Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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war fast durchweg mäßig, auch führte ein 
schmaler, stellenweise freilich kaum erkennbarer 
Pfad auf der Kammhöhe entlang. Der Boden 
unter den Erikazeen-Büschen, dem Knieholz der 
afrikanischen Gebirge, war mit einer dichten tiefen 
Lage weißlicher und brauner Torfmoospolster und 
anderer Moose bedeckt, ganz wie man es in 
Deutschland stellenweise auf dem Kamm des 
Riesengebirges sehen kann. Unangenehm waren 
nur einige Strecken, auf denen die Erikazeen zu 
Bäumen herangewachsen waren, und umgestürzte 
Stämme und Wurzeln ein von trügerischer Moos- 
decke überzogenes „Klettergerüst“ bildeten, freilich 
ein Kinderspiel gegen den Wirrwarr zusammen- 
gestürzter Senecio-Bäume, durch das ich am 
Muhawura-Vulkan gekrochen war. 
Schließlich hatte aber der Himmel ein Ein- 
sehen. Nach dem Tage des zweiten Versuches 
bekamen wir herrliches Wetter, und ich wollte am 
Sonntag, den 16., den Ausstieg wenigstens bis 
zu der bisher hier von Europäern erreichten 
Höhe durchführen. Da sich unsere Leute wenig 
bergtüchtig gezeigt hatten, sollten drei wilde Ein- 
geborene, darunter auch der Führer vom vorigen 
Male, die notwendigsten Sachen tragen. Ich 
wollte um 5 Uhr abmarschieren, mußte aber noch 
auf diese drei Getreuen warten und sah inzwischen 
über der Semliki-Ebene den Mond bewundernd 
untergehen. Als ein erstes leises Rot den öst- 
lichen Himmel färbte, brachen wir auf in einen 
klaren kalten Morgen, der einen guten Tag ver- 
sprach. Ohne Aufenthalt ging es empor bis zu 
dem zwei Tage früher erreichten Rinnsal an der 
unteren Senecio-Grenze. Auf dem ganzen Wege 
grüßten lockend und leuchtend weiße Schnee- 
häupter über die tieferen Kämme herab; immer 
majestätischer wuchsen sie empor, während im 
Rücken die stolzen Wawunga-Berge zu Hügeln 
zusammensanken. An dem Bächlein wurde kurze 
Rast gemacht, und es war hier auf einem um- 
geschlagenen, mit einem dichten Pelz trockener 
Blätter bedeckten Senecio-Stamm in der warmen 
Sonne gut weilen, trotzdem ihre Strahlen das 
Eis, zu dem das Wasser über Nacht in den 
Moospolstern erstarrt war, noch nicht überall ge- 
schmolzen hatten. 
JIch sah hier, daß die Hauptarbeit getan und 
ich dem Ziel schon nahe genug gewesen war. 
Es ging in sanfter Steigung empor zu dem 
breiten, fast plateauartig flachen Ulimbi auf 
einem Teppich von Moos und niedrigen silber- 
grauen Alchemillen durch sehr lichte Senecio- 
Bestände, in die sich Schaftlobelien von 3 bis 
5m Höhe und meterhohe, sehr breite und dichte 
Helichrysum-Büsche mit gelblichweißen glänzenden 
Strohblumen-Köpfen mischen; ein angenehmer 
Spaziergang nach der Kletterei durch die Erikazeen. 
  
Dann aber stockt Fuß und Atem: Jäh stürzt der 
Fels hinab in die Tiefe, in der schwarz und 
düster ein langgestreckter Bergsee ruht, darüber 
dehnt sich ungeheuer der Raum, und drüben 
steigt es empor: gewaltige Wände, wild zerrissene 
schwarze Felszacken, zwischen denen bläulich 
schimmernde Gletscherzungen niederziehen, und 
über diesem Chaos in erhabener Ruhe das weiße 
Königshaupt, leuchtend im Firnglanz. 
So zeigte sich das Hochgebirge in seiner 
weißen Herrlichkeit, doch war es nicht vergönnt, 
bis zu ihrem Fuße vorzudringen. Man hätte 
schon an dem Bach am Ulimbi ein Lager auf- 
schlagen müssen, und dann wäre noch ein 
schwieriger und nur bei gutem Wetter ausführ- 
barer Umgehungsmarsch um den Nordrand des 
kolossalen Einbruches notwendig gewesen. Das 
hätte aber unter günstigen Umständen noch vier 
Tage gekostet und wäre eine große Strapaze für 
die Träger geworden. So verzichtete ich denn 
und suchte noch die Namen derer, die vorher 
oben gewesen waren. Die „Chupa“ war bald 
gefunden, leider mußte ich den Hals abschlagen, 
um die Zettel lesen zu können (Schrift nach innen 
und großes Formatl). Da fand ich denn die 
Namen eines belgischen Offiziers und Unter- 
offiziers, von denen ich bereits wußte; außerdem 
aber eines englischen Herrn von der anglo- 
belgischen Grenzkommission, der fast genau vor 
zwei Monaten hier oben gewesen war. Jetzt 
wurde mir auch klar, weshalb die beiden Lager- 
stellen auf dem Kamm noch so frisch ausgesehen 
hatten. Einen Namen aber fand ich nicht mehr, 
den Franz Stuhlmanns, des unermüdlichen 
Sammlers und Forschers, der auf der Emin- 
Pascha-Expedition vor siebzehn Jahren als erster 
hier gestanden hatte, und auf dessen Route auch 
wir aufgestiegen sind. Ich schoß noch ein paar 
der prächtigen Nektarina Johnstonii, die ich schon 
am Sabyino und Muhawura an den großen 
Schaftlobelien gesehen hatte, und stieg dann zum 
Lager ab, wo ich hochbefriedigt und mit guter 
botanischer Ausbeute nach Sonnenuntergang ein- 
traf. Das Resultat meiner Schilderung war, 
daß Kollege Schubotz sich am nächsten Tage 
auf die Beine machte, besonders auch, um das 
großartige Hochgebirgsbild auf der photographischen 
Platte festzuhalten. Auch mußte er eine neue 
Flasche für das „Fremdenbuch“ mitnehmen. 
Wir lagerten nachher noch zwei Tage in dem 
Wald der Vorberge mit den Baumfarnen in den 
Bachschluchten zur Vervollständigung unserer 
Sammlungen und marschierten dann nach Beni. 
Hier trennten wir uns; Dr. Schubotz ging über 
Mboga an den Albert-See, ich zog den Wald 
vor und marschierte nach Irumu."“
	        
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