur annähernd richtige Schätzung
der Rinderherden. Von Landeskundigen wird be-
hauptet, daß etwa 2000 Stück Großvieh in
Bakossi vorhanden sind. Wenn man bedenkt,
daß vor 1½ Jahren über 100 weibliche Rinder
für das Kaiserliche Gouvernement ohne große
Mühe aufgebracht werden konnten, so darf man
wohl die obige Zahl als ungefähr zutreffend an-
nehmen.
Zum Verkauf ihres Biehs sind die Einge-
borenen schwer zu bewegen. Für 50 kg Lebend-
gewicht fordern sie einen Preis von 50 Mk. Bei
festlichen Gelegenheiten verzehren sie die schönsten
Tiere selbst. Solchen Festen fällt oft sogar der
Dorfbulle zum Opfer, der in vielen Ortschaften
auf Gemeindekosten zur Zucht gekauft wird. Ein
gleiches Schicksal hatte gerade den Zuchtstier in
Nyassoso ereilt, als wir mit den großen Allgäuer
Bullen dort eintrafen. Offensichtlich war daher
die Freude darüber, daß die Ortschaft einen
dieser Bullen erhalten sollte. Auch schon vorher,
im Dorfe Mbule, war der Wunsch nach einem
der Tiere laut geworden. Etwas Verständnis
für Viehzucht besitzen die Eingeborenen; aber ihre
Energie reicht nicht aus, ein Zuchtziel zu ver-
folgen. Der Häuptling Adjeve als Vertreter
der Ortschaft Nyassoso verpflichtete sich, einen
Stall für den ihm überlassenen Bullen zu bauen,
letzteren allabendlich darin unterzubringen, ihn
am Tage mit den Kühen weiden zu lassen und
ihm täglich drei Pfund Mais zu geben. Die
gleiche Verpflichtung legten wir den anderen Ort-
schaften auf, welche nachher einen Bullen er-
hielten. Die Bullen bleiben sämtlich Eigentum
der Regierung. Die Missionsstation, die auch einige
Rinder, darunter zwei Allgäuer Kühe, besitzt und
den größten Vorteil von dem Zuchtbullen haben
dürfte, erbot sich, die Ausführung der genannten
Bestimmungen zu überwachen.
Wenige Stunden von Nyassoso entfernt, ist
bereits seit zwei Jahren auf der Farm Esosong,
dicht bei der viehreichen Ortschaft Ndum, ein
Allgäuer Bulle stationiert. Am 29. Oktober be-
sichtigten wir das Unternehmen. Der der Re-
gierung gehörende Bulle befand sich in vorzüg-
lichem Zustande; ein erfreulicher Beweis dafür,