Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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oder Kaufmann, ein Geschäft zu betreiben, solange 
er nicht Besitzer eines vom Steuerkommissar 
(Commissioner of Taxation) ausgestellten Er- 
laubnisscheins ist. Der Kommissar hat das Recht, 
die nicht ansässigen Agenten oder Kaufleute von 
Zeit zu Zeit nach seinem Ermessen für einen ge- 
wissen Zeitabschnitt oder mit Beziehung auf be- 
stimmte Geschäfte zur Einkommensteuer zu ver- 
anlagen und die Steuer einzuziehen. Gegen eine 
derartige Veranlagung kann innerhalb 30 Tagen 
nach ihrer Ausfertigung Einspruch erhoben werden. 
Wenn der Agent oder Kaufmann sich nur für 
eine kürzere Zeit im Staate aufhalten will, so 
kann der Steuerkommissar von Zeit zu Zeit von 
ihm eine Sicherheit oder Bürgschaft für die etwa 
zu zahlende Einkommensteuer verlangen. 
Zwecks Berechnung der Steuer soll ange- 
nommen werden, daß der Nutzen einer aus- 
wärtigen Person oder Gesellschaft an den für sie 
in Westaustralien verkauften Waren 5 v. H. beträgt. 
Für das nächste Jahr muß dem Gesetze gemäß 
die Höhe der Steuer aufs neue durch Parlaments- 
beschluß festgesetzt werden. 
Deutsche Firmen, die in Westaustralien ver- 
treten sind oder es bereisen lassen, werden gut 
tun, bis auf weiteres mit einer Steuer von 
1⅝/ v. H. auf den Umsatz zu rechnen. 
(Bericht des Kais. Generalkonsulats in Syduney.) 
Jur Krbeiterfrage auf St. Thomé und Hrincipe.“ ) 
Die Arbeiterverhältnisse der beiden portugie- 
sischen Kakaoinseln werden immer wieder zur 
Sprache gebracht; bald werden die Anklagen 
wiederholt, bald von neuem widerlegt, so daß 
über diese Frage bereits eine ganze Literatur 
entstanden ist. Zum Teil sind diese Außerungen 
darauf zurückzuführen, daß die große Streitfrage 
von der Behandlung des Negers im allgemeinen 
berührt wird und daß dann im besonderen die 
Negerfrage auf Thomé und Principe nach den 
Grundsätzen gestaltet werden soll, die jeder ein- 
zelne Negerkenner, mag er auf diesem Gebiet 
groß oder klein sein, für gut und schön und 
richtig hält. 
Aus den uns zugegangenen Berichten geht 
hervor, daß die Anklagen bis zu einem gewissen 
Grade berechtigt sind, wenn sich auch nicht ver- 
kennen läßt, daß dabei Übertreibungen mancherlei 
Art unterlaufen sind. Aus jüngster Zeit sind 
namentlich zwei Außerungen zur Sache be- 
merkenswert. 
Die erste der beiden Mitteilungen geht von den 
drei großen englischen Kakaofabrikanten Cadbury, 
Aus dem. zGordian-Zeitschriftf für die Kakao= usw. 
Industrie, Nr. 1908. 
  
Fry und Rowntree aus; veranlaßt wurde sie zur 
Klarstellung einiger Punkte auf Behauptungen 
von gegnerischer Seite. Die Erklärung der drei 
Firmen lautet: 
„1. Sofort, als uns Gerüchte über die Arbeits- 
verhältnuisse in den portugiesischen Kolonien in West- 
afrika (mehr als ein Jahr vor Mr. Nevinsons Besuch) 
Ohren kamen, leiteten wir eine genaue Untersuchung 
er gangen Angelegenheit ein. Wir fuhren dreimal in 
dieser Sache nach Lissabon und sandten die Herren 
Joseph Burtt und Dr. W. Clande Horton zur genauen 
Prüfung der Verhältnisse nach Afrika. 
2. Das vor uns liegende Material beweist, obwohl 
die Behandlung der Arbeiter auf den Inseln in vielen 
Fällen liberal und menschenfreundlich war, daß Vor- 
sorge für ihre Rückkehr nach chem Festlande nur auf 
dem Papier getroffen war, ihre Lage, selbst in 
den besten Verhältnissen, eine #. Sklaverei war, und 
daß man, um Mbeiter in Angola zu bekommen, zu 
grausamen Mitteln g 
3. Als wir dies eiluhren, war es natürlich unser 
wie aller von dieser Sache unterrichteten Engländer 
Wunsch, alles zu tun, was in unseren Kräften stand, 
um der Sklaverei Einhalt zu tun. Zwei Wege schienen 
uns hierzu offen zu stehen: 
a) Sofort damit aufzuhören, irgendwelchen auf 
Thomé und Principe gewachsenen Kakao zu kaufen. 
Die ganze Kakaoernte eer portugiesischen Kolonien be- 
trägt weniger als 15 eltbedarfes an Kakao, 
und was hiervon ahelich nach Engiand geht, ist weniger 
als 5 v. H. des Gulchmoh Das übrige, was Eng- 
land an Kakao braucht, ist in den tropischen Ländern 
der ganzen Bert gewachsen, hauptsächlich in Südamerika 
und Bestin idie 
Den Einlu. den wir als Käufer ihres RKakaos 
besigh, in freundschaftlichen Verhandlungen mit den 
portugiesischen Pflangern einzusetzen und durch Ver- 
mittlung des englischen Auswärtigen Amtes bei der 
poringiesischen Regierung eine Beseitigung dieser un- 
zureichenden Verhältnisse herbeizuführen. 
Nach reiflicher Uberlegung und Beratung mit 
Missionaren und anderen, die die Verhältnisse in por- 
tugiesischen Kolonien kennen, kamen wir zu dem Ent- 
schluß, daß der zweite Weg der einzige sei, den man 
zuerst versuchen müsse. s Aus swärtige Amt war 
vollkommen derselben Kniiche. und wir haben gemeinsam 
mit diesem in den letzten zwölf Monaten alles getan, 
was nur möglich war, um diesen zweiten Weg an- 
zubahnen. Inzwischen kaufen wir in gewöhnlicher 
Weise den Thomé-Kakao weiter. Jedoch hat Herr 
William A. Cadbury selbst im Dezember 1907 in 
Lissabon den vortugiesischen Pflanzern erklärt, daß wir 
ihren Kakao nicht mehr kaufen würden, falls die Arbeit 
auf den Inseln nicht nur auf dem apier, sondern 
auch in Wirklichkeit frei gemacht w 
Weitgehende Sicherheiten winden damals Herrn 
William A. Cadbury von den vortugiesischen Pflanzern, 
später auch dem britischen Minister in Lissabon von 
der portugiesischen Regierung gegeben. Diese will in 
ausgedehntem Maße mit den Mißständen aufräumen, 
dieö in England solch gerechte Entrüstung hervorgerufen 
haben. 
Aus Entgegenkommen müssen wir zur Ausführung 
der Zusagen eine gewisse Frist gewähren. Die folgenden 
Daten zeigen den Lauf der nenuesten Ereignisse in 
Portugal. Dezember 1907: Zusagen für die Reform 
von der Regierung Francos. Februar 1908: Ermor- 
dung des Königs und Kronprinzen von Portugal. Rück- 
kritt der Francoschen Regierung. April 1908: Wahl
	        
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