Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

W 1082 20 
§ 14. Im außerordentlichen Verfahren werden die Offiziere als Richter zur Haur:. 
verhandlung für den einzelnen Fall berufen (§ 44 der Militärstrafgerichtsordnung); bei den Krieg= 
gerichten ist die Berufung an keine bestimmte Reihenfolge gebunden. 
Die Beeidigung der Richter geschieht, wenn ein Kriegsgerichtsrat oder ein anderer zum 
Richteramte befähigter Beamter (§ 13 Abs. 2) die Verhandlung führt, durch diesen, sonst durch der 
Vorsitzenden, der sich gleichzeitig selbst beeidigt. Letzterer spricht dabei die Worte: 
„Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, die Pflichten eines Nichter: 
getreulich zu erfüllen und meine Stimme nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben. So wahr 
mir Gott helfe." 
§ 15. Im außerordentlichen Verfahren kann der Gerichtsherr der höheren Gerichtsbarken 
wegen der Vergehen gegen die §§ 64, 65, 89 Abs. 2, 91 Abs. 1, 94, 102, 121 Abs. 1, 137, 151 
des Militärstrafgesetzbuchs die Verfolgung dem Gerichtsherrn der niederen Gerichtsbarkeit überweisen, 
wenn er nach den Umständen des Falles annimmt, daß neben Einziehung oder Versetzung in die 
zweite Klasse des Soldatenstandes auf keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe von drei Monaten zu 
erkennen sein werde. 
§ 16. Die Frist für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist gewahrt, wenn do- 
Gesuch innerhalb der in § 148 Militärstrafgerichtsordnung bestimmten Frist zur Post gegeben oder 
bei der nächsten Polizei= oder Militärbehörde eingegangen ist. 
Über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beschließt die Stelle, welche die Em- 
scheidung getroffen hat. 
§ 17. Die Gerichte des Heeres, der Marine und der Schutztruppen haben einander Rechts- 
hilfe zu leisten. Dem gegenseitigen Ersuchen um Führung des Ermittlungsverfahrens, Zuweiung 
einzelner Richter und Aburteilung einzelner Sachen ist tunlichst Folge zu geben. 
§*§ 18. Erfolgt im außerordentlichen Verfahren die Aufhebung eines Urteils, so können — 
soweit dies nicht zu vermeiden — zu dem neu erkennenden Gerichte die Richter des erst erkennenden 
Gerichts wieder zugezogen werden. Das neu erkennende Gericht hat die rechtliche und militär- 
dienstliche Beurteilung, welche der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung 
zugrunde zu legen. 
§ 19. Die Vollstreckung einer im außerordentlichen Verfahren erkannten Freiheitsstrafe bie 
zu einem Jahre einschließlich erfolgt, soweit dies angängig, an Ort und Stelle. Der Gerichtsdert, 
welchem die Anordnung der Strafvollstreckung obliegt, ist dann befugt, eine gegen Offiziere, Sanikürs- 
offiziere oder Ingenieure des Soldatenstandes erkannte Gefängnisstrafe oder Festungshaft in Stuben- 
arrest von gleicher Dauer umzuwandeln, soweit es sich um Festungshaft oder Gefängnisstrafe von 
weniger als sechs Wochen handelt. 
Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von längerer Dauer als einem Jahre erfolgt in der 
Heimat und ist von dem in § 4.a genannten Gerichtsherrn in Gemäßheit der Militärstrafvoll= 
streckungsvorschrift für das Heer zu veranlassen. 
Dieser Gerichtsherr kann die Strafvollstreckung einem der ihm unterstellten Gerichtsberin 
übertragen. 
Wird ein Antrag, die Strafvollstreckung aufzuschieben (85 455, 456 der Militärstrafgerichis- 
ordnung), abgelehnt, so entscheidet über Einwendungen das Gericht, das der für die Strafvollstreckung 
zuständige Gerichtsherr beruft. 
Hat infolge Rückkehr des Beschuldigten (Angeklagten) nach Europa die Uberleitung in das 
ordentliche Verfahren gemäß dem § 433 der Militärstrafgerichtsordnung stattgefunden, so ist der 
nunmehr für das weitere Verfahren zuständige Gerichtsherr auch für die Strafvollstreckung zuständig. 
Die Vorschriften des Abs. 3, 4 finden Anwendung. 
Geht die Vollstreckung einer militärgerichtlich erkannten Strafe gemäß § 15 Abs. J des 
Militärstrafgesetzbuchs und § 15 des Einführungsgesetzes zur Militärstrafgerichtsordnung auf eine 
Bayerische oder Württembergische bürgerliche Behörde über, so wird Strafvollstreckungsbehörde der 
im § 4 a genannte Gerichtsherr, sobald der Verurteilte in die Strafanstalt des Heimatstaats verbrach 
ist. Die Vorschriften des Abs. 3, 4 finden Anwendung. 
§ 20. Den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens haben der Angeklagte sowie die 
im § 437 Abs. 2 der Militärstrafgerichtsordnung bezeichneten Personen, falls sie sich im Schubgebiel 
aufhalten, bei dem im § 4b, andernfalls bei dem im § 4 a bezeichneten Gerichtsherrn anzubringer. 
Der Gerichtsherr, bei dem der Antrag anzubringen ist, kann die Wiederaufnahme auch selbst beanmagel.
	        
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