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noch die Bekämpfung der weitverbreiteten Ge-
schlechtskrankheiten.
Für das Medizinalwesen in Südwestafrika
ist für das Jahr 1909 eine Summe von etwa
1 200 000 “ vorgesehen.
In sämtlichen Schutzgebieten, außer Kiau-
tschou, find 134 Arzte tätig, und zwar 79 Schutz-
truppenärzte, 27 Regierungsärzte, 25 Privatärzte,
wovon etwa die Hälfte mit Unterstützung der
Regierung, und drei Missionsärzte. Es ist dies
eine kleine Zahl im Verhältnis zu der großen
Ländermasse und zu der großen Einwohnerzahl,
und es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß
eine Vermehrung dieser Zahl anzustreben ist. Aber
schon die jetzige Zahl ist nicht klein, wenn wir
zurückblicken. Vor acht Jahren, im Jahre 1901,
waren es nur 52, und zwar 40 Schutztruppen-
ärzte, neun Regierungsärzte und drei durch die
Regierung unterstützte Privatärzte.
Von ärztlichem Hilfspersonal sind in erster
Linie die in allen Schutzgebieten, mit Ausnahme
der kleinen Südseeinseln, tätigen Schwestern des
deutschen Frauenvereins vom Roten Kreuz für
die Kolonien zu nennen. Außerdem sind zahl-
reiche Lazarettgehilfen in den Schutzgebieten
angestellt und bei den Schutztruppen Sanitäts-
unteroffiziere.
Die Aufwendungen für das Medizinalwesen
aller Schutzgebiete betragen für das Jahr 1909
mehr als drei Millionen —. Diese Summe zeigt,
daß die Vermehrung der amtlichen Arzte keine
unbegrenzte sein darf, wenn das Ziel aller kolonial=
wirtschaftlichen Bestrebungen, die Selbstunter-
haltung der Schutzgebiete, in erreichbarer Nähe
bleiben soll. Zwei Wege find beschritten worden,
um dem Mangel an Arzten in den Schutzgebieten
abzuhelfen, ohne die ausschließlichen Kosten dafür
den Schutzgebietsetats aufzubürden. Der eine
Weg ist die Unterstützung von Privatärzten in
dem Maße, daß ihnen die Niederlassung an
solchen Orten ermöglicht wird, welche nach Zahl
und Vermögen ihrer Einwohner eine Gewähr
für eine auskömmliche Praxis noch nicht bieten.
Dieser Versuch wird in größerem Maßstabe jetzt
in Südwestafrika gemacht, wo eine zahlreiche
weiße Bevölkerung einen günstigen Boden dafür
abgibt. Überhaupt ist zu hoffen, daß das Medi-
zinalwesen in dieser Kolonie mit der fortschreitenden
Besiedlung sich in einer unseren heimischen Ver-
hältnissen ähnlichen Weise entwickelt. In den
tropischen Kolonien dagegen haben Versuche mit
Unterstützung von Privatärzten bisher kein er-
mutigendes Ergebnis gehabt. Die Zahl der für
die Ergiebigkeit einer freien Praxis allein in Be-
tracht kommenden Europäer ist an einem Tropen-
orte gering, dagegen sind die Unkosten infolge
der nach wenigen Jahren notwendigen Erholunce-
reise in die Heimat, wobei die Frage eines Sul##
vertreters noch hinzukommt, sehr groß. Caci
besonders zeigt sich diese Schwierigkeit bei ver-
heirateten Arzten, welche vor die Frage geit-
sind, entweder die Familie zu Hause zu laßte-
und einen doppelten Haushalt zu führen, oder-
durch Mitnahme derselben die Reiseunkosten ei
sprechend zu erhöhen und das nicht geringe R#t-
der Erkrankung von Familienmitgliedern noch ##r-
zu übernehmen. Hier kann möglicherweise d#
zweite Weg zu einer Vermehrung des ärztlick:
Personals in den Schutzgebieten ohne allzugrei-
Belastung der amtlichen Fonds führen, die Oer
anziehung von Missionsärzten. Andere Kulnn-
staaten haben diesen Weg längst mit Er#olg be-
schritten, und die missionsärztliche Tätigkeit, z2
welcher in letzter Zeit in Deutschland dura#
Bildung von zahlreichen Vereinen der Bode'#r
vorbereitet worden ist, dürfte auch unseren Schus-
gebieten großen Nutzen bringen. Es ist zu er-
warten, daß die Missionsärzte Hand in Hand mu
den beamteten Arzten an der Verbesserung der
Eingeborenenhygiene arbeiten werden, daß sie
innerhalb der Missionen eine wesentliche Stärkung
des kulturellen Elementes bilden und zu der
Regierung ein vermittelndes Bindeglied darstellen.
Die tropenmedizinische Ausbildung erhalten
sämtliche beamtete Arzte der Schutzgebiete, sowohl
die Schutztruppenärzte als die Regierungsärzte.
an dem Institut für Schiffs= und Tropenkrank-
heiten in Hamburg. Alle sind diesem vorzüg-
lichen Institut zu größtem Danke verpflichtet und
viele kehren später dorthin wieder zurück, sei es
um gesammeltes Material zu bearbeiten, sei es
um ihre Kenntnisse zu ergänzen und wieder auf-
zufrischen. Viele Kolonialärzte bilden sich ge-
legentlich eines Heimatsurlaubs im allgemeinen
oder in einer Spezialität, z. B. Chirurgie oder
Zahnheilkunde, weiter aus, es wird dies durch
Verlängerung des Heimatsurlaubs und über-
nahme der Kursuskosten auf amtliche Fonds nach
Möglichkeit begünstigt. Auch die hyugienicchen
Kurse am Institut für Infektionskrankheiten werden
oft besucht, oder es wird eine spezielle Ausbildung
an der Tropen= oder einer anderen Abteilung
dieses Instituts ermöglicht. Mit der wertren
Entwicklung der Schutzgebiete wird sich wohl in
absehbarer Zeit das Bedürfnis herausstellen, einen
Teil der Kolonialärzte durch längere Ausbildung
mit einzelnen Zweigen der Medizin gründlecher
bekannt zu machen, als es in einem, wenn auch
verlängerten Heimatsurlaub geschehen kann.